Medizin für Ihr Aktiendepot

09.06.20

Verdrängen wir einmal die hundsmiserablen Berichte aus der Wirtschaft, die seit Tagen tendenziell noch schlechter werden (was keine Überraschung ist) – im Gegensatz zur starken Erholung der Börse. Gestern kam die Weltbank mit der Prognose, dass die globale Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr um 5,2 Prozent schrumpfen dürfte. Im Januar, also vor Corona, war man noch von einem Wachstum von 2,5 Prozent ausgegangen. Vorhin dann die Meldung von einem dramatischen Einbruch der deutschen Exporte. Dagegen hat der Dax (trotz der heutigen Schwache) den größten Teil der Crash-Verluste wieder wettgemacht und allein in der vergangenen Woche knapp 11 Prozent zugelegt. Doch hat der Kursanstieg dazu geführt, dass die Bewertung des deutschen Leitindex in die Höhe geschnellt ist: Das Kurs/Gewinn-Verhältnis auf Basis der erwarteten Gewinne in den kommenden zwölf Monaten liegt nach Zahlen der Deutschen Bank mittlerweile bei 17,5 – das sind 43 Prozent über dem Mittel der vergangenen 15 Jahre!



Hohe Volatilität (sie könnte noch zunehmen) und große Unterschiede zwischen einzelnen Branchen und Unternehmen bestimmen das Kursbild. Nicht nur wegen der Pandemie (Forschung nach Impfstoffen und Medikamenten) gehört das Gesundheitswesen längst zu den Mega-Themen der Investoren. Ein breites Feld von Pharma bis Medizintechnik, ob als Einzelwerte oder Fonds, das ich schon seit langem Ihrer Aufmerksamkeit empfehle, geschätzte Anleger. Die Medienberichte über die Möglichkeit des bisher größten Deals in der Branche – durch die britische AstraZeneca und den US-Konkurrenten Gilead Sciences – hat die Übernahmefantasie zusätzlich angeregt.

Vorsichtige Strategen waren allerdings gerade bei Healthcare-Investments vor einem spekulativen Roulette. Sinnvoller ist es für Privatanleger, auf die Dauerbrenner des Gesundheitswesens zu setzen. Denn während die Suche nach einem Corona-Impfstoff die Aktien von Biotech-Titeln Achterbahn fahren lässt und spekulative Anleger bei diesen Werten leicht aufs falsche Pferd setzen können, bleiben Aktionäre traditioneller Healthcare-Titel entspannt. Die gängigen Beispiele machen deutlich, wer damit gemeint ist: Aktien wie Novo Nordisk (= seit Jahren mein Lieblingswert), Novartis oder auch Roche punkten mit einem krisensicheren Geschäft. Novo Nordisk ist der weltweit größte Hersteller von Insulin. Der wachsende Wohlstand rund um den Erdball sowie die zunehmende Alterung in Industrieländern sorgen nach Überzeugung von Analysten dafür, dass Arznei gegen Diabetes auch noch in Jahren ein Wachstumsfeld bleiben wird. Roche gilt als Spezialist in der Krebstherapie und hat einige vielversprechende Produkte im Angebot. Doch auch das Wachstum kommt nicht zu kurz: Da Roche bereits 2009 das Biotech-Unternehmen Genentech übernommen hat, sind die Schweizer auch bei neuen Medikamenten ganz weit vorne mit dabei.

Obwohl die Suche nach einem Corona-Impfstoff an der Börse vordergründig andere Themen überlagert, tun Anleger gut daran, auch künftig auf die Platzhirsche, also die etablierten, großen Unternehmen der Branche zu setzen. Doch halte ich es für reizvoll, daneben auch mit begrenztem Einsatz Roulette zu spielen (entsprechend meinem „Sowohl-als-auch-Prinzip“): Aktive Anleger mit Mut können sich von Startups, deren Hoffnung auf einer speziellen Produktentwicklung beruhen, zum Aktienkauf „verführen“ lassen.

Werden Sie aber nicht leichtsinnig, geschätzte Leser, und bleiben Sie gesund!