Mein Gedicht zu den Festtagen

24.12.17


„Vom spekulativen Weihnachtsmann“

Keine Analysen, Prognosen, Empfehlungen – und kein Wort mehr zum Dax. Vor den Fest-Tagen eines meiner Lieblingsgedichte, das ich zum Jahreswechsel 2008/09 geschrieben und in meinem Buch „Lieber Dicker!“ veröffentlicht habe. Damals, daran sei erinnert, waren es keine guten Aktienzeiten. Ich wünsche Ihnen, geschätzte Leser, friedliche und fröhliche Weihnachten!

September zieht ins Weihnachtsland,
als Niklas auf dem Marktplatz stand,
den Schlitten voll mit leeren Säcken,
um sich – vielleicht – schon einzudecken.
Haushalt gekürzt, erstmals seit Jahren,
der liebe Gott zwingt ihn zum Sparen.
Und das ist unsrem Nikolaus,
man mag’s verstehn, ein arger Graus.

Entscheidend für die Einkaufsreise
ist deshalb das Niveau der Preise.
Ein erster Blick aufs Kurstableau
stimmt Rauschebart euphorisch froh.
Er ruft herbei den treuen Knecht:
„Die Baisse kommt mir gerade recht!
Ob Apfel, Nuss, ob Mandelkern,
geht’s weiter abwärts, kauf ich gern.“

Das Geld hat Niklas von dem Alten,
in diesem Jahr schon früh erhalten,
um zeitig Risiken zu streuen
(der Herrgott sollt es noch bereuen).
Knecht Ruprecht, der die Börse kennt,
zitiert den Spruch vom Trend als Friend
und mahnt, jetzt nur nicht spekulieren,
man müsse doch viel investieren.

So drängt der Knecht, schon einzusteigen
speziell bei Schoko, Obst und Feigen.
Dann könnte man trotz Geldes Enge
kaufen die gleiche Warenmenge.
Das leuchtet Nikolaus zwar ein,
doch scheint ihm wichtiger zu sein,
das Kapital noch aufzustocken,
und schaut, wo Kursgewinne locken.

Ganz sicher, so glaubt Santa Claus,
sieht es am Aktienmarkt nun aus.
Historisch billig ist der Dax,
Rendite also nur ein Klacks.
Noch tiefer kann der Markt nicht sinken,
so dass schon bald Gewinne winken.
Statt Süßigkeiten und Gebäck,
geht’s Geld für deutsche Aktien weg.

Dezember zieht ins Weihnachtsland
als Niklas auf dem Marktplatz stand,
den Schlitten voll mit leeren Säcken,
um sich – nun endlich – einzudecken.
Doch was geschah? Statt Kaufgenuss
ein folgenschwerer Kursverdruss:
Die Börsenstimmung war konträr,
das traf den Niko pekuniär.

Dies Vierteljahr war nicht sein Freund,
Knecht Ruprecht dreht sich um und weint,
weil die Rendite ausgeblieben,
stattdessen wird jetzt abgeschrieben
auf Daimler, Öl auf Deutsche Bank.
Der Santa ist zwar noch nicht blank,
doch hat er wirklich Schwierigkeiten,
zu finanziern die Süßigkeiten.

Da meldet sich zu Wort der Alte.
Aus einer hellen Wolkenspalte
dringt tiefer Bass, sonor und klar,
und fragt das himmlisch Botenpaar:
„Ich hatte Euch viel Geld vertraut,
wieso ist das jetzt abgebaut?
Hat Euch die Börse gar verführt,
habt Ihr Euch dann verspekuliert?“
Verlegen legt der Niklas dar,
warum gerad‘ in diesem Jahr,
der Einkauf sei besonderes miese:
Schuld trage nur die Subprime-Krise.
Klagt Santa: „Solche Turbulenzen,
die setzen dem Strategen Grenzen.
Statt Obst und Nüsse anzuhäufen,
versuchte ich’s mit Aktienkäufen.“

Der Herrgott hatte dies gewittert
und spricht nun tröstend, nicht verbittert:
„Im nächsten Jahr, da kauf‘ ich ein.
Du machst den Börsenführerschein.
Dabei wird man Dir auch verraten
die Strategien mit Derivaten.
Denn mit dem Einsatz von Optionen
kannst Du ganz leicht das Budget schonen.“

Dann nimmt der Vater kurzerhand
den Niklas mit ins Himmelsland
nur zu Besuch, um dort ganz oben
zu zeigen wie der Fall behoben:
Bald rattern Gottes Druckmaschinen
für Vollmilch, Nuss und Apfelsinen.
So wird des Geldes Produktion
zu einer göttlichen Option!