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 22.02.22

Haben Analysten und Anleger nicht kapiert, was Wladimir Putin gestern Abend eingeleitet hat? Will die Börse nicht wahrhaben, dass die internationale Diplomatie (wieder einmal) versagt hat und deshalb schwerwiegende Folgen drohen? Mehr sei zum Russland-Ukraine-Konflikt, der im Grunde ein Ost-West-Konflikt ist, an dieser Stelle nicht gesagt. Die parallele Kursentwicklung ist in meinen Augen nicht weniger als eine Sensation. Denn der Dax war zum Wochenauftakt zunächst um gut 2 Prozent abgerutscht und nachbörslich dann um mehr als 5 Prozent eingebrochen. Bis heute Mittag wurde alles aufgeholt – also eine Größenordnung von rund 500 Punkten gegenüber dem vorangegangenen Tief! Ich gebe zu: Ein von mir zuvor nicht erwarteter Crash hätte mich jetzt nicht mehr überrascht.

Noch bilden Liquidität und Konjunkturverlauf eine Stütze für die Börse. Der heutige Ifo-Bericht zum Geschäftsklima liest sich aber wie von vorgestern: Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich merklich verbessert. Der Geschäftsklimaindex ist im Februar von 96,0 auf 98,9 Punkte gestiegen. Die Unternehmen waren mit ihren laufenden Geschäften zufriedener. Die Erwartungen verbesserten sich sogar deutlich. Die deutsche Wirtschaft setzt auf ein Ende der Coronakrise. Soweit Ifo. Gilt das heute immer noch?

Ohne über die nächsten russischen Schritte und die westlichen Sanktionen als Reaktion spekulieren zu wollen – wir müssen uns auf folgende perspektivische Veränderungen einstellen:

Wir stehen am Anfang eines längerfristigen geopolitischen Prozesses mit der Gefahr eines Kriegs auf europäischem Boden. Die einzelnen Schritte sind unberechenbar, werden aber alle Beteiligten – auch die Bevölkerung – in Mitleidenschaft ziehen. Ähnlich wie durch die langanhaltende Virus-Pandemie müssen Analysen und Prognosen zu den Wirtschaftsaussichten in den kommenden Wochen überarbeitet werden. Auch eine Neubewertung der Aktienmärkte ist wahrscheinlich.