Aktienanlage: Der verhaltene Jahresauftakt ist keine Enttäuschung

11.01.17


Alles beim alten, bisher. Damit ist die Favoritenstellung der Anlageklasse Aktie auch nicht in Frage gestellt. Manche Börsianer hatten sich aber mehr Schwung für die ersten Januartage erhofft, andere dagegen den vielzitierten Rücksetzer befürchtet und dabei an den Fehlstart vor einem Jahr erinnert. Inzwischen ist festzustellen, dass bei aller Zuversicht für die Aussichten des Aktienmarkts auch von den größten Optimisten Einschränkungen mitgeliefert werden. Das ist gut so, weil es übersteigerte Euphorie verhindert.


Mit „Anschnallen in 2017!“ präsentierten jetzt die international beachteten Stimmungsanalysten von sentix ihre Konjunkturindizes, die sie selbst als den „Einen Knaller zum Jahresstart“ bezeichnen: Alle Weltregionen senden Signale, die deutliches Wachstum in Aussicht stellen! Insbesondere Euroland und Osteuropa sind die Gewinner. Der Gesamtindex für Euroland steigt deutlich um 8,2 Punkte auf den höchsten Stand seit August 2015. Der Gesamtindex für die USA übertrifft sein Allzeithoch vom Dezember 2016. In der Folge feiert der sentix Global Aggregate ein 9-Jahres-Hoch.

Eurolands Konjunkturindizes reihen sich damit in die Riege der globalen Aufwärtsimpulse ein. Der Trump-Effekt auf die Welt-Konjunktur ist jedoch nicht als Beginn, sondern vielmehr als eine Verstärkung eines laufenden Prozesses einzustufen, heißt es. Von Skepsis gegenüber dem neuen US-Präsidenten ist an dieser Stelle keine Rede – ich bin da bekanntlich vorsichtiger und traue Donald J. Trump noch nicht.

Dass die globale Konjunkturverbesserung Seiteneffekte erzeugt, quittieren die Anleger erneut in den Themenindizes. Aus den Teilbereichen Inflation wie auch Konjunktur sind weitere Belastungen für die europäischen Zinsmärkte angelegt, obwohl die EZB bislang keinerlei Zeichen sendet, dass sie von ihrem expansiven Kurs abweicht. Dies dürfte dazu beitragen, dass die Zinskurven steiler werden.

Eine frische Analyse der DZ Bank liest sich wie eine Ergänzung der sentix-Konjunkturindikatoren – Motto: „Wende für Präsident Trump!“ Herausgestellt wird dabei, dass die Unternehmensgewinne in den USA nach drei Jahren der Stagnation anziehen: „Wir erwarten 2017/18 je 12% Gewinnanstieg beim S&P 500“, schreibt das DZ-Research. Die „Trump“-Rally gilt als weit fortgeschritten. Denn der S&P 500 ist seit dem Wahltag im November um 8 Prozent gestiegen, der Dax sogar um 11 Prozent. Die Aufwärtsbewegung wurde dabei maßgeblich von der Erholung bei Finanz-, Energie- und Industriewerten getragen. In diesen Sektoren haben sich die Fundamentaldaten deutlich gebessert, so dass der Anstieg zwischenzeitlich gerechtfertigt erscheint.

Einen deutlichen Gewinnzuwachs hat der US-Aktienmarkt auch dringend nötig, heißt es weiter. Schließlich fällt die Bewertung des wichtigsten Aktienmarkts der Welt sehr hoch aus. Der S&P 500 weist ein Kurs-Gewinnverhältnis 2017e vom 17,2 auf. Dies sind 18% mehr als im Mittel der vergangenen zehn Jahre. Auch im relativen Vergleich zum Anleihemarkt verlieren US-Aktien an Attraktivität: Die Gewinnrendite (inverses KGV von 17,2, also 5,8%) bei US-Dividendenpapieren liegt nur noch 3,4 Prozentpunkte über der Rendite zehnjähriger Treasuries. Dies entspricht dem tiefsten Stand seit mehreren Jahren. Auch die Dividendenrendite des S&P 500 (2,1%) fällt geringer aus als die Rendite zehnjähriger Anleihen (2,4%).

Auch hier setzen die Analysten auf Trump: Während Barack Obama im Frühjahr 2009 seine Präsidentschaft im schwächsten Aktienmarktumfeld seit dem Crash 1973/74 antreten musste, wird Präsident Trump deutlichen Rückenwind seitens der Gewinnentwicklung amerikanischer Unternehmen bekommen. Dies ist nicht sein Verdienst, sondern maßgeblich eine Folge anziehender Rohstoffpreise und Zinsen, auch wenn dies bald in Vergessenheit geraten dürfte.

Das Fazit klingt ähnlich wie Vorschauen anderer optimistischer Häuser: „Wir gehen in unserer Verlaufsprognose davon aus, dass ein Großteil der Kursgewinne
am Aktienmarkt 2017 bereits im Frühjahr erzielt wird. Bereits ab dem 20. Januar,
wenn die neue US-Regierung ihr Amt antritt, könnte es am US-Markt zu weiteren
Kursgewinnen kommen. Die Stimmungsindikatoren zeigen an, dass sich in den vergangenen Wochen ein Großteil der Euphorie zurückgebildet hat, so dass die Aktienmärkte zunächst wieder Platz für weitere Kursavancen haben.“

Ich unterstreiche gerne die Empfehlung, angesichts des hohen Momentums am US-Aktienmarkt engagiert zu bleiben – füge aber „bis auf Weiteres“ hinzu und habe dabei die Möglichkeit negativer Überraschungen durch Trump im Auge. Dazu die Banker: Eine Absicherung gegen überraschende (Twitter-)Momente erscheint sinnvoll, schließlich sind die potenziell bedrohlichen Themen (Chinapolitik, Nordkorea, Protektionismus etc.) ungeklärt.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!