25.11.16
Die Risiken streuen!
Nein, diese Aufforderung vieler Experten lasse ich so nicht gelten,
geht es doch stets um Chancen und Risiken. Und die Sprachregelung ist
keine Nebensache. Denn gerade hierzulande zeigt sich, dass die
ständige Betonung des Risikos langfristige Spuren bei den Anlegern
hinterlässt – bestes Negativbeispiel ist die bedauerliche
Vernachlässigung der Aktie. Die natürlichen Kursschwankungen wirken
auf viele Sparer abschreckend, werden gleichgesetzt mit Risiko. Aber
nicht nur deshalb greifen die Appelle zur Streuung zu kurz. Denn eine
Diversifikation des Portfolios nur nach Anlageklassen und/oder
Regionen reicht nicht aus.
Seit einigen Jahren
wächst die Verärgerung bei einem Großteil der privaten Anleger –
nicht nur wegen unbefriedigender Ergebnisse und schlechter Beratung
durch die Banken. Was seltener diskutiert wird, ist die Tatsache,
dass Kapitalanlagen auf den Finanzmärkten immer komplizierter und
auch quantitativ unübersichtlich geworden sind. Das gilt nicht nur
für moderne Derivate und Zertifikate, wobei die Anbieter immer neue
Modellvarianten austüfteln. Auch bei den „altmodischen“
Investmentfonds ist die Entwicklung nicht stehengeblieben. Fast
täglich bekomme ich die Meldungen von neuen Fonds, die oft so
konstruiert sind, das man zum Verständnis die Infos mehrmals lesen
muss.
Das ändert aber
nichts daran, dass bei den Aktienfonds, der größten Teilgruppe von
Publikumsfonds, die meisten nichts taugen – es gibt einerseits zu
viele und andererseits nur relativ wenige mit einer kontinuierlich
überdurchschnittlichen Performance. Das Ergebnis spiegelt sich in
den Verkaufszahlen im bisherigen Jahresverlauf wider.
Laut
Investmentverband BVI führen Mischfonds die Absatzliste im Bereich
der Publikumsfonds an. Seit Jahresbeginn flossen ihnen netto 7,1
Milliarden Euro zu. Dazu steuerten rentenbetonte Mischfonds mit 3,8
Milliarden Euro über die Hälfte
der neuen Gelder
bei. Im Vorjahr standen hingegen Mischfonds im Mittelpunkt, die
mindestens ein Drittel in Aktien investieren. Aktienfonds hingegen
verzeichneten im laufenden Jahr netto 1,3 Milliarden Euro Abflüsse.
Allein aus Aktien-ETFs flossen 4,3 Milliarden Euro. Rentenfonds
sammelten 1,7 Milliarden Euro ein. Die Anleger kauften insbesondere
Fonds mit Unternehmensanleihen und mit Anleihen aus Schwellenländern.
Ein neues
bemerkenswertes Phänomen ist die Gegenbewegung zur Einfachheit. Der
sensationelle, auch alte Hasen total überraschende Erfolg der ersten
BCDI-Produkte, die der TM Börsenverlag initiiert hat, zeigt wirklich
eindrucksvoll, was viele Privatanleger suchen. Außerdem wird
deutlich, wieviel Kapital zur Anlage bereit steht.
Ein
Schlüsselerlebnis hatte ich auf der World of Trading in Frankfurt am
Main. Auf den ersten Blick sah sie aus wie in jedem Jahr. Bei den
Gesprächen mit Ausstellern und Besuchern ergab sich jedoch ein noch
junger Trend. Die WoT gilt zwar als wichtigste Messe rund ums Trading
im deutschsprachigen Raum, sie ist aber gleichzeitig eine zweitägige
Anlegermesse. Am Ende des Tages war mir klar, dass es kaum noch Sinn
macht, Anlegen und Trading so scharf zu trennen wie früher – beide
wachsen zusammen. Schon in den Vorjahren konnte man auf dem
Frankfurter Messegelände die Erfahrung machen, dass sich das
WoT-Publikum anders zusammensetzt als die typischen Besucher anderer
Anlegermessen und Börsentage. Trader sind überwiegend jünger mit
starker männlicher Dominanz. Inzwischen wächst aber der Anteil
klassischer Anleger, denen die klassische Wertpapieranlage zu
langweilig ist oder zu ertragsschwach erscheint. Es sind fast
durchweg Selbstentscheider, und sie nutzen moderne Technik, handeln
über Direktbanken und Broker, sind natürlich jetzt auch am Service
von Fintech-Firmen interessiert. Fortgeschrittene Privatanleger
begreifen also zunehmend, wie sinnvoll es sein kann, auf mehreren
Instrumenten zu spielen – vom Sparplan bis zum Day-Trading.
Dazu ein typisches
Beispiel: Ich wurde Ohrenzeuge einer Diskussion, die über das
übliche „Was geht noch?“ hinausging. Ein junger Mann (geschätzt
Mitte 30) outet sich als Anfänger in Sachen Kapitalanlage, der zu
einem größerem Betrag gekommen ist (Erbschaft) und auf der Messe
lernen will. Als sein Gegenüber einschränkt, dass er beim Trading
wohl auf der falschen Party sei („Besser wäre für Sie als
Einsteiger einer der Börsentage oder eine Anlegermesse“), gibt er
zu verstehen, er wolle sein Geld ja diversifizieren: „Ich habe
schon einen langfristigen Fondssparplan für die Altersvorsorge und
auch ein paar Aktien direkt gekauft. Aber an der Börse ist ja in
diesem Jahr nichts los. Deshalb überlege ich mir, mit einem Teil des
Anlagekapitals auch zu traden.“
Der Mann hat Recht
(obwohl seine Behauptung, es sei nichts los, zwar verständlich ist,
aber nicht stimmt). Ich traf später noch eine ganze Reihe von
Besuchern, die in dieses Schema passten, in der Regel aber längst
alte Börsenhasen sind, die das Trading als so etwas wie ein zweites
Standbein betrachten. Was mich hier wie bei diversen Börsentagen
echt in Erstaunen versetzte: Es gibt ganz alte Hasen, längst in
Rente oder Pension, die sich voll für neueste Software und
innovative Handelsmöglichkeiten interessieren.
Diversifizierung
sollte also nicht nur für die Anlageklassen, sondern auch für die
Anlageinstrumente gelten. Beispiel: Investmentfonds als Basisanlage,
Direktkauf von Aktien für die Performance, Derivate zum Hebeln und
Trading für Mutige, die ständig aktiv sein wollen. Ganz ehrlich,
geschätzte Leser: Die größte Überraschung für mich war, dass ich
von ganzen Reihe von Besuchern der WoT auf „Rosenheim“ und „BCDI“
angesprochen wurde – allesamt mit viel Lob. Einige dieser
Privatanleger haben sowohl das Zertifikat als auch den neuen
BCDI-Aktienfonds gekauft, manche sind auch vom BCDI-Zertifikat auf
den Fonds umgestiegen. Mit einem Lächeln habe ich auf der
Trading-Messe schließlich quittiert, dass ausstellende Profis zwar
schon von BCDI gehört hatten, mehr aber noch nicht – und etwa so
reagierten: „Ich muss mir den Fonds mal angucken.“
Machen Sie also
weiter mit – und machen Sie’s gut!