Börsenstimmung: Aktienanleger lassen sich leicht irritieren

19.07.17

Heute so, morgen so – den Anlegern fehlt die klare, längerfristige Orientierung. Die Aktienmärkte zucken deshalb unsicher hin und her, ohne aber besonders nervös zu wirken. Und die zunehmende Volatilität ist keine Überraschung, wird sie doch von Analysten schon seit längerem erwartet. Damit ist es kaum möglich, den Verlauf der kommenden Wochen und Monate seriös zu prognostizieren. Die jüngsten Reaktionen der Aktienkurse auf die Euro/Dollar-Schwankungen bestätigen dies. Es bleibt also dabei, dass die marktbestimmenden Großanleger vorsichtshalber kurzfristig disponieren. 

Immerhin gibt es nach wie vor auch keine Signale für eine nachhaltige Schwäche der Aktienkurse.




Die Stimmungsindikatoren der vergangenen Wochen bleiben wechselhaft und uneinheitlich. Jüngstes Beispiel ist der gerade vorgelegte Comdirect Brokerage Index für Juni. Danach hält die Verkaufsstimmung der deutschen Privatanleger weiter an – und zwar im elften Monat in Folge. Dennoch zeigte sich im Juni ein etwas anderes Bild. Es gab im vergangenen Monat einige Kurshochs. Während diese zuvor meist mit Gewinnmitnahmen einhergingen, kauften die Anleger diesmal leicht zu. Dazu der Comdirect-Kommentar: Das zeigt uns, dass das Misstrauen der Anleger gegenüber neuen Höchststände langsam nachlässt, wenn auch nur zaghaft. So bleibt der Brokerage Index mit 97,1 Punkten zwar weiterhin im Verkaufsbereich, ist im Vergleich zum Vormonat jedoch um 2,4 Punkte gestiegen.


Insbesondere in der Anlageklasse der Fonds ist wachsende Zuversicht zu beobachten. Hier stieg der Index um 13,9 Punkte auf insgesamt 99,2 Punkte. Der Brokerage Index für Aktien ging hingegen zögerlicher hoch und liegt aktuell bei 91,0 Punkten (Vormonat: 88,8 Punkte). Unter den Top-Käufen befanden sich im Juni die Titel der Deutschen Bank, Apple, Amazon, Gazprom und Eon.

Ein Beispiel für die anhaltende Differenzierung des Aktienhandels liefert der entsprechende Sentiment-Index von Sentix: Ängste um ein Aufflammen der Dieselaffäre bei Daimler treibt die Stimmung der Anleger für den gesamten europäischen Autosektor auf ein 24-Monatstief. Der Schreck der Anleger scheint jedoch überzogen, glauben die Stimmungsforscher, denn Rückkopplungen auf die Kurse des Sektors sind kaum feststellbar. Aus Sicht der verhaltensorientierten Analyse ergibt sich daher eine antizyklische Chance für die Aktien der Autobauer.


Auch der monatliche ZEW-Indikator ist interpretationsbedürftig, Denn er ist jetzt ganz leicht um 1,1 auf 17,5 Punkte gesunken. Der langfristige Durchschnitt von 23,8 Punkten wird weiterhin unterschritten. Die Einschätzung zur aktuellen konjunkturellen
Lage in Deutschland verringert sich im Juli geringfügig um 1,6 Punkte. „Nach wie vor ist der Ausblick für das Wirtschaftswachstum in den nächsten sechs Monaten recht positiv. Dies wird inzwischen auch durch die Umfrageergebnisse für das Eurogebiet gestützt“, kommentiert ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach. Dagegen gaben sich einige Börsianer spontan etwas enttäuscht, weil sie mehr erwartet hatten und jetzt an der Konjunkturdynamik zweifeln.


Das scheint mir verfrüht, zumal da das Verhalten der Verbraucher unverändert von Optimismus gekennzeichnet ist. Deren positive Stimmung hat sich auf europäischer Ebene auch im zweiten Quartal fortgesetzt Insgesamt zeigen die Ergebnisse der GfK-Konsumklimastudie für Europa im zweiten Quartal ein gemischtes Bild.
Erneut gab es große Unterschiede in Bezug auf die drei Indikatoren Konjunktur- und Einkommenserwartung sowie Anschaffungsneigung: Während Deutschland und Frankreich Höchststände verzeichneten, kühlte sich die Verbraucherlaune in einigen osteuropäischen Staaten wie Polen und Tschechien etwas ab. GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl: Auffällig in diesem zweiten Quartal war unter anderem der ‚Macron-Effekt‘ in Frankreich, der die Stimmung der Franzosen deutlich beflügelt hat. Die britischen Verbraucher blicken offenbar mit Skepsis auf die Brexit-Verhandlungen, was sich in schwachen Indikatoren widerspiegelt. Zu den Gewinnern in diesem Quartal zählen unter anderem Spanien und Portugal.


Gibt es also diverse Fragzeichen, die den Blick nach vorn erschweren, dann bleiben noch die Wechselkurse als konkrete Orientierungshilfe. Meine Empfehlung an die Aktienfans unter Ihnen, geschätzte Leser: Lassen Sie sich nicht von kurzfristigen Währungsbewegungen irritieren und hören Sie nicht auf die naiven Schulbuch-Warnungen einiger Analysten und Journalisten, dass ein festerer Euro die Konjunktur gefährde. So schnell geht’s nicht!


Machen Sie also weiter mit und bleiben Sie wachsam – und machen Sie’s gut!