Aktienfans sollten auf ein starkes Fundament setzen

 10.02.22

Manche Anleger können oder wollen nicht nur zuschauen. An die schwerwiegenden Unsicherheitsfaktoren im Börsenumfeld hat man sich mittlerweile gewöhnt – aber wohin mit der Kohle? Unter den privaten Aktienfans gibt es nicht nur Zocker, Trader und Schnäppchenjäger, aber durchaus konservative Marktteilnehmer, die nicht (nur) von den langfristigen Vorteilen der Aktie profitieren, sondern kurz- bis mittelfristig mitmischen wollen. Sie gehören in aller Regel zum wachsenden Kreis der Selbstentscheider. Ihnen liefert die laufende Berichtssaison die nötige Fantasie – gerade in diesem Jahr.

Deshalb meine Anregung für die Kaufwilligen: Verfolgen Sie die Veröffentlichungen neuer Geschäftszahlen und -prognosen! Und beobachten Sie zeitnah die Reaktion der Börse. Denn trotz allen Krisen-, Inflations- und Zinssorgen kommt es letztlich auf die Entwicklung der Aktiengesellschaften selbst an. Es geht um deren „fundamentale“ Daten. Denn der unsicher-volatile Dax sorgt zwar für das Gesamtbild, zeigt aber nicht das uneinheitliche Auf und Ab der Einzelwerte. Und jedermann ist klar, wie wichtig das Fundament für jedes Gebäude ist (das aus dem Althochdeutschen übernommene Wort bedeutet „Grund, Grundlage“ von lateinisch „fundamentum“ und „fundare“).

Dazu nur ein paar aktuelle Beispiele. Für die heimische Wirtschaft und Börse spricht eine neue Ifo-Umfrage: Die deutsche Industrie kann mit den aktuellen Auftragsbeständen so lange produzieren wie nie zuvor: Sie reichen für die nächsten 4,5 Monate. Das gab es noch nie seit wir diese Frage im Jahr 1969 zum ersten Mal gestellt haben, erläutert das Münchner Institut. Die Auftragseingänge der vergangenen Monate konnten nicht abgearbeitet werden, weil den Unternehmen wichtige Vorprodukte und Rohstoffe fehlten. Sollten sich die Engpässe in den kommenden Monaten auflösen, könnte die Produktion in der deutschen Industrie durchstarten. Und das dürfte die Wirtschaftsleistung dann kräftig anschieben. Besonders groß ist der Auftragsbestand in der Autoindustrie (Hersteller und Zulieferer) mit einer geschätzten Produktionsdauer von 8,0 Monaten, im Maschinenbau (6,1 Monate) und bei den Herstellern von Datenverarbeitungsgeräten (5,0 Monate).

Passend dazu hat Siemens starke Zahlen für das erste Quartal seines Geschäftsjahres vorgelegt. Konzernchef Roland Busch freut sich über einen „beispiellosen Boom beim Auftragseingang“. Voller Hoffnung ist auch SAP: „Wir werden wieder zweistellig wachsen. Das ist nicht mehr so lang hin", sagte Vorstandssprecher Christian Klein auf einer Konferenz am Mittwoch. Nächstes Jahr, 2023, werde der Gewinn wieder zweistellig. Kurz danach soll auch der Gesamtumsatz wieder zweistellig wachsen.

Natürlich lohnt sich auch anderswo die Suche nach fundamental starken Aktiengesellschaften. Ein beliebtes Beispiel von der Wall Street: Der US-Unterhaltungsriese Walt Disney meldet sich mit starken Quartalszahlen aus der Corona-Krise zurück. Die Vergnügungsparks liefen zum Jahresende wieder rund – und auch das Streaming-Geschäft brummte. In den drei Monaten bis Anfang Januar kletterten die Erlöse im Jahresvergleich um 34 Prozent (!).

Übrigens: Im Rahmen der Diskussion, ob „Growth“ oder „Value“ als Aktienstil zu favorisierten sind (momentan steht Value im Vordergrund), würde ich die Mischform „Blend“ empfehlen. Denn besonders attraktiv sind jene Titel, die beides kombinieren – denn wer gemessen am Kursniveau als besonders wert-voll gilt, verzeichnet meist auch geschäftliches und Ertragswachstum.