Anlageklassen erst filtern, dann mischen!

 19.01.23

Und jetzt? Wall Street enttäuscht, Dax fällt unter 15.000. Das sollte man nicht überschätzen. Vorausgegangen war ein unerwartet flotter Start ins neue Jahr. Zu kurz sind die ersten Erfahrungen 2023, um mutmaßlich sichere Vorhersagen auszusprechen, zu unterschiedlich auch die Zeiträume der professionellen Prognosen. Trotzdem wieder einmal als Zwischenbilanz die Feststellung, dass der (überwiegend) vorsichtige Optimismus der Strategen (bisher) geblieben ist: Der neue Börsenjahrgang wird besser als der alte.

Eine gewiss nicht neue, aber ständig wiederholte Empfehlung für die Privatanleger lautet „Mischen!“ Nur ist die Palette längst so bunt geworden, dass man sich fragen sollte, wie man beim Mischen vorgehen sollte. Das ist in meinen Augen auch individuell zu beantworten – entscheiden Sie selbst, geschätzte Anleger, ob mit oder ohne professionelle Beratung. Erst nachdem Sie eine Auswahl (nach welchen Kriterien auch immer) getroffen haben, ist die Umsetzung für ein sinnvoll gemischtes Portfolio angesagt. Und vergessen Sie nicht den alten Spruch ungeduldiger Skatspieler: Es hat sich schon mal einer totgemischt.

Aus der beachtlichen großen Zahl neuer Marktanalysen und -prognosen habe ich nur ein paar Stichworte zusammengestellt, die auf die uneinheitlichen Einschätzungen der Börsenprofis hinweisen. 60 % der professionellen Anleger sagen, dass sie ihre Risikobereitschaft in den nächsten 12 Monaten steigern werden. Die zunehmende Schwierigkeit, attraktive Renditen zu erzielen, führt dazu, dass Anleger ihr Risikoprofil erhöhen. Untersuchungen zeigen, dass das Aktienengagement der Anleger in den nächsten zwei Jahren (zum Teil stark) aufstocken wollen, berichtet die Managing Partners Group aufgrund einer Umfrage.

Bankanleihen sind definitiv eine Überlegung wert, findet Richard Woolnough, Fondsmanager des M&G (Lux) Optimal Income Fund. Momentan werden die Papiere trotz guter Fundamentaldaten der Branche und einem Umfeld, das auf steigende Renditen hoffen lässt, mit Abschlägen und Neuemissionsprämien gehandelt. Jetzt könnte also möglicherweise für Anleger der geeignete Zeitpunkt zum Einstieg sein. Seit Jahresbeginn hat der Bitcoin über 25 Prozent an Wert gewonnen. Laut DZ Bank- Analyst Marcel Heinrichsmeier profitiert die älteste Kryptowährung der Welt von der stark verbesserten Stimmung an den Finanzmärkten. Trotzdem betont er, dass das Vertrauen offenbar vor allem von institutionellen Investoren in Kryptowährungen durch jüngste Skandale gelitten hat. Zudem sei die globale Wirtschaftslage weiterhin sehr volatil, was den Kurs schnell wieder sinken lassen könnte. David Wehner, Senior Portfoliomanager bei der Do Investment AG, ist überzeugt, dass die Kapitalmärkte auch 2023 durch sehr breite Handelsspannen geprägt sein werden. Zudem besteht das Risiko, dass die Märkte im Jahresverlauf die Tiefststände aus 2022 noch unterbieten. Nur durch eine aktive Allokations- und Selektionssteuerung wird es im aktuellen Marktumfeld möglich sein, positive Renditen zu erwirtschaften. Nach Einschätzung von Thomas Böckelmann, leitender Portfoliomanager derVermögensmanagement Euroswitch, spricht bei der Aktienanlage 2023 vieles für ein stark selektives Portfolio in global erfolgreiche Unternehmen – mit besonderem Augenmerk auf Europa und die passende Aktienbewertungskennzahl. Der generelle Vorteil Europas liegt in seinem grundsätzlichen Nachholpotenzial in den Bereichen Infrastruktur und Technologie: „Aktien sind jedoch mit Sorgfalt selektiv zu wählen.“

Nach meinen Beobachtungen der vergangenen Tage ist das internationale Interesse an asiatischen Schwellenländern nach wie vor groß, wie aus mehreren Marktanalysen hervorgeht. Auffallend unterschiedlich sind dagegen die Empfehlungen zum Thema Aktien oder Anleihen – der Rentenmarkt bleibt (neben den Aktien) im Fokus und wird nicht selten zur Beimischung genannt.