Konjunktursorgen verdrängen die Börsenhoffnungen

18.07.19

Erst keimten die Hoffnungen, jetzt wachsen die Sorgen: Wird das noch junge zweite Halbjahr 2019 doch nicht ein Aufatmen der Weltwirtschaft bringen – und dadurch auch keinen frischen Aufwind für die Börsen? Keiner weiß das. Aber es fällt schon auf, dass sich die Warnungen vor Enttäuschungen in dieser Woche vermehren. Die Aktienmärkte spiegeln das wider.



Typisch dafür ein Passus im Morgenkommentar von Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank: Die Analysten seines Instituts erwarten nach zahlreichen Diskussionen mit Unternehmenslenkern der europäischen Investitionsgüterbranche bei den anstehenden Halbjahresberichten wenig optimistische Ausblicke auf die kommenden Monate. Während die geschäftlichen Herausforderungen des ersten Quartals insbesondere in Europa und in China lagen, nehmen sie nun auch in den USA zu. Auch der Stimmungsindikator für das Verarbeitende Gewerbe weltweit, der inzwischen unter die Expansionsschwelle gefallen ist, deutet auf ein schwächeres zweites Halbjahr hin.

Steigt nach den jüngsten Hiobsbotschaften aus der deutschen Wirtschaft vielleicht sogar die Gefahr einer Rezession? Das von dem gewerkschaftsnahen Institut IMK ermittelte Barometer weist für Juli bis Ende September ein Rezessionsrisiko von 36,6 Prozent auf, im Juni waren es 30,9 Prozent. Der Indikator zeigt, wie sich das schwächere globale Wachstum zunehmend in einer Produktionsflaute bei deutschen Schlüsselindustrien wie dem Fahrzeug- oder dem Maschinenbau bemerkbar macht. Das klingt nicht gut. Doch muss eine Flaute nicht zwangsläufig in eine Rezession münden.

Nur wissen wir, wie schnell sich Prognosen und Marktstimmungen heutzutage ändern können – und infolgedessen auch die Kurse. Außerdem werden Fed und EZB ja gerade dann, wenn die wirtschaftliche Entwicklung weiter zur Schwäche neigt, die in Aussicht gestellten Liquiditäts- und Zinsschritte alsbald unternehmen, auf die Börsianer seit Wochen gesetzt haben. Dennoch sollten Sie, geschätzte Anleger, die aktuelle Unsicherheit ernst nehmen (ohne panikartig zu reagieren), wenn Sie mit einem kurz- bis mittelfristigen Zeithorizont investieren. Denn im Dreieck von Wirtschaftsentwicklung, Geldpolitik und Geo- und Handelspolitik ist nicht absehbar, was in den kommenden Monaten die Kurse entscheidend (!) bewegen wird. Der langfristige Aktien-Fan mag’s mit cooler Gelassenheit beobachten.