KUTZERS CORNER

Krisen, Konflikte, Kriege –

Märkte bisher gelassen

15.06.25

Zunehmende Sorgen, aber (noch) keine Panik. Der Krieg in Nahost verunsichert jetzt viele Anleger.

Was denn jetzt? werden sich viele Anleger zusätzlich fragen. Denn die Katastrophenmeldungen reißen nicht ab. Ähnlich wie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine kann jetzt auch die blutige Eskalation der Nahost-Krise ungeahnte internationale Folgen haben. Sollten private Anleger vorsichtshalber reagieren – und wenn ja, wie?

Die Börsen sind bisher erstaunlich gelassen geblieben. Das kann, muss aber nicht für die Zukunft gelten. Deutsche und internationale Börsenprofis unterstreichen in ersten Stellungnahmen die Gefahr, sehen aber noch keine Anzeichen für Panik.

Stimmung am Aktienmarkt eingetrübt

Schreibt mir Sören Hettler, Anklagestratege der DZ Bank: Mit der ungetrübten Stimmung ist es an den weltweiten Aktienmärkten momentan also vorbei. Hintergrund ist der Angriff Israels auf die Atomanlagen des Iran und wichtige Mitglieder der dortigen Militärführung. Teheran hat wiederum mit Drohnen-Angriffen reagiert. Beunruhigend ist die Situation im Nahen Osten zwar allemal. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass die erneute Eskalation nachhaltige Auswirkungen an den weltweiten Finanzmärkten hinterlassen wird. Einerseits dürfte die iranische Führung kaum an einer anhaltenden und umfänglichen militärischen Auseinandersetzung mit Israel interessiert sein. Andererseits haben sich Marktteilnehmer in den vergangenen Jahren zunehmend an die Spannungen in der Region gewöhnt. Darüber hinaus gibt es aktuell diverse alternative Themen, die für Impulse an den Aktien- und Finanzmärkten sorgen können, darunter die (Handels) Politik des US-Präsidenten und die in diesem Zusammenhang laufenden Verhandlungen.

Droht eine geopolitische Eskalation?

Der eskalierende Konflikt zwischen Israel und dem Iran wirft Fragen zu möglichen wirtschaftlichen Folgen auf. In seinem aktuellen Kommentar analysiert Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei Berenberg, die Lage und ordnet die potenziellen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft ein:

Der sich zuspitzende Konflikt zwischen Israel und dem Iran stellt eine ernsthafte geopolitische Eskalation dar. Die Aktienmärkte reagieren mit fallenden Kursen, während der Ölpreis ansteigt. Ein Risiko für die Weltwirtschaft würde dieser Konflikt jedoch erst dann darstellen, wenn er zu einer anhaltenden Unterbrechung der Energieexporte aus dem Nahen Osten führen würde. Ein solches Szenario könnte eintreten, sollte der Iran versuchen, gegen die wichtigen Ölexporteure und Energietransportrouten in der Region vorzugehen. Insgesamt scheint es jedoch unwahrscheinlich, dass der Iran eine solche Strategie langfristig durchhalten könnte. Die Islamische Republik würde sich selbst erheblich schaden, wenn sie militärisch gegen ihre arabischen Nachbarn und deren Exportrouten vorgehen würde.

Die mögliche Rolle Amerikas

Eine solche Eskalation hätte darüber hinaus voraussichtlich zur Folge, dass sich die militärisch überlegenen USA an den Angriffen gegen den Iran beteiligen würden. Wahrscheinlicher hingegen ist, dass diese tragische Eskalation der Gewalt im Nahen Osten die Märkte zwar für eine gewisse Zeit in Atem halten wird, ohne dass es jedoch zu nennenswerten Auswirkungen auf die Weltwirtschaft kommen wird.

Zwei denkbare Szenarien

Michael Nizard und Nabil Milali von Edmond de Rothschild Asset Management ordnen die potenziellen Folgen für die Märkte wie folgt ein und erklären, warum trotz aller Eskalationsgefahr auch Gründe für vorsichtigen Optimismus bestehen. Sie sehen zwei Szenarien:

1. Eine weitreichende iranische Reaktion, die zu einer vollständigen Kriegserklärung Israels führen würde. In diesem Fall wäre ein Eingreifen der USA unvermeidlich – mit dem Risiko einer regionalen Eskalation, die die Welt an den Rand einer beispiellosen Krise bringen könnte. Die Hauptfolge wäre eine Unterbrechung der Ölströme, verbunden mit dem potenziellen Risiko einer Schließung der Straße von Hormus und einem unkontrollierten Anstieg der Rohölpreise. Dies hätte eine scharfe Korrektur risikobehafteter Anlagen zur Folge, da ein weltweiter Konjunktureinbruch droht.

