Börsenstimmung: Wird die Politik auf einmal zum Hoffnungsträger?

28.04.18


Worauf kommt es jetzt an – Konjunkturentwicklung und Unternehmensgewinne, Inflation und Zinsentwicklung? Die wichtigsten Börseneinflüsse behalten wohl vorerst ihren unsicheren, wechselhaften Charakter. Vielleicht gibt es aber einen stabilisierenden Faktor, der bisher die Finanzmärkte immer wieder belastet hat – die Geopolitik. Die gestrigen Fernsehbilder vom historischen Korea-Gipfel sollten Mut machen. Und beim Blick nach Westen bleibt vorsichtige Hoffnung auf eine Einigung im Handelsstreit USA-Europa.


An den Aktienmärkten waren in der zurückliegenden Woche mehr Stimmungsschwankungen als Kursbewegungen zu beobachten. Das können auch die Sentiment-Analysten an der Börse Frankfurt im Rahmen ihrer wöchentlichen Erhebung feststellen. Verfolgt man die Reaktionen der Finanzmarktteilnehmer auf die Nachrichten der vergangenen Tage bis Wochenmitte, so lässt sich ganz klar feststellen, dass sich der Fokus deutlich verschoben hat. Dominierten zuvor noch die Ängste der Marktteilnehmer vor einer Ausweitung des Handelskonflikts zwischen den USA und China, wurde dieser zuletzt weitgehend ausgeblendet. Denn die steigenden Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen hatten spätestens mit Erreichen der 3-Prozent-Linie so etwas wie einen Weckruf ausgelöst. Innerhalb weniger Tage hat sich Angst vor einer steigenden Inflation in den USA breitgemacht, wobei vorgenannte Handelsprobleme überdies noch nicht gelöst sind. Und in Deutschland? Da sprachen einige Beobachter davon, dass der laufende Wachstumszyklus bereits seinen Zenit überschritten habe. Auch wenn die jüngsten Daten eher nur für eine Wachstumsdelle denn für eine Trendwende sprechen, haben sich die Kommentare zur Börsenlage verdüstert.


Und dies hat sich auch in der Befragung der mittelfristig orientierten institutionellen Marktteilnehmer niedergeschlagen. Dort ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index um 31 Punkte auf einen Stand von -15 gefallen; es handelt sich um den bislang niedrigsten Indexwert des Jahres. Im Gegensatz zur Vorwoche, als sich die Stimmung bereits verschlechterte und die Optimisten noch weitgehend stillgehalten hatten, ist diese Gruppe nun um mehr als 20 Prozent geschrumpft. Dabei ist unverkennbar, dass sich die Abwanderungswilligen nicht nur mit Gewinnmitnahmen begnügen, sondern sich sofort zu den Pessimisten gesellt haben.


Auch bei den Privatanlegern ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index gefallen, wenn auch nicht so deutlich wie bei den Institutionellen. Der Rückgang beträgt 14 Punkte gegenüber der Vorwoche, so dass aufgrund der zuvor ohnehin positiveren Stimmung noch ein im positiven Bereich bei +7 verbucht werden konnte.


Während die EZB einmal mehr die Märkte nicht überrascht hat, sondern man weiterhin von unveränderten Leitzinsen bis ins nächste Jahr hinein ausgehen muss, bleiben die weltwirtschaftlichen Aussichten unsicher und die Unternehmensgewinne differenziert. Ich sehe meine Beobachtungen aber bestätigt, dass die Konjunkturanalysen und -prognosen zunehmend skeptisch werden – der jüngste Ifo-Bericht lieferte nur ein Beispiel. Interessant ist die gestern eingegangene Einschätzung eines bedeutenden institutionellen Investors: Stärker als erwartet, aber nicht von Dauer – so lässt sich nach Meinung von Axa Investment Managers (Axa IM) der jüngste Rückgang der makroökonomischen Wachstumsdynamik beschreiben. Deutlich enttäuscht haben sowohl weiche Faktoren, darunter insbesondere die Stimmung der Unternehmen, aber auch harte Konjunkturdaten wie die Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze sowie der Außenhandel.


Dies hat zu einer Korrektur der Wachstumsprognosen für das Bruttoinlandprodukt (BIP) geführt. Für den Euroraum geht Axa IM inzwischen von einem Wachstum von 0,4 Prozent für das erste Quartal aus und hat entsprechend die BIP-Prognose für das Jahr 2018 von 2,7 Prozent auf 2,5 Prozent nach unten korrigiert. „Dennoch halten wir die aktuelle Schwächephase des globalen Wachstums für vorübergehend“, sagt Serge Pizem, Head of Multi-Asset Investments bei Axa IM. „Unserer Ansicht nach wird sich die makroökonomische Dynamik wieder beschleunigen.“ Robuste Nachfrage und Investitionen stützen die Wirtschaft. Dazu dürfte eine robuste Inlandsnachfrage beitragen.


Sie wissen, geschätzte Anleger, dass ich seit langem wie kaum ein anderer auf die geo- und wirtschaftspolitischen Einflüsse eingehe – als übergeordnete, aber kaum berechenbare Faktoren für die Börse. Was handelspolitisch wird, war bei Abfassung dieses Berichts noch unsicher – der Besuch von Merkel bei Trump bringt hoffentlich Klarheit. Die historischen Gipfelgespräche zwischen Kim und Moon betrachte ich jedoch jetzt schon als möglichen Beginn einer nachhaltigen weltpolitischen Entspannung mit positiven Auswirkungen auf andere Spannungsfelder, weil sich dadurch auch das amerikanisch-chinesische Verhältnis aufhellen kann. Das wiederum sollte Weltwirtschaft und Aktienmärkte langfristig den Rücken stärken.


Mache Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!