Für Stockpicker gibt’s noch reichlich Futter

 11.11.21

Der Dax (und nicht nur der) signalisiert zwar anderes, dennoch bleibe ich bei meiner kurz- bis mittelfristigen Skepsis für die Aktienmärkte. Meine Sorgen wachsen mit den täglichen Corona-Infektionszahlen. Über uns schwappt momentan die vierte Welle einer Pandemie, deren (wirtschaftliche) Folgen gar nicht abzusehen sind. Dennoch sieht es so aus, als würden sich führende internationale Investment-Profis wieder zunehmend zum Lager der Börsen-Bullen bekennen. Sie setzen aufs kommende Jahr, das eine Beschleunigung des wirtschaftlichen Wachstums und eine Normalisierung der Inflationsraten bescheren soll. Schön wär’s ja. Allein mir fehlt noch der Glaube.

Ein Beispiel für den Optimismus liefert der Investment-Gigant AllianceBernstein: Das Wirtschaftswachstum vermittelt weiterhin einen robusten Eindruck, denn die Einführung von Impfstoffen hat zusammen mit den auf globaler Ebene fortgesetzten geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen dazu geführt, dass die Weltwirtschaft wieder in Fahrt gekommen ist. Wir gehen davon aus, dass die aufgestaute Nachfrage von Konsumenten und Unternehmen das Wachstum weiter unterstützen wird, während sich die Volkswirtschaften zunehmend wieder öffnen und die Erwartungen an die Unternehmensgewinne weiter nach oben korrigiert werden. Dies deutet darauf hin, dass die Corona-Pandemie kaum langfristigen wirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen wird.

Ganz ähnlich liest sich der positive Ausblick auf 2022 der Deutschen Bank: Die Gewinne der börsengelisteten Unternehmen sollten „kräftig zulegen“ und damit dem deutschen Aktienmarkt Rückenwind verschaffen. Angesichts der im Vergleich zu anderen Regionen wie den USA eher moderaten Bewertung – das Kurs/Gewinn-Verhältnis für die erwarteten Gewinne in den kommenden zwölf Monaten steht aktuell bei 14,8 – ist der Chef-Anlagestratege Ulrich Stephan mit Blick auf den Dax „weiterhin optimistisch“.

Wie auch immer, für den Aktienkäufer bleibt das Stockpicking die angesagte Taktik. Das lässt sich auch aus den täglichen Lageberichten und Prognosen der börsennotierten Unternehmen ableiten. Denn die sind so unterschiedlich wie die anschließenden Kursreaktionen in beide Richtungen. Für Anfänger: Als Stockpicking wird das gezielte Investieren in einzelne, börsennotierte Unternehmen bezeichnet. Durch Auswahl von Aktien nach bestimmten Kriterien wird versucht, eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen.

Interessant ist für meinen Geschmack auch eine Liste von defensiven europäischen Aktien, die von der unabhängigen Analyse- und Ratinggesellschaft Morningstar jetzt vorgelegt worden ist. Dabei wurden Unternehmen mit strategischen Wettbewerbsvorteilen herausgesucht, die sich in einem Umfeld niedrigen Wachstums robust entwickeln könnten: Anheuser-Busch InBev, Novartis, Roche Holding, Sanofi, British American Tobacco, GlaxoSmithKline, Imperial Brands, Unilever, Reckitt Benckiser Group, Elekta.

Vielleicht fühlen sich die Bullen unter Ihnen, geschätzte Anleger, auch durch den Karnevals-Auftakt motiviert. Da gilt das Kölsche Grundgesetz „Et hätt noch emmer joot jejange“ (Es ist bisher noch immer gut gegangen). Was gestern gut gegangen ist, wird auch morgen funktionieren.