KUTZERS CORNER

Unternehmenszahlen stützen Aktienbörsen 

02.11.25

Die Börsianer versuchen die geopolitischen Konflikte zu verdrängen. Bisher mit Erfolg. Positive Unternehmensnachrichten machen Mut für das vierte Quartal.

Das Research der Erste Group gehört zum Lager der internationalen Optimisten und schreibt: „Starke Tech-Zahlen stützen Aktienmärkte.“ Denn: Der globale Aktienmarktindex stieg in der letzten Woche in Euro +1,3 %. Der S&P 500 notiert im Wochenvergleich in USD um +1,6 % höher und der Stoxx 600 tendierte seitwärts. Der Goldpreis setzte die Korrektur fort und fiel um -4 % auf USD 3.994 Dollar.

Die Berichtssaison für das dritte Quartal läuft in den USA sehr positiv. Unter Berücksichtigung der bereits publizierten Ergebnisse und unter Heranziehung der Konsensus-Schätzungen für die noch ausstehenden Unternehmensberichte zeichnet sich bei den Umsätzen ein hoher Zuwachs von +7 % ab. Die Gewinne des Gesamtmarktes sollten +10,8 % steigen. Die Gewinne des Technologiesektors steigen im 3Q mit + 26,6 % überdurchschnittlich stark.

Im Ausblick der Analysten heißt es: „Wir erwarten, dass nach den mehrheitlich sehr guten Ergebnissen der US-Technologiekonzerne der globale Aktienmarktindex in der nächsten Woche ansteigen wird.“

Erste Anzeichen einer Belebung in Europa

Auch für Europa melden sich zuversichtliche Stimmen. So sagt das Metzler Asset Management: Nach Monaten der Stagnation zeigen erste Daten eine spürbare Belebung der europäischen Wirtschaft, gestützt durch steigende Staatsausgaben, vor allem in Deutschland. Reformen und Deregulierung gelten als entscheidend, um das Wachstum nachhaltig zu festigen und Inflation zu vermeiden. In den USA herrscht derweil Datenflaute wegen des Regierungsstillstands, während der Technologiesektor weiter boomt.

China überrascht trotz Deflation mit steigenden Unternehmensgewinnen: Niedrige Kosten, Produktivitätsfortschritte und staatliche Subventionen treiben die Industrie. Der neue Fünfjahresplan betont Konsumförderung, Marktintegration und technologische Eigenständigkeit – ein strategischer Kurswechsel hin zu qualitativem Wachstum.

Zunehmende Aktienrückkäufe, höhere Dividenden

Die Investmentstrategen von Allianz Global Investors liefern eine interessante Betrachtung Chinas: Nicht nur Privatanleger in China verfügen über hohe Bargeldbestände, sondern auch Unternehmen. Chinesische Unternehmen (ohne Finanzunternehmen) weisen in ihren Bilanzen insgesamt rund 2,4 Billionen US-Dollar an Barmitteln aus. Dies entspricht etwa 21 % ihrer aktuellen Marktkapitalisierung und ist damit höher als an den meisten anderen globalen Märkten.

Um die Attraktivität der Aktienmärkte zu steigern, haben die Aufsichtsbehörden Maßnahmen zur Verbesserung der Shareholder Returns ergriffen. Die Aktienrückkäufe in China erreichten 2024 ein Rekordniveau. Während viele Unternehmen zuvor nur einmal im Jahr Dividenden ausschütteten, haben immer mehr Gesellschaften angekündigt, künftig auch Zwischendividenden auszuschütten. Regelmäßigere Auszahlungen sollten insbesondere für Privatanleger attraktiv sein.

Seit Anfang 2024 wurden Maßnahmen ergriffen, um dem hohen Niveau an Aktienemissionen entgegenzuwirken – ein Faktor, der den A-Aktienmarkt in China lange belastet hat. Die Marktkapitalisierung der Börsen in Festlandchina und Hongkong ist von unter 1 Billion Dollar im Jahr 2003 auf aktuell rund 16 Billionen Dollar gestiegen. In diesem Zeitraum hat sich die Zahl der börsennotierten A-Shares in China auf rund 5.000 mehr als verdreifacht.

Angebot/Nachfrage-Relation wird günstiger

Die politischen Maßnahmen im Jahr 2024 konzentrierten sich auf strengere IPO-Regulierung und konsequentere Delisting-Mechanismen. Die Experten glauben, dass dies einen strukturellen Wandel darstellt, der künftig für ein günstigeres Verhältnis von Angebot und Nachfrage am Aktienmarkt sorgen dürfte.

