KUTZERS CORNER

Was Börsenprofis vorhersagen – ein Stimmungsbild 

25.05.25

Wie ist die aktuelle Börsenverfassung? Sie ändert sich fast täglich, mitunter stündlich. Schuld sind die geopolitischen Krisen und der Zollstreit.

Es fällt schwer, die aktuelle Entwicklung der Weltwirtschaft einzuordnen oder gar zu prognostizieren. Optimistische Anleger werden deshalb enttäuscht sein, wenn Trump’sche Drohungen die Aktienmärkte überlagern – wie am vergangenen Freitag – und damit die Rekordlaune von Dax & Co. empfindlich dämpfen. Um über den Tag hinweg zu blicken, habe ich im Folgenden ein paar typische Stimmen von Analysten und anderen Börsenstrategen aufgegriffen.

Wirtschaft wächst doppelt so stark wie erwartet. Unerwarteter Rückenwind inmitten der Konjunkturflaute: Die kriselnde deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal mit 0,4 Prozent doppelt so stark gewachsen wie zunächst geschätzt. Das teilte das Statistische Bundesamt zuletzt mit. Steigende Exporte und höhere Konsumausgaben der Verbraucher sorgten für Auftrieb beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) zum Vorquartal. Ökonomen hatten im Schnitt mit einer Bestätigung der Erstschätzung gerechnet. Grund für das höhere Wachstum sei die „überraschend gute konjunkturelle Entwicklung im März", erläuterte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand.

Auch der Ifo Geschäftsklima-Index steigt

Auch der eigentlich viel beachtete Indikator Ifo Geschäftsklima für Deutschland ist im Mai erneut leicht gestiegen und liegt nun bei 87,5 Punkten. Diese Verbesserung ist jedoch allein auf eine Aufhellung der Geschäftserwartungen zurückzuführen, denn die Bewertung der aktuellen Lage gab im Mai leicht nach. Kommentieren die Experten der DZ Bank: Offenbar belasten die Befürchtungen vor möglichen Einschränkungen durch die US-Zollpolitik die Stimmung der Unternehmen derzeit weniger. Zudem dürften die Aussichten auf eine stärkere Staatsnachfrage aufgrund des Infrastrukturpakets und der höheren Verteidigungsausgaben den Geschäftserwartungen Auftrieb gegeben haben. Bis diese jedoch tatsächlich wirken, wird es noch dauern. Daher bleibt die Lage schwierig.

Darüber hinaus bleibt unklar, wie die Zollverhandlungen zwischen der EU und den USA verlaufen werden. Ein Scheitern der Gespräche oder ein für Europa ungünstiger „Deal” würde die Unternehmensstimmung mit Sicherheit wieder belasten.

Gründe, um an Ort und Stelle zu bleiben

Relativ gelassen geben sich die Strategen von Allianz Global Investors in ihrer neuen Marktanalyse: „Wir sind der Meinung, dass es für Anleger ein Fehler sein könnte, ihr Engagement an den Märkten ganz zu reduzieren. Wir sehen vier Gründe, warum Anleger investiert bleiben sollten.

Die bisherigen Marktbewegungen sind nichts Ungewöhnliches: Es kann zwar einige Zeit dauern, bis sich die Märkte beruhigen, aber die ermutigende Nachricht ist, dass die derzeitigen Bewegungen bei den Aktien mit früheren Marktkorrekturen übereinstimmen.

Eine Erholung könnte in Sicht sein: Es lohnt sich, daran zu erinnern, dass selbst nach den größten Kurseinbrüchen an den Märkten die anschließende Erholung stark war. So erzielten die globalen Aktienmärkte nach der globalen Finanzkrise 2009 in den folgenden drei Jahren eine kumulierte Rendite von mehr als 100 %.

Ausstieg birgt Inflationsrisiken

Der Ausstieg aus den Märkten birgt Inflationsrisiken: Bei unruhigen Märkten kann es klug sein, an der Seitenlinie zu bleiben, aber Vorsicht vor der Inflation. Da die Inflation derzeit überdurchschnittlich hoch ist (und die Gefahr besteht, dass sie noch weiter steigt), könnte das Geld, das an der Seitenlinie liegt, seine Kaufkraft verlieren.

Umstrukturierung und Neupositionierung: Umsichtiger als langfristiger Ansatz kann im derzeitigen Umfeld darin bestehen, das Portfolio neu zu strukturieren und neu zu positionieren. Bei Aktien und festverzinslichen Wertpapieren können sich fair bewertete Chancen ergeben, die die Anleger in der Vergangenheit übersehen haben könnten.

Psychologische Motive herrschen vor

Und wie ist die das Sentiment an der Frankfurter Börse? Deren jüngster Wochenbericht liefert kein klares Bild: Per Saldo hat sich die Stimmungskluft zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren gegenüber der Vorwoche kaum verändert. Ob der heute erkennbare neue Pessimismus bei Letzteren tatsächlich auf eine Neubewertung des makroökonomischen Umfeldes zurückgeht, scheint indes fraglich, schreibt der zuständige Frankfurter Verhaltensforscher Joachim Goldberg (Stand Mittwochabend). Zumindest psychologisch ist es einfacher, den Dax auf hohem Niveau zu „shorten“, als womöglich zum höchsten Kurs des Aufwärtstrends gekauft zu haben.

Wir gehen allerdings nicht davon aus, heißt es weiter, dass die Pessimisten von heute einen Absturz des Dax befürchten, sondern die Shortpositionen eingegangen sind, um diese Engagements auf niedrigerem Niveau wieder einzudecken. Und so können wir uns in diesem Zusammenhang vorstellen, dass im Falle eines Rücksetzers erste Nachfrage aus diesen Quellen im Bereich zwischen 23.450 und 23.500 Zählern dem Dax eine Stütze sein wird.

Unter dem Strich hat sich also die Situation des Dax gegenüber der Vorwoche nicht verschlechtert. Und sollten die langfristigen Kapitalzuflüsse – vornehmlich aus dem Ausland – anhalten, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Pessimisten von heute am Ende dem Trend des Dax hinterherrennen müssen.