Börsenstimmung: Vorsicht! Die politischen Risiken werden vernachlässigt

09.12.17

Wiederholt habe ich Warnungen vor Aktien-Euphorie weitergegeben. Ich verharre noch immer im Bullenlager, doch sind es die geopolitischen Entwicklungen, die mich vorsichtig stimmen. Die Börse freut sich und bekommt frischen Aufwind, wenn es aktuelle Nachrichten über einen Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen gibt. Aber die globalen Spannungen stehen nach wie vor im Hintergrund. Und das gefällt mir nicht, weil man befürchten muss, dass ein großes Risiko unterschätzt wird.

Haben die jüngsten Entwicklungen nicht die Kriegsgefahr in Nordkorea verschärft? Die gemeinsamen südkoreanisch-amerikanischen Militärmanöver und Drohungen der USA mit einem Präventivschlag ließen keinen anderen Schluss zu, sagte ein Sprecher des nordkoreanischen Außenministeriums am späten Mittwochabend laut Agenturmeldungen. Weiter hieß es: Die Tatsache stehe fest, es gebe nur noch eine Frage: „Wann wird der Krieg ausbrechen?” Nordkorea wolle keinen Krieg, werde sich aber auch nicht verstecken.




Nächster Brennpunkt Naher Osten. Die radikalislamische Palästinenser-Organisation Hamas hat nach der Jerusalem-Entscheidung von US-Präsident Donald Trump zu einer neuen Intifada gegen Israel aufgerufen. Die Weltpolitik ist alarmiert. Mir geht es „nur“ darum, an Sie zu appellieren, geschätzte Anleger, auch bei stabilen oder gar freundlichen Märkten die politischen Ereignisse im Auge zu behalten. Sie bergen Risiken für die Börsen, die zeitlich unvorhersehbar und in ihren Auswirkungen auf die Kurse unberechenbar sind.


Ein wirtschaftliches Thema, das zugleich ein politisches ist, war in den vergangenen Tagen ein besonderer Diskussionspunkt für die Börsianer: die große US- Steuerreform. Ist es richtig, wenn Analysten die Bewertungen für das Jahr 2018 noch einmal deutlich anheben? Zumindest für die großen US-Multis gibt es jetzt vielfach Grund zum Feiern. Auch wenn viele Beobachter davon ausgehen, dass die Steuerreform für das dortige Wachstum möglicherweise gar nicht den großen Schub bringt – für bullische Kursfantasien der betroffenen Unternehmen bleibt jedenfalls Platz.


Trotz dieser guten Aussichten hat sich das Börsenbarometer hierzulande eher schwergetan, schreiben die Stimmungsbeobachter an der Börse Frankfurt in ihrem Wochenbericht. Tatsächlich scheint es, als ob sich die heimischen Börsianer vielmehr damit abgefunden hätten, dass die US-Steuerreform zunächst einmal den dortigen Unternehmen nach dem Motto „America first" zugutekommen wird.
Die Stimmung der mittelfristig orientierten institutionellen Investoren hat sich gegenüber der Vorwoche deutlich verschlechtert. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist in nahezu dramatischer Weise um 19 Punkte auf einen Stand von +17 Punkte gefallen (von Mittwoch zu Mittwoch). Dabei hat sich die Mehrheit der früheren Bullen (es handelt sich immerhin um 14 Prozent aller Befragten) an die Seitenlinie begeben und keine neuen bärischen Engagements gewagt. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich auch bei den Privatanlegern. Dort ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index in ähnlicher Größenordnung wie bei den institutionellen Pendants um 17 Punkte auf einen Stand von nunmehr +21 Punkte gefallen.


Was bedeutet das aus Sicht der Sentiment-Analysten? Mit der jüngsten Erhebung hat sich die Situation beim Dax merklich entspannt. Nicht nur weil der Optimismus der institutionellen und Privatanleger in absoluten Zahlen deutlich zurückgegangen ist. Gerade bei der ersten Gruppe ist der bullische Überhang in der relativen Drei-Monats-Betrachtung komplett abgebaut worden. Insofern gehen auch die Kursrückgänge des Dax während der vergangenen Handelstage wahrscheinlich auf das Konto heimischer Anleger und beruhen nicht auf einem größeren Abfluss internationalen Kapitals aus der Eurozone. Damit hat sich die Lage unserer Standardwerte deutlich verbessert – die Chancen für eine reiche Bescherung und versöhnliche Jahresendrally haben sich also wieder erhöht.

Deshalb mögen meine Warnungen vor den politischen Risiken übervorsichtig sein. Und ich hoffe nicht nur unter Anlageaspekten, dass sich die weltpolitischen Krisen nicht noch weiter zuspitzen werden. Aber meine seit Wochen wiederholt ausgesprochene Empfehlung, zumindest einen Teil der inzwischen aufgelaufenen Kursgewinne zu realisieren (ohne vom Aktienmarkt ganz auszusteigen!), muss ich in diesem Zusammenhang bekräftigen.


Übrigens: Immer mehr internationale Fondsmanager favorisieren Aktienmärkte der Schwellenländer im Vergleich zu den Industrieländern. Diese Teil-Anlageklasse hat sich schon in den vergangenen zwei Jahren gut erholt und bietet auch künftig noch Chancen auf Kurssteigerungen. Argumente: globales Wachstum, schnellere Zuwachsraten bei den Unternehmensgewinnen, stabile Rohstoffpreise, niedrigere Inflation sowie verbesserte freie Cashflows.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!