Börsenstimmung: Politik macht kurzfristige Tendenz unberechenbar

09.02.15

„Dax-Vorschau: Anleger fürchten griechische Tragödie.“ Und dann heißt es in einem Agenturbericht weiter: „Anlegern könnte es in der kommenden Woche schwer fallen, beim Thema Griechenland die Nerven zu behalten – wird es noch rechtzeitig eine Einigung mit der Euro-Gruppe geben? Der Poker um ein neues Hilfsprogramm für Griechenland dürfte in der neuen Woche über Wohl und Wehe des deutschen Aktienmarkts entscheiden. Anleger könnten laut Börsianern die Unsicherheit über die finanzielle Zukunft Griechenlands zum Anlass nehmen, Gewinne mitzunehmen.“ Ich zitiere deshalb so ausführlich, weil ich diese Interpretation der kursrelevanten Rahmenbedingungen in Frage stelle. Bei steigenden Kursen haben unsere Analysten, Portfoliomanager und Händler getönt, Griechenland sei für Börsen nur noch ein Nebenthema, ein „Grexit“ kein Drama mehr für Europa. Und Tage später wird von allen der gleiche Komplex mit größten Bedenken als zentraler Faktor für die Kurse beschrieben – wie kann das sein?

Ja, Europa bleibt im Fokus – Politik dominiert Wirtschaftsdaten. Da es aber immer ums Gewichten der Einflüsse geht, warne ich davor, die diffusen Beobachtungen der vergangenen Wochen einfach fortzuschreiben. Für Europa sollte ein „Grexit“ einigermaßen zu verkraften sein, auch wenn dann die zwangsläufige Diskussion über das drohende Ende der Währungsgemeinschaft die Märkte vorübergehend belasten dürfte. Immerhin gibt es eine Minderheit von Fachleuten, die ebenfalls davor warnen, dass die Investoren etwas zu viel Gelassenheit an den Tag legen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre die Euro-Welt nämlich nach dem Austritt eines Landes eine andere, was zu Verwerfungen auch an den Kapitalmärkten führen würde.

Doch bin ich der Überzeugung, dass der Ost-West-Konflikt in Verbindung mit den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine eine noch viel größere Bedeutung für uns erlangen kann, im Hintergrund schon erlangt hat, auch für die Aktienmärkte. Ich bin gewiss kein ängstlicher Typ, das wissen sie, geschätzte Anleger. Die verbale Eskalation der geopolitischen Krise in den vergangenen Tagen hat meine Sorgen zur Angst gesteigert – neben den Bildern aus der Ukraine geben die Statements aus Washington und auf der Münchner Sicherheitskonferenz dazu Anlass. Dieser Konflikt hat in den vergangenen Wochen an den europäischen Finanzmärkten keine erkennbar große Rolle mehr gespielt. Das kann sich rasch und dramatisch ändern – stündlich. Eine nachhaltige Entspannung etwa durch die angekündigte Friedenskonferenz wäre eine wichtige Stütze für Dax & Co. Eine sich weiter verschärfende Krise dürfte dagegen die Kurse an den Finanzmärkten negativ beeinflussen (vorsichtig formuliert).

Aber auch in Zeiten politischer Krisen werden natürlich Konjunkturdaten veröffentlicht. Bei uns sollte sich der Fokus dabei auf die Industrieproduktion (Donnerstag) im Dezember und das BIP (Freitag) im vierten Quartal richten. Beide

Indikatoren dürften vorerst noch eine sich moderat erholende Konjunktur in der Eurozone zeigen. Die positiven Effekte des schwächeren Euro und des gefallenen Ölpreises werden voraussichtlich erst ab Sommer in den Konjunkturdaten deutlicher sichtbar und dann hoffentlich ein signifikant beschleunigtes Wachstum ermöglichen. International werden die Börsianer in den kommenden Tagen diverse Auftrags- und Preisindikatoren beachten (Japan, China).

„boerse.de-Aktienbrief“: Technische Korrektur wünschenswert

Der heutige Börsenauftakt mit einem Dax-Rutsch weit unter 10.700 ist ein Beleg für meine politischen Sorgen. Alles in allem rate ich betont vorsichtigen Anlegern, sich erst einmal zurückzuhalten und die nächsten Tage abzuwarten. In meinen Augen ist unser Aktienmarkt kurzfristig völlig unberechenbar geworden. Mein geschätzter Kollege Jochen Appeltauer, Chefredakteur des „boerse.de-Aktienbrief“, hält eine technische Abkühlung für wünschenswert. In der neuen Ausgabe schreibt er: „Der Dax eilt von einem historischen Kursrekord zum nächsten und deutet damit an, welche großartigen Perspektiven in den kommenden Monaten winken. Kurzfristig wäre dennoch eine Korrektur willkommen, wie sie derzeit an der Wall Street zu beobachten ist. wurden in den vergangenen Wochen praktisch keine neuen Haltemarken gesetzt, so dass jetzt die Dezember-Tops um 10.100 die erste erkennbare größere Unterstützungsregion bilden. Sollte dieser Bereich angesteuert werden, dürfte der Markt dann erfahrungsgemäß auch die runde 10.000er-Marke noch einmal auf den Prüfstand stellen. Charttechnisch würde dadurch sogar – vorausgesetzt die Notierungen drehen dort dann wieder nach oben – ein mustergültiges Pullback generiert, also ein bullishes Signal.“

Die Einzelheiten dazu und weitere detaillierte Analysen insbesondere zu attraktiven Champions-Aktien lesen Sie in der neuen Aktienbrief-Ausgabe, die Sie im Rahmen eines kostenlosen Probe-Abos bestellen können.

Machen Sie langfristig weiter mit – und machen Sie’s gut!