Konjunkturerwartungen machen Anlegern Mut

 16.02.21

Börsianer – ob Händler, Analysten oder Investoren – versuchen naturgemäß frühzeitig zu ergründen, was auf sie zukommt bzw. auf sie zukommen kann. Damit sollen Risiken einer Fehleinschätzung reduziert werden, doch schafft auch der Blick nach vorn Unsicherheit. Und so mögen Konjunkturindikatoren für die Marktteilnehmer interessant und wichtig sein, sie selbst können gerade an der Börse für die ganze Palette von falschen Anlageentscheidungen mitverantwortlich sein – mit der Folge euphorischer Kursübertreibungen nach oben bis zu überängstlichen Schwächanfällen.

So gesehen bestätigt die monatliche Konjunkturumfrage des Mannheimer ZEW-Instituts die (angesichts der Corona-Ungewissheit) die aktuelle Gelassenheit der Marktteilnehmer. Positiv ausgedrückt: Es gibt keinen Grund für furchtsames Handeln, sondern macht Aktienanlegern eher Mut. Wichtigstes Ergebnis ist nämlich, dass die ZEW-Konjunkturerwartungen steigen. Laut Februarumfrage klettert der Indikator der Erwartungen unerwartet deutlich und liegt mit 71,2 Punkten um 9,4 Punkte höher als im Januar. Von Reuters befragte Ökonomen hatten hingegen mit einem Rückgang auf 59,6 Zähler gerechnet. Die Einschätzung der konjunkturellen Lage für Deutschland verschlechtert sich geringfügig im Vergleich zum Vormonat. Damit befindet sich die Lageeinschätzung seit sechs Monaten praktisch unverändert auf dem gleichen niedrigen Niveau.

Die Finanzmarktexperten (179 Analysten haben sich an dieser ZEW-Umfrage beteiligt) schauen also optimistisch in die Zukunft. Sie sind zuversichtlich, dass die deutsche Wirtschaft auf Sicht von sechs Monaten (= Zeitraum der Abfrage) wieder auf Wachstumskurs sein wird. Vor allem bei Konsum und Handel wird ein deutlicher Aufholprozess erwartet. Die Erwartungen der Fachleute an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone steigen im Februar ebenfalls erheblich an und liegen mit 69,6 Punkten um 11,3 Punkte über dem Wert vom Januar. Der Indikator für die aktuelle Konjunkturlage im Eurogebiet steigt um 4,3 Punkte auf einen neuen Wert von minus 74,6 Punkten.

„Bei den Finanzmarktteilnehmern kehrt großer Optimismus zurück – sie glauben, dass die deutsche Wirtschaft die Krise in den kommenden sechs Monaten überwinden kann“, schreibt das Research der DZ Bank in einer spontanen Reaktion auf den neuen ZEW-Erwartungsindikator. Nach Ansicht der Finanzmarktteilnehmer dürften die Beschränkungen ab dem Frühjahr gelockert werden. Sie glauben nicht an eine dritte Corona-Welle.

Nur: Auch solche Stimmungsumfragen sind stets eine Momentaufnahme. Erfahrungsgemäß kann sich das Sentiment an der Börse kurzfristig ändern, im Extremfall von heute auf morgen. Danach sieht es gegenwärtig aber nicht aus. Schau'n mer mal, dann sehn mer scho (Franz Beckenbauer).