Zollrisiken sind kontrollierbar

Der zukünftige Verlauf der Beziehungen zwischen den USA und China bleibt ungewiss. Dennoch hat sich das erhöhte Risiko, das zum Zeitpunkt der Ankündigungen zum „Liberation Day“ zu beobachten war, deutlich verringert. Eine wichtige Veränderung besteht darin, dass China aufgrund seiner Dominanz in der Produktion von Seltenen Erden eine deutlich stärkere Verhandlungsposition hat. Dies deutet auf eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein substanzielleres Handelsabkommen hin – dennoch sollten plötzliche Rückschläge nicht ausgeschlossen werden.

Langfristig erwartet AllianzGI, dass China seinen Fokus weiterhin auf die nationale Sicherheit legen wird, insbesondere durch die Stärkung seiner Selbstversorgung in kritischen Industriezweigen. Trotz Fortschritten im Technologiesektor sind Schlüsselbereiche wie Elektrofahrzeuge weiterhin auf importierte Chips angewiesen. Außerdem wird auf weite Sicht in der Lokalisierung fortschrittlicher Fertigungskapazitäten über verschiedene Branchen hinweg bedeutende Investitionsmöglichkeiten gesehen.

Angemessene Bewertungen

Die bisherige Markterholung wurde hauptsächlich durch eine Neubewertung der Unternehmen und weniger durch eine Verbesserung der Unternehmensgewinne getragen. Daher befinden sich die Bewertungen nicht mehr auf dem zuvor niedrigen Niveau.

Nach Meinung von Allianz Global Investors sind die Bewertungen jedoch weiterhin angemessen und sollten kein Hindernis für künftige Kursanstiege darstellen. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis liegt etwa auf dem langfristigen historischen Durchschnittsniveau. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis wirkt optisch höher. Bereinigt um das strukturell niedrigere Zinsumfeld liegen die Aktienrisikoprämien jedoch ebenfalls etwa auf dem historischen Durchschnittsniveau.

Divergenz zwischen Fundamentaldaten

Die Aktienrally in China in diesem Jahr erfolgte trotz eines herausfordernden makroökonomischen Umfelds. Die Immobilienpreise stehen weiterhin unter Druck und die Exportdynamik schwächt sich angesichts höherer Zölle ab.

Ein entscheidender Grund liegt im strukturellen Wandel der chinesischen Aktienmärkte. Diese haben sich von einem Fokus auf reifere, wachstumsschwächere Sektoren (wie Finanzwerte und traditionelle Schwerindustrie) hin zu einer stärkeren Gewichtung von Chinas zukünftigen Wachstumstreibern entwickelt. So hat sich der Anteil des IT-Sektors in den letzten zehn Jahren nahezu verdreifacht und macht inzwischen rund 25 % des A-Share-Marktes aus.

AllianzGI ist der Ansicht, dass Chinas KI-Industrie einen Wendepunkt überschritten hat und sich nun in einem selbsttragenden Zyklus aus steigenden Investitionen und wachsender Profitabilität befindet. In Kombination mit anderen Zukunftsbranchen wie Fahrerassistenzsystemen (ADAS), Robotik, Biotechnologie, der Lieferkette für Elektrofahrzeuge usw. spiegeln Chinas Aktienmärkte zunehmend die neuen wirtschaftlichen Wachstumstreiber des Landes wider.

Immobilienrisiken mehr und mehr im Rückspiegel

Einer der Hauptbelastungsfaktoren für chinesische Aktien in den letzten Jahren waren Risiken im Immobiliensektor. Auch wenn diese weiterhin bestehen, geht man davon aus, dass sich der Abschwung dem Ende nähert. Entsprechend dürfte der Einfluss auf die Aktienmärkte zunehmend zurück gehen. Die Regierung hat umfangreiche Maßnahmen zur Stabilisierung des Immobilienmarkts ergriffen – darunter niedrigere Hypothekenzinsen, die Senkung der Eigenkapitalquote und besseren Zugang zu Finanzmitteln für finanzschwache Bauträger.

Fazit: Auch wenn es Zeit braucht, bis das Vertrauen der Käufer zurückkehrt – und die Preise möglicherweise weiter fallen – wurden frühere Extremrisiken deutlich entschärft. Dies zeigt sich auch am chinesischen Anleihemarkt.