Börsenstimmung: Der (vorübergehende?) Rückfall in den Krisen-Modus

07.04.16

Die heftigen Kursschwankungen – nicht nur der Aktien – mögen für die Trader eine besondere Attraktion sein, für den typischen Privatanleger sind sie es gewiss nicht. Deshalb ist der erneute Jo-Jo-Modus (eine neutrale Alternative zur Überschrift), in den Dax & Co. zurück gefallen sind, in meinen Augen ärgerlich und abschreckend. Schade. Denn es geht gerade hierzulande auch darum, mehr Menschen von den Vorteilen der Aktienanlage gegenüber dem weit übertriebenen Kontensparen zu überzeugen. Der TM Börsenverlag ist hier vorbildhaft engagiert. Meine Zweifel nehmen mittlerweile zu, dass sich der letztjährige Trend zu mehr neuen Aktionären 2016 fortsetzen wird.

Die Börse und ihre Umfeld sind wieder völlig völlig nebulös geworden, die Kurse brüchig. Das beschreiben auch die Frankfurter Stimmungsanalysten in ihrem gestern Abend vorgelegten Wochenbericht. Denn sie gehen davon aus, dass sich viele Investoren den Auftakt des zweiten Quartals wohl anders vorgestellt haben dürften. Statt eines ruhigen Börsenverlaufs, den viele Akteure bei der Stimmungserhebung in der Vorwoche noch antizipiert hatten, scheint sich mit einem Mal wieder so etwas wie Krisenstimmung bei den Börsianern breit gemacht zu haben. Dies gilt insbesondere für die mittelfristig orientierten institutionellen Akteure, die sich zu großen Teilen auf die Bärenseite geschlagen haben – ein rekordverdächtiger Teil davon war zuvor noch neutral gestimmt. Dadurch ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index von +11 auf einen Stand von -7 Punkte gerutscht und zum ersten Mal in diesem Jahr negativ. Zuletzt war dies am 19. August 2015 der Fall gewesen, bevor die wichtigsten Aktienmärkte seinerzeit weltweit abstürzten.
Auch bei den Privatanlegern wird eine Verschlechterung der Stimmung festgestellt. Aber hier befindet sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index mit einem Wert von nunmehr +13 nach +25 Punkten in der Vorwoche zumindest nominell noch in positivem Terrain. Bei dieser Gruppe fällt ebenfalls auf, dass der Zuwachs bei den Pessimisten zu einem großen Teil (netto zwei Drittel) ehemals neutral gestimmten Akteuren beruht.

Der Verhaltensökonom Joachim Goldberg resümiert, dass die jüngste Abwärtsbewegung des Börsenbarometers teilweise den Transaktionen heimischer Akteure selbst zuzuschreiben ist. Er fährt fort: „Allerdings mutmaßten wir schon in der Vorwoche, dass es außerhalb unseres Panels möglicherweise längerfristige (ausländische) Verkäufer von Aktien gegeben haben mag, die einen weiteren Vormarsch des Dax zuvor verhindert hatten. Die relativ konsequente Strategie der Institutionellen, sich selbst noch in den fallenden Markt hinein und teilweise mit Verlusten abermals gegen Kursrückgänge abzusichern, ist dennoch bemerkenswert. Zumindest deutet eine solch disziplinierte Verhaltensweise darauf hin, dass besagte Akteure nicht wie vielerorts behauptet allein vor fallenden Ölpreisen oder einer US-Zinserhöhung Angst haben. Offensichtlich hat die Marktteilnehmer etwas anderes aufgeschreckt, das zu einem derartigen Pessimismus geführt hat. Und deshalb möchten wir für den Dax derzeit keine Entwarnung geben.“

Ich teile diese Einschätzung ausdrücklich, denn die Aufzeichnungen zur März-Sitzung des Offenmarktausschusses der Fed, die am gestern Abend in Washington veröffentlicht wurden, unterstreichen die unsicheren Aussichten für die US-Geldpolitik. Die Mitglieder des für Zinsentscheidungen zuständigen FOMC-Ausschusses der US-Notenbank sind demnach vor allem uneins, wie die weltwirtschaftlichen Risiken und die unsicheren Inflationsaussichten zu beurteilen sind.

Hinzu kommt, dass ich Ihnen, geschätzte Anleger, unbedingt raten möchte, gegenwärtig keiner Ölpreiserholung zu trauen – erst recht nicht, wenn sie von Börsianern und Medien als Begründung für eine Aufwärtsbewegung der Aktienkurse genannt wird. Außerdem empfehle ich den politisch-sozialen Zeitgeist im Auge zu behalten: Mir bereitet Unbehagen zu beobachten, was sich in diesen Monaten zusammenbraut – von der Schwäche unserer Großen Koalition, dem internationalen Flüchtlingsproblem, über Donald Trump, die „Brexit“-Diskussion, die „Panama Papers“ bis hin zum gestrigen „Nee“-Votum der Niederländer. Mein grundsätzlicher Optimismus – insbesondere für die langfristige Aktienanlage – ist geblieben, mein Bauchgefühl für die Weltlage insgesamt hat sich aber verschlechtert.

Champions weiterhin besser als die breite Masse

Zum Schluss etwas Erfreuliches. Chefredakteurskollege Jochen Appeltauer vom „boerse.de-Aktienbrief“ hat positive Zahlen zu den Champions-Aktien vorgelegt. Denn auch im turbulenten Jahresauftakt 2016 fällt die Bilanz für die Champions recht ordentlich aus. Während der Dax im ersten Quartal – trotz Berücksichtigung der Dividenden (!) – 7,2% verlor, errechnet sich für die 100 Aktienbrief-Champions im Schnitt nur ein marginales Minus von 0,1%. Dabei verzeichneten 52 Champions Kursgewinne, während 48 leichter tendierten. Zehn der Qualitätswerte konnten in den ersten drei Monaten sogar jeweils zweistellig zulegen. Als absoluter Top-Performer erwies sich Fossil mit einem satten Kursplus von 21,5%. Und Aktionäre von Graco sowie Stryker durften sich im Auftaktquartal über Gewinne von 16,5% bzw. 15,4% freuen.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!