Börseneinflüsse: Zweifel am Wirtschaftswachstum breiten sich aus

11.04.18


Mein Anfangsverdacht bestätigt sich: Seit Februar wird die verbreitete Sorglosigkeit der Anleger zunehmend von Unsicherheit und Zweifeln an den bisherigen Säulen fester Börsen abgelöst. In den vergangenen Tagen haben einige internationale Vermögensverwalter damit begonnen, ihre Asset Allocation teilweise zu korrigieren – u.a. sind Aktienbestände leicht abgebaut worden. Allgemein werden die Meinungen zum Jahresverlauf auf den Prüfstand gestellt. Dramatische Änderungen kann ich aber nicht ausmachen, ebensowenig kann man schon von einer nachhaltigen, starken Verschlechterung des Aktienklimas sprechen.


Beim Blick auf die fundamentalen Rahmenbedingungen sieht der jüngste Sentix-Konjunkturindex besonders trübe aus. Nachdem die Rückgänge in den Erwartungsindikatoren bereits in den Vormonaten eine Trendwende andeuteten, muss man nun von einer deutlichen konjunkturellen Abkühlung ausgehen. Alle Weltregionen befinden sich laut Erhebung der Verhaltensforscher auf einem konjunkturellen Sinkflug. Auch die Erwartungswerte in Euroland sind erstmals seit Juli 2016 wieder negativ. Die Zollstreitigkeiten, angefacht von US-Präsident Donald Trump, hinterlassen ihre Bremsspuren. Die Emerging Markts halten sich marginal besser, auch wenn dort die gleiche Grundtendenz vorherrscht.


Zum besseren Verständnis hier die konkreten Daten der Stimmungsanalysten: Die Schönwetterperiode für die Konjunktur in der Eurozone geht zu Ende. Der Gesamtindex fällt um 4,4 Punkte auf einen Wert von 19,6 Indexpunkten. Der dritte Rückgang in Folge ist getragen von einer deutlichen Eintrübung bei den Konjunkturerwartungen, die um 5,8 Punkte nachgeben und erstmals seit Juli 2016 wieder negativ sind. Der First Mover unter den Frühindikatoren weist damit erneut sehr frühzeitig auf eine konjunkturelle Abkühlung hin. Auch wenn die aktuelle Lage mit + 43 Punkten immer noch als hervorragend bewertet wird, so haben sich die Zukunftsaussichten massiv eingetrübt.


Weiter heißt es: Die deutsche Konjunktur hat mächtig Gegenwind. Die innenpolitischen Rahmenbedingungen (GroKo) werden zunehmend als Belastung wahrgenommen, und auch die Geopolitik leistet ihren Beitrag für gebremsten Optimismus der Exportnation. Die Konjunkturerwartungen für Deutschland fallen so niedrig aus wie zuletzt im Oktober 2014!

Verglichen damit klingen andere aktuelle Analysen immer noch spürbar gelassen, etwa so: 2018 wird die Weltwirtschaft mit einer Rate von preisbereinigt 3,4 % annähernd so dynamisch wachsen wie im Vorjahr. Deutlich steigende Zuwachsraten, wie sie zwischenzeitlich von vielen konjunkturellen Frühindikatoren in Aussicht

gestellt wurden, lassen sich jedoch nicht realisieren. Dämpfend wirkt unter anderem die Debatte um eine Welle des Protektionismus in Reaktion auf die von den USA angestoßenen Schutzzölle. Die Impulse aus Asien werden wohl geringer ausfallen als 2017.


Besonders interessant erscheint die derzeitige Beurteilung Chinas. Manche Experten sehen eher ein Risiko, denn China kehre nach einer Phase überdurchschnittlicher konjunkturpolitischer Impulse auf einen Pfad struktureller Wachstumsverlangsamung zurück. Die Verschuldung, insbesondere der Staatsunternehmen, habe drastisch zugenommen. Der chinesische Immobilienmarkt bleibe ein Stabilitätsrisiko. Demgegenüber liegt mir eine frische Analyse vor, die eine überraschend positive Entwicklung beschreibt, angetrieben eben durch den Immobiliensektor: Die Verkäufe stiegen im Januar und Februar um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Landverkäufe für Neubauprojekte zogen sogar um 50 Prozent an. Diese gelten nicht nur als Indikator für künftige Verkäufe, sie machen auch mehr als ein Fünftel der Einnahmen der Lokalregierungen aus

Ausgewogen klingt nach meiner Einschätzung das Resümee eines internationalen Fondsmanagers: Es ist noch zu früh, um Aktien völlig negativ zu bewerten. 

Dies ist zum Teil eine Grundwahrscheinlichkeit – Aktien steigen häufiger als sie fallen – und teilweise fundamental. Die Weltwirtschaft scheint vorerst so stark, dass ein nachhaltiger Abwärtstrend unwahrscheinlich ist. Anleger sollten ihre Aufwärtserwartungen zurückhalten. Ja, das Ertragswachstum sieht solide aus, aber übergroße Aktiengewinne sind in der Regel mit starken Erträgen und mehrfacher Expansion verbunden. Wir denken, dass letztere bestenfalls bescheiden ausfallen wird, wenn die Anzeichen für Inflation zunehmen und die Geldpolitik weniger anpassungsfähig ist. Wir erwarten positive Aktienrenditen, aber das allein schafft noch keinen klassischen „Bullenmarkt“. Die höheren Zinsen werden sich hauptsächlich auf die Volatilität und nicht auf die Rendite auswirken [ … ] Zusammenfassend ist die Investmentgesellschaft der Meinung, dass globale Aktien durch starke Fundamentaldaten nach unten und erhöhte Bewertungen nach oben begrenzt sind.


So unsicher derzeit auch alles aussehen mag – wie diese Fondsstrategen halte auch ich nichts von ängstlichem oder panikartigem Handeln. Vielmehr empfehle ich nach wie vor, wachsam zu sein und seine Taktik kritisch zu überprüfen (z.B. Kursgewinne teilweise realisieren). Massive und nachhaltige Auswirkungen auf die Aktienkurse hätte wohl nur – von politischen Katastrophen einmal abgesehen –, wenn die Weltkonjunktur in die Knie ginge und dies mit einem beschleunigten Anstieg von Inflation und Zinsen zusammenträfe. Doch das ist momentan nicht abzusehen.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!