15.03.17
Wäre jetzt
Jahresultimo – könnten die Anleger dann zufrieden sein? Eine
ungewöhnliche Fragestellung, denn das erste Quartal ist noch nicht
einmal abgeschlossen. Aber nach den Turbulenzen vom Jahresauftakt
2016 lohnt es sich durchaus, eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen.
Weltwirtschaft und Börsen haben sich in vielerlei Hinsicht anders –
weitaus besser! – entwickelt als von den meisten Experten
prognostiziert. Gewinner dieser 52-Wochen-Betrachtung sind wieder
einmal die Aktien. Die Diskussion über die wieder deutlich
steigenden Inflationsraten macht zur besseren Beurteilung auch hier
eine historische Einordnung erforderlich.
Wer hätte das vor
Jahresfrist gedacht: Tanken, Heizen und Essen hat sich so verteuert,
dass die deutsche Inflationsrate im Februar erstmals seit viereinhalb
Jahren über die Marke von 2 Prozent gesprungen ist – Waren und
Dienstleistungen kosteten im Schnitt 2,2 Prozent mehr als ein Jahr
zuvor. Die Teuerung liegt damit über der Zielmarke der Europäischen
Zentralbank (EZB), die bei Werten von knapp unter 2 Prozent von
stabilen Preisen spricht.
Größter
Preistreiber war im Februar erneut Energie, die sich um 7,2 Prozent
verteuerte. Klammert man Energie aus, lag die Jahresteuerung bei 1,7
Prozent. Verbraucher mussten vor allem für Heizöl (plus 44 Prozent)
und für das Tanken (plus 15,6 Prozent) tiefer in die Tasche greifen.
Auch Nahrungsmittel verteuerten sich mit 4,4 Prozent
überdurchschnittlich, allein die Preise für Gemüse stiegen um 21
Prozent.
Die Jahresinflation
dürfte insgesamt deutlich zunehmen. Lag sie 2016 nur bei 0,5
Prozent, so gibt es jetzt Schätzungen, dass sie für 2017 und 2018
im aktuellen Bereich von 2 Prozent bleiben, aber nicht weiter steigen
wird. Fachleute gehen davon aus, dass dies die Kaufkraft der
Verbraucher schmälert und der private Konsum deshalb nicht mehr so
kräftig wächst wie zuletzt. Das bedeutet also Kaufkraftverlust und
unverändert unattraktives Zinssparen, selbst wenn es auch bei uns im
Jahresverlauf zu einer geldpolitischen Wende kommen sollte.
Die Inflation ist
ein wichtiger Faktor, den Sparer und Anleger im Auge behalten
sollten. Inflation ist heimtückisch. Mit der Zeit verringert sie die
Kaufkraft und vermindert reale Ersparnisse und Renditen. Das ist
gewiss nichts Neues und weithin bekannt. Dennoch kann man gestern wie
heute beobachten, dass viele Anleger die Folgen der Inflation einfach
unterschätzen. Das mag damit zu tun haben, dass wir seit Jahren
keine wirkliche Inflation mehr gesehen haben. Seit 1949 liegt die
Inflationsrate in Deutschland laut Statistischem Bundesamt bei
durchschnittlichen 2,45 %. Dazu folgende Rechnung: Wenn dieser
Durchschnittswert auch die nächsten Jahre bestehen bleibt, benötigt
eine Person mit 50.000 Euro Lebenshaltungskosten
pro Jahr in 20
Jahren mehr als 80.000 Euro und in 30 Jahren mehr als 100.000 Euro –
nur um die aktuelle Kaufkraft aufrecht zu erhalten! Ein anderes
Beispiel: Sollte es bei der aktuellen Inflationsrate von 2,2 Prozent
bleiben, dass sind 10.000 Euro nach zehn Jahren nur noch etwas mehr
als 8.000 Euro wert (ohne Verzinsung gerechnet).
Als Verbraucher und
Sparer spürt man auf lange Sicht die Teuerung schon bei derart
niedrigen Raten. Wann aber wird Inflation auch für Anleger richtig
gefährlich, also beispielsweise für ein Investment in Aktien?
Dafür gibt es naturgemäß keine festen Größen, zumal ja auch die
Ursachen für „trabende“ oder gar „galoppierende“
Inflationsraten berücksichtigt werden müssen. In meinen Augen würde
eine Teuerung beginnend bei etwa 3 bis 4 Prozent mit steigender
Tendenz heikel. Aber rückblickend auf einen langfristigen Chart sind
unsere Teuerungsraten klar in einem Abwärts-Trendkanal. Anfang bis
Mitte der 1970er Jahre wurden gut 5 bis 7 Prozent erreicht, Anfang
der 1980er Jahre dann nochmals 5,4 bis 6,3 Prozent. Man erinnere sich
der Ölpreiskrisen, der inversen Zinsstruktur (kurze Zinsen höher
als langfristige) und Staatsanleihen mit Kupons von 10 Prozent und
mehr. Davon sind und bleiben wir wohl weit entfernt.
Diese und andere
Daten machen zusammen mit der geldpolitischen Strategie der EZB
deutlich, warum sachwertorientierte Anlagen auch in absehbarer
Zukunft weitaus sinnvoller bleiben als alle Formen des Zinssparens.
Diese Erkenntnis ist auch wichtiger als die relativ kurzfristigen
Diskussionen über „billig“ und „teurer“, wenn es um die
Börsenbewertung der Aktiengesellschaften geht – siehe den
scheinbar unaufhörlichen Kletterkurs der Wall Street. Jetzt gilt der
Blick vieler internationaler Investoren verstärkt auch den
europäischen Aktien nach dem Motto Aufholjagd gegenüber den USA.
Sie kennen ja meine seit langem wiederholte Favorisierung heimischer
Werte, geschätzte Anleger.
Und das mag manchen
überraschen: Gegenüber Mitte März vergangenen Jahres sind Dax und
Dow jeweils um rund 20 Prozent (!) geklettert – was für eine
Performance in einem Jahr! Selbst wenn 2017 hierzulande keine neuen
historischen Indexhochs erreicht werden sollten, können
Aktienanleger, die entsprechend engagiert sind, voll zufrieden sein.
Eigentlich mehr als das.
Machen Sie also
weiter mit – und machen Sie’s gut!