Aktienperspektiven: Die Widersprüche der Strategen nehmen zu

02.08.17

Beeinflussen die extrem brisanten Entwicklungen in der deutschen Automobilindustrie auch die Einschätzung der Börsenperspektiven insgesamt? Gut möglich. Jedenfalls gibt es ein zeitliches Zusammentreffen. Denn die verbreitet zuversichtliche Haltung der internationalen Anlagestrategen vor allem gegenüber europäischen Aktien ist zuletzt ins Wanken geraten. Das Fundament scheint auf einmal zu wackeln, weil Analysten anhaltendes Wirtschaftswachstum und steigende Unternehmensgewinne in Frage stellen.




Typisch dafür ist eine zweiseitige Untersuchung des Handelsblatts mit dem Titel „Stressfaktor heißer Herbst“. Dass der langjährige Aufschwung an den Aktienmärkten ins Stocken geraten ist, wird hier weitaus stärker gewichtet als ich es tue. Im Übrigen ist ja noch nichts Dramatisches passiert, nicht einmal eine veritable Konsolidierungsphase der Kurse auf beiden Seiten des Atlantiks ist bisher eingetreten. Und den Skeptikern stehen auch immer noch ausgesprochen zuversichtliche Prognosen gegenüber. Im Handelsblatt werden allerdings der starke Euro, enttäuschende Firmengewinne und die bevorstehende geldpolitische Wende betont, die in den kommenden Monaten größere Turbulenzen auslösen könnten. Könnten – ja. Aber das sehe ich noch nicht so, geschätzte Leser.


Nur als Vorwarnung! Egal, was auf dem „Dieselgipfel“ beschlossen wird oder auch nicht – der Dieselskandal hat massive Auswirkungen. Deutsche stellen Autokauf zurück und blicken ins Ausland. Zwei von fünf Autokäufern sind laut einer YouGov-Studie durch die aktuelle Debatte in ihrem Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie verunsichert. Das Kaufverhalten ändert sich.

Dennoch teile ich die Ergebnisse einer umfangreichen Bestandsaufnahme der DZ-Bank-Volkswirte mit dem Titel „Deutschland: Aufschwung mit Reserven“. Und so sieht es danach aus: Die Konjunktur befindet sich im Sommer in einer robusten Verfassung. Die deutsche Wirtschaft dürfte sowohl in 2017 als auch in 2018 schneller als im langfristigen Trend wachsen. Die Erholung im Euroraum könnte noch stärker an Fahrt gewinnen als bislang erwartet. Die Kapazitätsauslastung steigt und damit auch der Investitionsbedarf. Hiervon dürfte die deutsche Exportwirtschaft profitieren. Damit steigen die Chancen, dass die deutsche Wirtschaft noch deutlich robuster wächst als im zentralen Szenario unterstellt.


Doch ist nicht nur die zentrale Prognose, also der wahrscheinliche Konjunkturverlauf, aufwärtsgerichtet. Auch sind die Chancen gestiegen, dass die Wirtschaft noch deutlich robuster wachsen könnte als im mittleren Szenario unterstellt. Dies könnte dann eintreten, wenn von den zahlreichen Risiken für die Konjunktur nur wenige eintreten, und gleichzeitig die positiven Trends stärker auf die Konjunktur durchschlagen als es in den Konjunkturprognosen berücksichtigt ist. Diese Möglichkeit wird vom DZ Research in Form eines „Schönwetterszenarios“ etwas näher beleuchtet.

Die deutsche Konjunktur zeigt sich in den vergangenen Wochen deutlich robuster als erwartet. Das Wirtschaftswachstum verlief im ersten Quartal dieses Jahres mit einem Anstieg zum Vorquartal von 0,6 Prozent in preis-, saison- und kalenderbereinigter Rechnung dynamisch. Die aktuellen Wirtschaftsindikatoren sprechen für ein ähnlich starkes Wachstum im zweiten Quartal dieses Jahres. Der Produktionsanstieg der Industrie hat sich beschleunigt und der Auftragseingang lässt eine Fortsetzung dieses Trends erwarten. Die Einkommen der privaten Haushalte wachsen angesichts der guten Arbeitsmarktlage stetig und unterstützen die positive Verbraucherstimmung. Gleichzeitig hält sich der Lohnanstieg noch in Grenzen und der Anstieg der Verbraucherpreise bleibt moderat.


Doch läuft nicht nur die Konjunktur in Deutschland rund. Auch das außenwirtschaftliche Umfeld hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verbessert. Von besonderer Bedeutung sind für die deutsche Exportwirtschaft die europäischen Nachbarländer, gehen doch nach wie vor mehr als die Hälfte der deutschen Exporte in andere EU-Länder. Umso wichtiger ist es daher, dass die Unsicherheiten über die Zukunft des Euroraums deutlich zurückgegangen sind.
Die aktuellen Wachstumszahlen sowie die Prognosen für 2017 unterstreichen, dass sich der Abstand zwischen den Wachstumsführern und den Nachzüglern merklich verringert hat.


Ob man sich nun diesem Szenario anschließt oder eher mit den Warnungen vor einem turbulenten Herbst sympathisiert – zumindest die taktischen (= kurzfristigen) Anlageentscheidungen fallen auch den langfristigen Bullen nicht leicht. Deswegen plädiere ich unverändert dafür, entweder auf die Tribüne zu gehen um zuzuschauen oder mit Bonuszertifikaten zu „übersommern“. Wer langfristig (= strategisch) investieren möchte, kennt hoffentlich längst die Vorzüge des BCDI und seiner beiden Produkte (Zertifikat, Aktienfonds).


Machen Sie weiter mit und bleiben Sie wachsam – und machen Sie’s gut!