Die Qual der Wahl in Europa und Asien

 03.08.21

Wohin geht die Börse? Eine alltägliche Frage, die von den Experten in aller Regel nur mit Vorbehalten und weichen Formulierungen beantwortet wird. Aus gutem Grund. Deshalb ist bemerkenswert, wie konkret die Fondsmanager der Zürcher GAM, eine unabhängige und international tätige Vermögensverwalter-Gruppe, neben der aktuellen Markteinschätzung aufzeigen, wo sie derzeit „Alpha“ für ihre jeweilige Anlageklasse sehen.

Zur Erinnerung: Ein positives Alpha besagt, dass der Fondsmanager gute Arbeit geleistet und die richtigen Wertpapiere für einen überdurchschnittlichen Ertrag ausgewählt hat. Denn das Alpha misst jenen Teil der Rendite, der nicht mit der allgemeinen Marktentwicklung zu erklären ist. Die Strategen von GAM sind zuversichtlich für die Aktienmärkte im zweiten Halbjahr 2021 und sprechen von der „Qual der Wahl“ unter vielen aussichtsreichen Werten. Hier eine Auswahl aus Europa und China:

Hinter uns liegt eine sehr gute Zeit für europäische Erträge auf der ganzen Linie. Das dritte Quartal dürfte ähnlich verlaufen, das heißt, man erwartet eine anhaltend starke Phase des Ergebniswachstums. Offensichtlich preist der Markt mehr Zyklizität ein als vor einem Jahr. Dennoch glaubt GAM, dass es weiterhin ziemlich signifikantes Aufwärtspotential gibt und das Gewinnwachstum stark sein wird. Grundsätzlich sind europäische Aktien immer noch einigermaßen fair bewertet. Besonders Aktien aus dem Energiesektor gelten als interessant, da diese Unternehmen sowohl von einem steigenden Ölpreis als auch von einem Übergang zu diversifizierteren und nachhaltigeren Geschäftsmodellen profitieren. Auch der Bausektor und Baumaterialien mit Unternehmen wie Kingspan, Grafton, Sika und Ashtead im Ausrüstungsverleih verzeichnen sehr starkes Wachstum. Einige der längerfristigen Strukturwachstums-Unternehmen bewegen sich zurück zu „wirklich attraktiven Bewertungen“, wie etwa Zalando und Adyen.

Chinesische Technologiewerte mit „überzeugendsten Alpha-Chancen“, heißt es beim Blick nach Asien. Viele disruptive Wachstumsunternehmen hatten im ersten Quartal eine sehr starke Berichtssaison und lieferten sehr gute Prognosen für den Rest des Jahres. Überlagert wurde dies vom Makroeffekt der Sorge um potenzielle Zinsanstiege, was zu einer ziemlich starken Rotationsphase innerhalb des Marktsegments führte – insbesondere bei den sehr wachstumsstarken Softwareunternehmen. Einige der Internet-Werte verzeichneten ziemlich schwere Rückschläge – Korrekturen von Höchstständen zwischen 20 und 70% waren teilweise zu beobachten. Die Disruption wird jedoch weitergehen und eine Reihe wirklich interessanter Gelegenheiten bieten. Schwerpunkte werden in den Sektoren Gesundheitswesen, Transport, industrielle Produktion, Finanztechnologie, Automatisierung der Wissensarbeit gesetzt. Gleichzeitig haben einige Werte in China im letzten Halbjahr erheblich gelitten, da die Bedenken hinsichtlich staatlicher Regulierungen zugenommen haben. Daher sehen die Analysten zunehmend

attraktive Chancen auf dem chinesischen Markt, wo das Thema Digital 4.0 eine wichtige Rolle spielt, weil China weltweit führend in der Profilierung von KI-Daten ist. Das Internet von allem bzw. Digital 4.0 ist in China vielleicht größer als in einigen anderen westlichen Märkten, daher bilden disruptive Unternehmen in China auch einen Schwerpunkt für die Vermögensverwalter im zweiten Halbjahr.

GAM bleibt in Bezug auf die japanische Börse positiv. In letzter Zeit ist der Markt ziemlich hinter den weltweiten Aktienmärkten zurückgeblieben. Dies könnte an der angespannten Covid-19-Situation in Japan liegen, während Europa und die USA relativ bessere wirtschaftliche Erholungsmuster zeigen. Es wird erwartet, dass japanische Unternehmen erneut solide Quartalsergebnisse veröffentlichen werden, da die monatlichen Aufträge respektive Verkaufszahlen in verschiedenen Industriesektoren in Schlüsselmärkten robust geblieben sind. Entspannung könnte durch reibungslose Olympische Spiele und die Ankündigung eines weiteren fiskalischen Konjunkturpakets entstehen, bevor am oder vor dem 22. Oktober Wahlen für das Unterhauses abgehalten werden. Der wahrscheinlichste Gewinner dürfte erneut die LDP-Partei sein.