Sparen und Anlegen: Welche Folgen steigende Inflation haben kann

04.01.17

Inflation ist das heutige Titelthema des Handelsblatts: „Gefangen in der Zinsfalle.“ Denn unsere Teuerungsrate zieht kräftiger an als erwartet. Und wenn die Europäische Zentralbank die Zinsen bei null hält, droht das Vermögen der Sparer spürbar zu schrumpfen. Zudem gewinnt die gestrige Warnung des Chefs vom ifo-Institut an Gewicht: „2017 könnte das allerschlechteste Jahr für Kleinsparer seit langem werden“, sagte Clemens Fuest in einem Interview. Schuld daran sei die steigende Inflation, die in Deutschland auf 1,5 Prozent zulegen werde, während die Zinsen weit darunter blieben. Das heißt, das Vermögen der Bürger werde so stark wie lange nicht mehr entwertet.


1,5 Prozent? Inzwischen wissen wir, dass die Inflationsrate im Dezember bereits auf 1,7 Prozent gesprungen ist, den höchsten Stand seit Juli 2013. Vor allem steigende Energiepreise, aber auch Nahrungsmittel sorgten dafür, dass sich Waren und Dienstleistungen zum Jahreswechsel stärker verteuerten haben als Experten erwartet hatten. Im November lag die Jahresteuerung noch bei 0,8 Prozent. Über das Gesamtjahr 2016 gesehen blieb der Preisdruck allerdings gedämpft – im Schnitt stiegen die Verbraucherpreise um 0,5 Prozent nach 0,3 Prozent 2015.
Für das laufende Jahr peilen die Bundesregierung und die Wirtschaftsweisen bisher eine Inflationsrate von 1,6 Prozent an. Gilt das noch oder folgt demnächst eine Anpassung nach oben? Es wäre der höchste Wert seit 2012. Für die Europäische Zentralbank sind das gute Nachrichten. Denn sie strebt im gesamten Währungsraum stabile Preise an und sieht dies nur bei Inflationsraten von knapp 2 Prozent gewährleistet. Ifo-Chef Fuest steht nicht alleine da, wenn er von der EZB ein Umdenken verlangt. „Dieser Inflationssprung ist ein Signal für den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik der EZB.“ Ob Mario Draghi jetzt tatsächlich umzudenken beginnt, bleibt jedoch fraglich.

Gehen Sie davon aus, geschätzte Anleger, dass dieser Themenkreis in den kommenden Wochen und Monaten hier in Europa immer intensiver diskutiert wird – und damit auch die Finanzmärkte stärker beeinflussen kann (ich betone: kann). Aber: Die Aussicht auf weiter leicht steigende Inflation und eine ganz allmähliche Normalisierung der Zinsen betrifft vor allem die Sparer und Anleihebesitzer. Ich gehe noch einen Schritt weiter mit der These, dass die Gefahr empfindlicher Kaufkraftverluste für Geldsparer – und ist kein Zynismus – eine Chance für die Aktie als Sachwert, als Unternehmensbeteiligung darstellt. Denn Bundesbürger sollten zunehmend erkennen, dass falsches Sparen durch sinnvolles Investieren abzulösen ist.

Die aktuellen und denkbaren Inflationsraten sind historisch und volkswirtschaftlich gesehen alles andere als gefährlich. Außerdem ist ja noch nicht einmal die von unseren Währungshütern angestrebt Marke erreicht. Trotz aller Lust vieler Vordenker und Gurus, bei ihren Kunden durch selbstbewusste und konkrete Prognosen zu punkten – ich bleibe zurückhaltend, denn es ändert sich vorläufig nichts an der Unsicherheit über entscheidende Rahmenbedingungen für die Börsen 2017: Ölpreise, US-Zinsen, Wechselkurse, geldpolitische Signale und vor allem politische Einflüsse.

Aber auch die Aktien-Fans sollten nicht überrascht werden, wenn die veränderten Vorzeichen der Inflations- und Zinsentwicklung in Europa zu zeitweisen Irritationen an der Börse führen werden. Leicht bis mäßig steigende Teuerungsraten und Zinsen (mehr wird es nicht geben) sind keine nachhaltige Gefahr für die Aktienkurse – im Gegenteil.

Es ist Zeit, sich für 2017 zu positionieren, schreibt der geschätzte Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank heute früh. Ulrich Stephan rät zu mehr Aktien als 2016. Derzeit profitieren Sie vor allem in den USA von der Hoffnung auf stärkeres Wachstum und höhere Gewinne. Allein die Aussicht darauf treibt die Inflationserwartungen und damit die langfristigen Zinsen nach oben und die Anleger heraus aus ihren Bondinvestments. Doch Vorsicht: Stiegen die Zinsen zu stark, wäre das Gift für Investitionen und Aktien – fielen die Kurse, würden die Amerikaner weniger konsumieren. Beides wären Dämpfer für die Konjunktur. Weil es aber noch nicht so weit ist, scheinen Stephan US-Aktien für die kommenden Wochen eine vernünftige Strategie zu sein – erst recht für Anleger aus dem Euroraum. Seine Vorsicht gegenüber europäischen Aktien („Im Moment spricht weniger für europäische Aktien“) teile ich jedoch nur mit Einschränkung, sondern bleibe dabei, dass es sinnvoll ist, wenn US-Werte und deutsche Aktien die Schwerpunkte im Depot bilden.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!