ZEW-Umfrage ist noch kein Vitaminstoß für den Dax

 18.01.22

Auch wenn spontan keine entsprechende Reaktion der Börse zu erkennen war – das mit Spannung erwartete ZEW-Barometer signalisiert Hochstimmung im Bullenlager. Die Finanzmarktteilnehmer sind für die nächsten sechs Monate viel zuversichtlicher, als man es erhoffen durfte. Denn die erste Befragung des Mannheimer Instituts im neuen Jahr fällt deutlich positiver als im Dezember aus: Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland machen in der aktuellen Umfrage einen Sprung um 21,8 Punkte nach oben und landen auf einem neuen Wert von 51,7 Punkten. Allerdings verschlechtert sich die Einschätzung der konjunkturellen Lage erneut.

Nicht die Tatsache an sich, sondern das Ausmaß der Zuversicht ist eine Überraschung. Dazu erläutern die ZEW-Forscher: Der Konjunkturausblick verbessert sich mit Beginn des neuen Jahres ganz erheblich. Die konjunkturelle Schwächephase des vierten Quartals 2021 dürfte bald überwunden sein. Der wesentliche Grund dafür ist die Vermutung, dass sich die Corona-Inzidenzen bis Frühsommer deutlich abschwächen werden. Die positiveren Konjunkturerwartungen betreffen mit den konsumnahen und den exportorientierten Sektoren einen großen Teil der deutschen Wirtschaft.

An der Umfrage im Rahmen des ZEW-Finanzmarkttests haben sich 178 Analysten und institutionelle Anleger beteiligt. Sie wurden nach ihren mittelfristigen Erwartungen bezüglich der Konjunktur- und Kapitalmarktentwicklung befragt.

In den Veröffentlichungen von Investmentfonds und anderen Vermögensverwaltern seit dem Jahreswechsel überwog bereits Optimismus – jedoch eher mit Vorsicht. Insbesondere das erste Quartal könnte noch weitere Belastungen für Wirtschaft und Kapitalmärkte bringen. Etwa ab Jahresmitte, so der Tenor vieler Analysen und Prognosen, dürfte es wieder schwungvoll aufwärts gehen. Parallel dazu geht man von einer tendenziellen Normalisierung der Inflationsraten aus.

Nur sollten die neuen Umfrageergebnisse nicht den Eindruck erwecken, als seien die positiven Aussichten auch nur annähernd sicher. Denn die Pandemie bleibt unberechenbar. Und die außenpolitischen Ost-West-Spannungen (Ukraine-Konflikt) werden von den Börsianern eher verdrängt. Richtungsweisend in diesem Jahr wird auch sein, welche Schritte von den Notenbanken unternommen werden – und wann. Nicht wenige Fachleute befürchten in diesem Zusammenhang, dass ein deutlicher Rückgang der Teuerung so schnell nicht kommen wird. So sieht auch der designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz die aktuell hohe Inflationsrate als längerfristiges Phänomen an und fordert eine Antwort der Europäischen Zentralbank darauf.

So viel Optimismus, wie jetzt mehrheitlich an den Tag gelegt, tut gut. Es ist ein Signal, das der Börse Rückhalt geben kann. Auch wenn ich selbst zum Bullen-Lager gehöre, möchte ich Ihnen empfehlen, geschätzte Anleger, bis auf Weiteres von einer wackligen, volatilen Kursentwicklung am Aktienmarkt auszugehen.