Börsenprognosen / Zwischenbilanz: Beruhigende „Bullen“ vs. warnende „Bären“

13.12.17

Was sich seit Wochen abgezeichnet hat, wird durch die jüngsten Vorhersagen bekräftigt: Die meisten Strategen bleiben für die Aktienanlage 2018 zuversichtlich gestimmt, sind dabei aber eher vorsichtig und nicht euphorisch. Heute sollen die diversen Argumente von Bullen und Bären einmal gegenübergestellt werde.


Dazu als Basis der soeben vorgelegte Jahresausblick der international beachteten Behavioral Finance Experten von Sentix. Die erwarten für 2018 einen deutlichen Anstieg der Schwankungen an den Kapitalmärkten. Die Konsequenz hieraus ist ein in den letzten Monaten ungekanntes Marktrisiko, welches die verschiedenen Assetklassen „durchschüttelt“. Die Quintessenz aus den einzelnen Thesen lautet deshalb, dass Anleger gut beraten sind, die Risiken aktiv zu managen. Passives Anlegen dürfte im kommenden Jahr nicht die beste Strategie sein. Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner erläutert: „Die erreichten Tiefstände in den Volatilitätsindizes suggerieren, dass die Märkte ein Hort der Stabilität sind. 2018 droht das Ende der relativen Ruhe.“




Die vorsichtige Sichtweise ergibt sich aus den zunehmend fragilen Marktverhältnissen, die durch die extreme Politik der Notenbanken entstanden sind. Hinzu kommt der absehbare Entzug von Marktliquidität durch die Notenbanken und die brummende Realwirtschaft. Da zunehmend mehr Notenbanken ihren Stimulus zurückschrauben oder sogar ganz auf die Bremse treten, stellt eine Abkehr von dieser Politik den naheliegendsten Faktor für eine Rückkehr der Volatilität dar.

Dies bleibt auch nicht ohne Folgen für den Aktienmarkt. Die Sentiment-Experten gegen zwar davon aus, dass die Dividendentitel nochmals im ersten Quartal 2018 nach oben überschießen und der Dax die 14.000 Punkte-Marke testet. Danach beginnt aber die „Distributionsphase“, die Marktbreite bekommt deutliche Risse und Kurskorrekturen fallen ab dann heftiger aus.

Das Risikoverhalten der Investoren ist bereits jetzt ähnlich sorglos wie an früheren Markthochpunkten. Da US-Titel besonders hoch bewertet sind, ist dieser Markt im kommenden Jahr sehr verwundbar. Dennoch dürfte das jahrelang erfolgreiche und eingeübte „buy on dips“ der Anleger nicht so schnell verschwinden und deshalb einen zunehmend schwankungsreicheren Markt herausbilden. Im nächsten Jahr dürfte die längste Hausse der Börsengeschichte in den USA deshalb zu Ende gehen.


In der Prognose der DekaBank kommen dagegen die optimistischen Argumente gut zum Ausdruck: Die Konjunktursignale stehen auf grün. Zwar ist die politische Unsicherheit weiterhin hoch. Doch die Wirtschaft und die Finanzmärkte sind robuster geworden gegenüber den vielfältigen Risiken. Damit starten die Unternehmen wie auch die Konsumenten voller Zuversicht in das neue Jahr.


Ein global gesehen kräftiges Konsum- und inzwischen auch Investitionswachstum paart sich mit einem ungewöhnlich breit basierenden globalen Wachstum. Und noch etwas ist sehr beruhigend: Die Leistungsbilanzungleichgewichte innerhalb der Weltwirtschaft sind geringer geworden. Damit verliert ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor an Bedeutung. Die Jahre 2018 und 2019 dürften aus heutiger Sicht also stabile Wachstumsjahre werden. Wobei sie wohl auch in der Rückschau dereinst als Übergangsjahren in eine „normalere“ – das heißt schwankungsanfälligere – Welt in die Geschichte eingehen dürften.


Ein wesentlicher Baustein beim Blick nach vorne bleibt die Aussicht auf weitere Jahre mit niedrigen Zinsen. Daran ändert auch der nach langen Jahren begonnene Ausstiegskurs der Notenbanken aus der ultra-lockeren Geldpolitik nichts. Jenseits der Nullzinsgrenze hat neuerdings das Bilanzvolumen der Notenbanken die Zinsen als Gradmesser der geldpolitischen Ausrichtung abgelöst. Formal wird im Jahr 2018 ein weiterer wichtiger Meilenstein bei der geldpolitischen Wende erreicht werden. Mit dem Abschmelzen der weltweiten Zentralbankbilanzen ab dem Jahr 2018 wird der Kurs einer geldpolitischen Normalisierung sachte fortgesetzt. Dies kann im kommenden Jahr insbesondere an den Aktienmärkten zu einer holprigeren Entwicklung beitragen. Dauerhafte starke Renditeanstiege wird es aber nicht geben.


Die optimistischen Analysten von Metzler Capital Markets liefern dazu eine interessante Ergänzung: sehen optimistisch ins Jahr 2018. Der Vergleich zwischen der historischen Zinsentwicklung und dem Verlauf am deutschen Aktienmarkt zeigt: Wenn nachlassende geldpolitische Stimuli mit solidem Wirtschaftswachstum Hand in Hand gehen, ist das positiv für die Aktienmärkte – zumindest in der Anfangsphase. Man erwartet daher, dass der Aufwärtstrend am deutschen Aktienmarkt intakt bleibt. Allerdings müsse mit einer deutlich größeren Volatilität gegenüber 2017 gerechnet werden. Die Metzler-Analysten sehen den Dax 2018 am oberen Ende bei 13.900 Punkten. Ihre Prognose stützen sie auf die aktuellen Konsensschätzungen für die Gewinne der Dax-Unternehmen und die historische Bandbreite ihrer Kurs-Gewinn-Verhältnisse.


Meine Stellungnahme: Dass ich im „Bullenlager“ bleibe, ist bekannt. Meine größte Sorge gilt der geopolitischen Entwicklung. Ein Fragezeichen setzte ich hinter die mehrheitlich vertretene These, 2018 werde wohl ein „spannendes“ Börsenjahr mit spürbar steigenden Kursschwankungen. Denn spannend ist die Börse fast immer. Und steigende Volatilität hatten fast alle Strategen schon fürs laufende Jahr vorhergesagt. Schließlich zeigen langjährige Beobachtungen, dass die Jahresprognosen überwiegend zu vorsichtig waren. Wenn Schlimmes ausbleibt, könnte 2018 auch eine Fortsetzung der Aktienmarktentwicklung von 2017 bringen.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!