KUTZERS CORNER

Anlageprofis setzen auf Aktien und Rohstoffe 

09.11.25

Das Durcheinander an den Finanzmärkten hält an. Doch gibt es (noch) keine Anzeichen für eine nachhaltige Börsen-Baisse im vierten Quartal.

Geblieben sind in den ersten Novembertagen die furchterregenden geopolitischen und wirtschaftspolitischen Nachrichten. Geblieben ist dennoch die Bereitschaft institutioneller Investoren, ihre Anlagen zu streuen. Kapital ist nach wie vor reichlich vorhanden. Neben den Aktien wächst das Interesse an Rohstoffen wie Silber, Kupfer und vor allem an Seltenen Erden. Parallel wird privaten Anlegern das wachsende Angebot an Edelmetallmünzen nahegelegt.

Europa läuft inzwischen besser als erwartet

Die Aktienmärkte bleiben aber im Fokus. Typisch ist die jüngste Marktbilanz der österreichischen Erste Group. Sie stellt wie andere Strategen die besser als erwarteten Nachrichten aus der Wirtschaft heraus: „Berichtssaison in Europa überrascht positiv.“ Der globale Aktienmarktindex fiel in der letzten Woche in Euro um -1,1 %. Daraus resultiert ein Zuwachs seit Jahresbeginn von +4,6 %. Der S&P 500 fiel im Wochenvergleich in Euro um -1,3 %, der Stoxx 600 um -1,2 %. Der Nikkei 225 tendierte seitwärts (+0,1 %) und der globale Emerging Market Index um -1,1 %.

In der europäischen Berichtssaison für das dritte Quartal hat circa ein Drittel der Firmen des Stoxx 600 bereits ihre Ergebnisse veröffentlicht. 55 % der Firmen, die bereits berichteten, haben Gewinne erzielt, die höher ausfielen als erwartet. Der Anteil positiver Gewinnüberraschungen lag somit bisher leicht über dem historischen Durchschnitt von 54 %. Insgesamt zeichnet sich für das dritte Quartal ein Gewinnwachstum von +4 % ab. Fazit der Analysten: „Wir erwarten, dass der globale Aktienmarktindex leicht ansteigen wird.“

Gewinnschätzungen übertroffen

Die Anlagestrategen der Deutschen Bank zeichnen ein ähnliches Bild: In Europa haben mehr als die Hälfte der vierteljährlich berichtenden Unternehmen des Stoxx 600 ihre Bücher für das dritte Quartal geöffnet: Die Gewinne stiegen im Schnitt um 4,7 Prozent, die Umsätze dagegen stagnierten. Rund 55 Prozent der Konzerne übertrafen die Gewinnschätzungen der Analysten. Die aggregierten Gewinne liegen bisher satte acht Prozent höher als prognostiziert. Unter den Sektoren stechen Energie, Technologie, Grundstoffe und Finanzen hervor – sie übertrafen die Gewinnprognosen um mindestens zehn Prozent. Deutlich schwächer zeigten sich hingegen die Zahlen der Sektoren Zyklischer Konsum und Immobilien, die die Erwartungen bisher um 15 und 8 Prozent verfehlt haben. Insgesamt fällt das Zwischenfazit zur Berichtssaison jedoch positiv aus. Mit den noch ausstehenden Berichten dürften sich das durchschnittliche Ertrags- und Umsatzwachstum noch etwas verbessern – was europäischen Aktien etwas Schwung für die Wintermonate geben könnte.

Stimmung in der Autoindustrie deutlich verbessert

Nach einem Rückgang im September hat sich der Ifo-Geschäftsklimaindex in der Automobilbranche im Oktober spürbar verbessert. Er bleibt zwar merklich im negativen Bereich, kletterte im Oktober jedoch auf minus 12,9 Punkte, von minus 21,3 Punkten im September. „Vor allem die Geschäftserwartungen in der Autoindustrie haben sich ausgesprochen stark aufgehellt. Sie sind zwar immer noch negativ, doch so hoch wie seit zwei Jahren nicht mehr“, kommentieren die Ifo-Branchenexperten.

Silber findet zunehmende Beachtung

Edelmetalle bleiben im Blickfeld der Profis. Nach wochenlangen Spekulationen haben die USA inzwischen Silber in ihre Liste der kritischen Mineralien aufgenommen. Infolgedessen könnte Silber den Einfuhrzöllen gemäß Section 232 unterliegen, die sich auf nationale Sicherheitsbedrohungen beziehen. Dazu schreibt mir Carsten Menke vom Research bei Julius Bär: Die erste Reaktion des Marktes fiel verhalten aus, was darauf zurückzuführen ist, dass der Status von Silber als kritisches Mineral das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Markt nicht unmittelbar verändert. Sollten Zölle eingeführt werden, könnte dies jedoch schwerwiegende Auswirkungen auf den globalen Silberhandel und die Absicherung haben.

Solche Zölle, wie auf Silber, würden sich auf nationale Sicherheitsbedrohungen beziehen und wären daher unabhängig von anderen Zöllen, die Präsident Trump verhängt hat. Obwohl die Vereinigten Staaten zu den zehn größten Silberproduzenten weltweit und zum größten Recycler gehören, sind sie nach wie vor auf Importe angewiesen. Mehr als die Hälfte ihres Verbrauchs hängt davon ab, der größtenteils industriell (60 %) ist, gefolgt von Investitionen (30 %) und Schmuck (5 %).

Zu guter Letzt

Bei aller Zuversicht für einzelne Anlageklassen bleiben allerdings auch die Risiken im Börsenumfeld. Ein Blick auf die Märkte mag deshalb gerade für Sie, geschätzte Privatanleger abschreckend ein. Sie werden schon seit Monaten durch die geopolitischen Spannungen begleitet. Dazu kommt die Sorge über die Inflation. Hier teile ich die Gelassenheit von Carsten Klude, Chefvolkswirt bei M.M. Warburg: Wenn wir uns die Zahlen international anschauen, stellt man fest, dass es bisher kaum zu höheren Inflationsraten gekommen ist. Diese Entwicklung hat direkte Auswirkungen auf die Geldpolitik der großen Notenbanken wie der EZB und der US-amerikanischen Federal Reserve. Während die Zinsen sich bewegen, rückt eine Anlageklasse wieder in den Fokus, die lange als uninteressant galt: der Rentenmarkt. Wie auch immer, ich halte an meiner langfristigen Favorisierung von Sachwerten fest, also von Aktien und Rohstoffen.