Börseneinflüsse: Wechselndes Gewicht von Konjunktur, Zinsen und Politik

12.04.17

Die Kursschwankungen der Aktien nehmen zu, auch im Tagesverlauf – kein Wunder angesichts des relativ hohen Kursniveaus und der geopolitischen Unsicherheitsfaktoren. Unser „Angstbarometer“, der VDax-New, ist inzwischen über die 20-Punkte-Marke geklettert, nachdem er zuvor unter 15 gefallen war. Das ist langfristig betrachtet noch kein brisanter Bereich, aber tendenziell zumindest ein Vorsicht-Signal. Es sieht zu Beginn des zweiten Quartals so aus, als würde die Gewichtung der zentralen Einflussfaktoren – Konjunktur (Unternehmensgewinne), Politik (Wirtschafts- und Geopolitik), Zinsen (Notenbankpolitik) – kurz- bis mittelfristig immer wieder mal wechseln.



Dass ganz langfristig die Entwicklung der Aktiengesellschaften selbst sowie ihr konjunkturelles und Branchenumfeld die Kursentwicklung bestimmt, gilt gestern wie heute. Unverändert bilden dabei auch Geldmenge und Zinsen den Treibstoff für den Aktienmotor. Mit der Globalisierung nimmt aber das Gewicht der übergeordneten politischen Einflüsse zeitweise zu. Deshalb sollte der Anleger stets versuchen herauszufinden, welche Rolle insbesondere die großen geopolitischen Themen für die Börsenstimmung spielen. Konjunktur und Unternehmensgewinne, also die „fundamentale“ Basis, sorgen im bisherigen Jahresverlauf für immer stärkeren Rückhalt. Gerade die in den vergangenen Tagen herausgekommenen Daten und Prognosen haben durchweg ein positives Vorzeichen.


Dennoch steigt die Volatilität! Sie lag im ersten Quartal beim S&P 500 unter 8 Prozent – so wenig schwankten die Kurse bisher nur einmal in den letzten 40 Jahren. Auch der Rentenhandel war seit Jahresbeginn überwiegend von Ruhe geprägt. Doch seit Anfang April steigt der Preis für die Absicherung gegen künftige Volatilität spürbar: Investoren fragen die Absicherung stärker nach, wie die Deutsche Bank beobachtet, weil die Unsicherheiten rund um die Präsidentschaftswahl in Frankreich ebenso in den Fokus rücken wie die vielen geopolitischen Gefahren, für die Nordkorea nur ein Beispiel ist. Empfehlung der Strategen: „Womöglich ist es an der Zeit, die Risikopositionen im eigenen Portfolio zu überprüfen.“


Dazu passt das aktuelle Citi-Investmentbarometer. Die jüngste Erhebung dieses Indikators zeigt, dass sich der Aktien-Optimismus der Befragten auf kurze Sicht spürbar eingetrübt hat: Nur noch 38,6 % erwarten in den nächsten drei Monaten steigende Aktiennotierungen, im Vorquartal waren es noch 57,2 %. Mittelfristig sind die Befragten Aktien gegenüber zwar positiver eingestellt: Für die nächsten zwölf Monate rechnet die Mehrheit (53,2 %) mit steigenden Aktienkursen. Dennoch ist dies der niedrigste Wert seit dem dritten Quartal 2012. Das Gesamt-Sentiment, das die Einschätzungen zu Aktien, Zinssatz, Öl sowie Gold aggregiert und Werte von -100 bis +100 Punkten einnehmen kann, liegt im ersten Quartal bei +26 Punkten. Damit weist es einen deutlich geringeren Wert auf als noch im Quartal zuvor (+36 Punkte).


Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung international gesehen entwickelt sich – anders als noch im vergangenen Jahr – zu einem Rückhalt für die Börsen. So hält die Europäische Zentralbank die Konjunkturerholung im Währungsraum trotz politischer Unsicherheiten nicht für gefährdet. Politische Unwägbarkeiten würden zwar auch in diesem Jahr andauern, erklärte ihr Präsident Mario Draghi im EZB-Jahresbericht. „Aber wir bleiben zuversichtlich, dass sich die wirtschaftliche Erholung, begünstigt durch unsere Geldpolitik, fortsetzen wird."


Das gleiche Signal kommt vom neuen sentix Konjunkturindex: Die Konjunktur in Euroland gewinnt weiter an Stärke. Die Lagebewertung steigt zum vierten Mal in Folge auf den höchsten Stand seit Januar 2008: 28,8 Punkte! Damit emanzipiert sich die Eurozone etwas von den globalen Tendenzen, kommentieren die Sentiment-Forscher, denn für die anderen Weltregionen ist die Beurteilung keineswegs eindeutig. Vor allem für die USA ist ein spürbarer Rückgang der Erwartungen messbar. Aber auch Osteuropa und Lateinamerika tun sich schwer, in ein stabiles Wachstumsumfeld zurückzufinden.


Die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten haben sich im April deutlich aufgehellt. Der Indikator des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) stieg um 6,7 Punkte auf 19,5 Zähler, wie das Institut gestern mitteilte. Das ist der höchste Stand seit August 2015. Bankvolkswirte hatten zwar mit einem Zuwachs gerechnet, allerdings nur auf 14,8 Punkte. Der Indikator für die derzeitige Konjunkturlage in Deutschland verbesserte sich ebenfalls, wenn auch weniger stark. Er stieg um 2,8 Punkte auf 80,1 Zähler. Das ist der höchste Stand seit Juli 2011. „Lageeinschätzung und Erwartungen ergeben zusammen genommen einen positiven Ausblick auf die deutsche Konjunktur in den kommenden sechs Monaten", meint das ZEW.


Das erfreut natürlich auch unsere Regierung: Der konjunkturelle Aufschwung gewinnt dem Bundeswirtschaftsministerium zufolge an Kraft. „Das Expansionstempo der deutschen Wirtschaft hat sich im ersten Quartal 2017 etwas beschleunigt“, heißt es es im heute veröffentlichten Monatsbericht.

Ich wünsche Ihnen friedliche Ostertage!

Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!