Aktien favorisiert: Sind Sie ein typischer Privatanleger?

14.12.16

Wie ordnen Sie sich ein, geschätzte Anleger? International beachtete Stimmungsanalysen vom Aktienmarkt in den vergangenen Tagen haben Rekordergebnisse gebracht – es herrscht Euphorie, hierzulande und speziell im Bereich der Bankaktien. Das ist gefährlich, weil erfahrungsgemäß dann plötzlich stärkere Korrekturphasen folgen können. Andererseits kommt eine frische Umfrage zu dem eher verhaltenen Ergebnis, dass mehr als ein Drittel der Privatanleger in Deutschland davon ausgeht, es werde in der ersten Jahreshälfte 2017 erheblich schwieriger, die eigenen Renditeerwartungen zu erfüllen.


Den typischen Privatanleger gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die individuellen Interessen, die Ausgangslagen und Zielsetzungen. Aber zu Ihrer Orientierung möchte ich Ihnen eine interessante Analyse der ING-Diba nahebringen – die hat sich nämlich die anonymisierten Wertpapierdepots von mehr als 920.000 Kunden angeschaut und ausgewertet. Erstes Ergebnis: Aktien rücken im zu Ende gehenden Jahr wieder stärker in den Fokus der Privatanleger. Gefragt sind dabei vor allem Dax-Titel. Tendenziell ist die Aktienquote umso höher, je älter der Anleger ist.

Die Untersuchung im Detail: Der durchschnittliche Privatanleger hatte im Untersuchungszeitraum vom 1. Januar bis Ende Oktober 2016 ein Depotvolumen von knapp über 30.000 Euro und handelte im Durchschnitt 8,6 mal im Jahr. In den vergangenen drei Jahren legte der Aktienanteil am untersuchten Depotvolumen im Schnitt um etwa eineinhalb Prozent pro Jahr zu. Am Stichtag 31. Oktober 2016 belief sich das Aktienvolumen aller untersuchten Privatkundendepots auf rund 16,8 Mrd. Euro. Zum 31. Oktober 2015 waren es noch 15,1 Mrd. Euro, ein weiteres Jahr zuvor
lag es bei 11,9 Mrd. Euro. Ich finde, das ist eine bemerkenswerte Entwicklung und endlich einmal ein positiver Trend zugunsten der Aktie.

Der Aktienanteil an den Depots ist umso höher, je älter die Kunden sind. Zum 31. Oktober 2016 lag der Aktienanteil bei Kunden, die 76 Jahre und älter sind, bei 65 Prozent (Vorjahreszeitraum 63,7 Prozent). Kunden bis 35 Jahre hielten 58,9 Prozent (Vorjahreszeitraum 57,5 Prozent) ihres Depots in Einzelaktien. Je älter und erfahrener die Hasen sind, umso besser kennen sie sich in der Finanzwelt aus und wissen um die Vorzüge der Aktienanlage.

Brexit-Angst? Keine Spur. Die Nettomittelzuflüsse in Aktien, Anleihen, ETFs und Fonds stiegen im Untersuchungszeitraum konstant an. Bezogen auf die Monate Januar bis Oktober 2016 haben sich die Nettomittelzuflüsse auf rund 2,7 Mrd. Euro summiert, nach rund 2,5 Mrd. Euro im Vergleichszeitraum 2015 und 1,6 Mrd. Euro in den ersten zehn Monaten des Jahres 2014. Dabei lassen sich die Privatanleger auch nicht von Krisen, wie beispielsweise dem Brexit, verunsichern. So verzeichnete die ING-DiBa am Tag nach der Brexit-Abstimmung einen Rekord bei der Handelsaktivität ihrer Wertpapierkunden. Dabei wurden für 383 Mio. Euro Wertpapiere gekauft und für 201 Mio. Euro verkauft.

Die Deutschen investieren bei Aktien am liebsten in bekannte, große Unternehmen. Absoluter Liebling 2016: Die Daimler-Aktie, die in den untersuchten Depots von Jahresbeginn bis 31. Oktober einen Nettomittelzufluss von 259,6 Mio. Euro verzeichnete. Im Vorjahreszeitraum reichte es für das Daimler-Papier mit 94,2 Mio. Euro immerhin für Platz 2, hinter der Volkswagen AG Vorzugs-Aktie mit einem Nettomittelzufluss von 160,1 Mio. Euro. Andere Top-Titel 2016 waren Allianz SE (164,8 Mio. Euro), Deutsche Bank (108,9 Mio. Euro), Commerzbank AG (91,8 Mio. Euro) und Bayer AG (74 Mio. Euro). Einziger ausländischer Top-5-Titel in den
vergangenen drei Jahren: Die Apple-Aktie mit knapp 66 Mio. Euro Nettomittelzufluss von Januar bis Ende Dezember 2015. Bekanntlich unterstütze ich diesen „Home Bias“, er ist auch nur natürlich. Mir erscheint eine derart ausgeprägte Konzentration auf die ganz großen Dax-Werte allerdings als übertrieben – eine breitere internationale Streuung (siehe 100 „Champions“-Aktien) und stärkere Berücksichtigung mittelgroßer Unternehmen (Beispiel MDax) wären sinnvoll. Immerhin, bei den ETFs (siehe unten) wird es dann international.

Das gleiche Bild wie bei den Aktien zeigt sich bei den festverzinslichen Wertpapieren: Die ersten fünf Plätze sind fest in deutscher Hand – allerdings sind die gehandelten Volumina im Zeitraum Januar bis Ende Oktober 2016 deutlich geringer als bei den Aktien: 8,7 Mio. Euro Nettomittelzufluss in die 2015er Nachrang-Anleihe der Deutschen Bank, weitere 6,9 Mio. Euro flossen netto einer weiteren Nachrang-
Anleihe der Deutschen Bank aus dem Jahr 2008 zu. Es folgen Anleihen von Bayer AG (4,9 Mio. Euro), Commerzbank (4,5 Mio. Euro) und Volkswagen (3,2 Mio. Euro).

Investitionen in internationale Werte erfolgten bei den untersuchten Depots vor allem über ETFs. Vier der fünf ETFs mit den höchsten Nettomittelzuflüssen investierten in internationale Aktien. Spitzenreiter bei den untersuchten Depots ist der iShares Core DAX UCITS ETF. Von Jahresbeginn bis Ende Oktober 2016 legten die Privatanleger 30,3 Mio. Euro netto neu in diesem ETF an. Der nach dem Dax beliebteste Index war bei den untersuchten Depots der MSCI World. Gleich drei ETFs der Top 5 aus dem Untersuchungszeitraum 2016 investierten in den Index.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!