KUTZERS CORNER

Krise als Chance für 2026 - oder doch nicht?

21.12.25

Chancen und Risiken sind zum Jahreswechsel lebhaft gemischt. Private Anleger seien gewarnt, denn das kommende Börsenjahr könnte im Zeichen der wirtschaftlichen und politischen Risiken stehen.

Das „Trend“-Magazin titelte diese Woche „Krise = Chance. Worauf es ankommt, damit aus einer Floskel Wirklichkeit wird und was Unternehmen konkret tun können“. Lassen sich die Empfehlungen auch auf die Finanzmärkte übertragen? Als hartnäckiger Optimist muss ich diesmal ernste Bedenken anmelden, denn die Anleger werden auf allen Gebieten mit Krisen, Konflikten und Kriegen konfrontiert, deren Folgen noch nicht konkret absehbar sind.

Wer im Jahr 2026 erfolgreich agieren will, muss die Mechanismen verstehen und die Märkte laufend beobachten. Es kommt nicht mehr allein auf die täglichen Nachrichten aus der Wirtschaft an. Denn die Welt ist im Umbruch und überfordert die verantwortlichen Politiker.

Machtkämpfe gefährden Wirtschaft und Börsen

Seit Monaten begleite ich intensiver denn je die parlamentarischen Diskussionen und Auseinandersetzungen anderer Gremien. Es ist – nicht nur hierzulande – unglaublich viel in Bewegung gekommen. Demokraten sprechen von „Herausforderungen“. Doch ist es auch eine harmlose Entwicklung, wenn die Mächtigen der Welt ihre Muskeln spielen lassen? „Krieg“ ist längst mehr als nur ein Angst verbreitendes Wort, obwohl die Finanzmärkte bisher erstaunlich gelassen darauf reagiert haben. Das kann sich 2026 ändern.

Technologie beherrscht das Tagesgeschehen

Der größte Wachstumstreiber bleibt – wenig überraschend – die technologische Transformation. Doch während 2024 und 2025 die Jahre der Chiphersteller wie Nvidia waren, dürfte 2026 zunehmen ein Jahr der Anwender werden.

Wir treten nun in die Phase ein, in der Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe die Früchte der KI-Investitionen ernten. Analysten erwarten für 2026 signifikante Produktivitätssprünge in Branchen wie der Pharmaindustrie (durch beschleunigte Wirkstoffforschung) und dem Finanzsektor. Analysten empfehlen Privatanlegern, den Fokus verstärkt auf Software-Unternehmen und Dienstleister zu legen, die KI-Lösungen in bestehende Geschäftsprozesse integrieren.

Chance der Old Economy

Alte Börsenhasen äußern auch Zuversicht für klassische Industriewerte und zyklische Aktien: Nach Jahren der Vernachlässigung könnten diese 2026 ein Comeback erleben. Viele europäische Aktien, und dabei auch deutsche Blue Chips, sind im historischen Vergleich günstig bewertet. Sollte die lang ersehnte konjunkturelle Erholung im Euroraum an Fahrt gewinnen, bieten insbesondere Unternehmen aus dem Bereich Green Tech und nachhaltige Infrastruktur massives Aufholpotenzial.

Sorgt die Geldpolitik für weiteren Rückenwind?

Das monetäre Dreieck war in der Vergangenheit entscheidend für das internationale Börsenklima. Sollte die Geopolitik nicht alles zerstören, dürfte das auch 2026 so bleiben. Letztlich kommt es auf die dem Markt verfügbare Anlageliquidität, die Inflationsentwicklung und die Zinsen an. Diese Themen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Tagesgeschehen in den kommenden Monaten maßgeblich bestimmen. Investmentstrategen gehen davon aus, dass die Phase der aggressiven Zinserhöhungen hinter uns liegt und sagen voraus, dass sich das Zinsniveau auf einem „neuen Normalmaß“ einpendeln wird. Dies bietet Planungssicherheit für Unternehmen und macht Aktien gegenüber festverzinslichen Wertpapieren wieder attraktiver, sofern die Dividendenrenditen stabil bleiben.

Risiko: Politische Instabilität nimmt zu

Die Sorge vor weiteren und schärferen geopolitischen Spannungen wird nach meiner Einschätzung nicht verfliegen. Im Gegenteil: Sie müssen zunehmend die nationalen Konflikte im Auge behalten – was macht Putin, was macht Trump? Die Weltkarte bleibt ein Minenfeld. Handelskonflikte zwischen den USA und China könnten 2026 neue Eskalationsstufen erreichen, was Lieferketten erneut unter Druck setzen kann. Privatanleger müssen das Klumpenrisiko in ihren Depots prüfen: Wie abhängig sind die gehaltenen Unternehmen von globalen Lieferketten? Eine Diversifikation über verschiedene Währungsräume hinweg ist 2026 keine Option, sondern eine Pflicht, fordern Investmentstrategen. Obwohl die Inflation weitgehend eingefangen scheint, bleiben die strukturellen Defizite vieler Industriestaaten ein latentes Risiko. Hohe Staatsausgaben für Transformation und Verteidigung könnten die Zinsen langfristig höher halten als von vielen Marktteilnehmern erhofft.

Die Indikatoren bleiben uneinheitlich

Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management, macht in seiner jüngsten Analyse deutlich, wie unterschiedlich die wichtigsten Einflüsse aus dem Umfeld der Börsen sind. Das Jahr 2026 steht im Spannungsfeld zwischen dem anhaltenden KI-Investitionsboom, steigenden Schuldenrisiken und neuen fiskalischen Impulsen in Europa. Während Technologieinvestitionen und staatliche Ausgaben insbesondere in der Eurozone für moderates Wachstum sorgen, nehmen die Risiken in Bereichen wie Private Debt, Staatsfinanzen und einzelnen Marktsegmenten zu.

Und welche Indikatoren über den Verlauf der deutschen Wirtschaft sollten Sie, liebe Leser, besonders beachten? Auch hier gelten Vorbehalte. So hat sich die Stimmung unter den Unternehmen in Deutschland hat sich erneut eingetrübt, meldete vergangene Woche das Münchener Ifo-Institut, dessen Geschäftsklimaindex sank im Dezember auf 87,6 Punkte, nach 88,0 Punkten im November. Die Unternehmen blicken pessimistischer auf das erste Halbjahr 2026. Der Indikator zur aktuellen Lage blieb unverändert. Das Jahr endet ohne Aufbruchstimmung. Am Jahresende zeigt sich die Verbraucherstimmung in Deutschland enttäuschend: Während die Konjunkturerwartung stagniert, müssen sowohl die Einkommenserwartung als auch die Anschaffungsneigung Verluste hinnehmen.

Zu guter Letzt

Sie kennen mich als hartnäckigen Optimisten, geschätzte Privatanleger. Uneingeschränkte Zuversicht fällt mir zum Jahreswechsel 2025/26 aber wirklich schwer. Ich empfehle Ihnen deshalb besondere Vorsicht und an Ihren Kerninvestments festzuhalten – also internationale Aktien (gut gemischt), Rohstoffe und vor allem Gold. Es gibt aber eine weitere Alternative: Ändern Sie ihr Depot erst einmal nicht – Sie müssen in diesen Tage nicht unbedingt kaufen oder verkaufen.