2. Eine moderatere Reaktion Teherans, ähnlich den früheren Spannungsphasen zwischen beiden Ländern in den letzten zwei Jahren. Es gibt nach wie vor Gründe zur Hoffnung, dass sich das zweite Szenario realisiert und der Konflikt eingedämmt werden kann. Einerseits haben die USA signalisiert, dass sie zwar über den israelischen Angriff informiert waren, diesen jedoch nicht unterstützten. Auch Donald Trump hat angedeutet, dass er weiterhin Gespräche mit Teheran aufnehmen wolle und somit diplomatischen Druck auf beide Seiten ausüben könnte, um Zurückhaltung zu mahnen.

Andererseits befindet sich das iranische Regime in einer prekären Lage: Die Wirtschaft leidet unter internationalen Sanktionen und der Unmut in der Bevölkerung wächst, was auch die Rückkehr an den Verhandlungstisch in den vergangenen Monaten erklärt. Zudem scheinen die militärischen Kapazitäten des Iran geschwächt zu sein, was sich in früheren ineffektiven Reaktionen und dem Machtverlust mehrerer verbündeter Milizen in der Region zeigt. Schließlich lassen auch die zurückhaltenden Reaktionen anderer regionaler Akteure darauf schließen, dass das aktuelle Geschehen bislang nicht als fundamentale Veränderung der Sicherheitslage gewertet wird. Somit besteht die Hoffnung, dass sich die Spannungen nicht auf den gesamten Nahen Osten ausweiten.

All diese Faktoren führen dazu, dass sich Anleger in dieser geopolitischen Situation vorsichtig optimistisch zeigen. Zwar zogen die Rohölpreise zunächst deutlich an (+7 Prozent auf 74 US-Dollar/Barrel), gaben nach der ersten Schockreaktion jedoch wieder etwas nach. Die sehr hohe Unsicherheit dürfte jedoch dafür sorgen, dass in den kommenden Wochen ein erhöhter geopolitischer Risikoaufschlag eingepreist bleibt. Ein erneuter Anstieg des Brent-Preises auf ein Niveau, das die Weltwirtschaft gefährdet oder eine neue Inflationswelle auslöst, wäre allerdings vermeidbar – sofern die OPEC-Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, bereit sind, ihre Produktion auszuweiten.

Angesichts des vergleichsweise geringen Gewichts des Irans in der Weltwirtschaft ist ein möglicher Anstieg des Ölpreises der Hauptkanal, über den sich dieser geopolitische Schock auf die Finanzmärkte auswirkt – was den bislang begrenzten Effekt auf die Aktienmärkte erklärt. Während Gold seine Rolle als sicherer Hafen gut erfüllt (+1,5 Prozent auf 3.430 US-Dollar/Unze), sind die Renditen von Staatsanleihen weniger attraktiv. Dies deutet darauf hin, dass unter Anlegern Inflationssorgen überwiegen, zumal dieses Risiko zusätzlich zu den bereits bestehenden handelspolitischen Spannungen auftritt.

Die Aufwertung des US-Dollars fällt bislang moderat aus – ein weiteres Indiz für den übergeordneten Abwärtstrend der Währung. Vor diesem Hintergrund behalten wir unsere zurückhaltende Haltung gegenüber Aktieninvestments bei – insbesondere im US-Markt, wo die Bewertungen zuletzt schneller gestiegen sind als die Unternehmensgewinne. Zudem setzen wir unsere Strategie der aktiven Währungsabsicherung gegenüber dem US-Dollar fort.

Zu guter Letzt

Und so sehe ich es: Gelassenheit können solche Anleger unter Ihnen, geschätzte Leser, praktizieren, die längst auf Sachwerte setzen. Die sollten das Kerninvestment für die Zukunft bleiben – also Aktien und Rohstoffe mit Edelmetallen als Schwerpunkte