Der onvista-Börsenfuchs: Geld-Themen nicht tabuisieren

 10.11.21

Hallo Leute! „Über Geld spricht man nicht, das hat man“, so ein bekanntes Sprichwort. Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Postbank verhält sich die Mehrheit der Deutschen dementsprechend: Für 70 Prozent sind Gespräche über die Kohle (vor allem die eigene) tabu.

Stopp! Das ärgert mich. Denn wir sollten häufiger ganz gelassen über Geld sprechen – wenn’s ums Einnehmen und ums Ausgeben geht. Und „tabu“? Nee, das ist wirklich übertrieben und einer von vielen heiklen Begriffen, für die „tabu“ insbesondere in den Medien allzu gern verwandt wird (erhöht die Aufmerksamkeit). Ob Ost- oder Westdeutscher, Mann oder Frau, Gering- oder Besserverdiener – das „Tabu“ zieht sich quer durch alle Bevölkerungsschichten. Mit einer Ausnahme: Junge Menschen gehen vergleichsweise offen mit Finanzthemen um, erläutert die Postbank. 80 Prozent der unter 30-Jährigen plaudern in der Öffentlichkeit über ihr Einkommen (Durchschnitt: 56 Prozent), 64 Prozent über ihre Geldanlage (Durchschnitt: 42 Prozent) und 53 Prozent schweigen sich nicht einmal über ihre Schulden aus (Durchschnitt: 40 Prozent). Ob sich diese Offenheit gegenüber Geldthemen mit fortschreitendem Alter auswächst oder ob eine Generation heranwächst, die eine offene Gesprächskultur in Sachen Finanzen pflegt, bleibt abzuwarten.

Um den Begriff „Tabu“ zu enttabuisieren, wäre es nützlich, ihn einfach nicht mehr so oft zu verwenden und im Fall von Geld das Gegenteil zu üben – beispielsweise über Finanzen (mit positivem oder negativem Vorzeichen) auch zu sprechen, wenn die Kinder dabei sind. So etwa beim gemeinsamen Abendessen. Tabu stammt übrigens aus dem Sprachraum Polynesiens. Tabu als Begriff fand Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend Eingang in die deutsche Sprache, und zwar sowohl als Adjektiv („etwas ist tabu“) als auch als Substantiv („etwas ist ein Tabu“). Als Eigenschaftswort bezeichnet tabu einen Zustand, der mit „unverletzlich“, „heilig“, „unberührbar“ beschrieben werden kann: Tabuisierte Dinge – so die religiöse Vorstellung der Polynesier – müssten streng gemieden werden, da sie gefährliche Kräfte besäßen.

Hey, wir glauben nicht nur, sondern wissen natürlich, dass Geld nicht „streng gemieden“ werden sollte. Denn das Geld selbst besitzt keine „gefährlichen Kräfte“. Vielmehr kann es zur Gefahr werden, wenn wir leichtsinnig mit ihm umgehen oder zu wenig vom Sparen und Anlegen wissen. Also reden wir unverkrampft und tabulos über Chancen und Risiken der Geldanlage. Und wenn es einmal Gründe oder Anlässe gibt, mit anderen nicht über sein Geld zu diskutieren, müssen wir das Thema doch nicht dauerhaft tabuisieren.