Und wenn doch ein Wunder geschieht?

 17.04.22

Wie (und wann) können die Krisen und Kriege überwunden werden? Vielleicht mit dem Geist des christlichen Glaubens – gerade jetzt in der Osterzeit. Ja, es fällt außerordentlich schwer, angesichts der erschütternden Bilder vom Tod in der Ukraine auf die Wiederauferstehung zu setzen. Doch sollten wir das Prinzip Hoffnung nie aufgeben – im Einzelnen wie im großen Ganzen. Das gilt nicht nur für ein profanes Thema wie die Börse. So bekräftige ich heute noch einmal: Wenn es in naher Zukunft doch eine diplomatische Lösung geben sollte, wären die positiven Folgen nicht nur für die betroffenen Menschen in der Ukraine, sondern für uns alle ein wahrer Segen. Wir könnten auch deshalb aufatmen, weil Frieden volkswirtschaftlich gesehen gleichzusetzen wäre mit einer Wiederbelebung des Wirtschaftswachstums und einer tendenziellen Normalisierung der Preise. Darauf wartet (voller Hoffnung) auch die Börse.

Vergessen wir nicht, dass die global verheerende Virus-Pandemie unglaubliche Schäden hinterlassen hat – nach gut zwei Jahren aber an Schrecken verliert. Hier wurden die Zusammenhänge zwischen Krankheit und Genesung in dramatischer Weise spürbar, weil nicht nur lokal begrenzt. Dennoch wurde die Wende durch eine Bündelung der Kräfte auf allen Ebenen möglich. Und schon früh konnten sich auch die Kurse am Kapitalmarkt erholen.

Corona hat zudem die immer enger werdenden internationalen Zusammenhänge und wirtschaftlichen Folgen deutlich gemacht. Und der russische Einmarsch in die Ukraine verstärkt die Globalisierung eher noch. Daran wird sich auch durch Re-Nationalisierungsstrategien nichts ändern – auch nicht durch das Bestreben nach Unabhängigkeit bei der Energieversorgung. Dennoch geht es nicht nur um geopolitische, sondern zugleich um ökonomische Interessen. Die Verknappung bei den Rohstoffen, massive Störungen im grenzüberschreitenden Handel und der unerwartet steile Inflationsanstieg erweisen sich als schwere Belastung für die Weltwirtschaft.

Versuchen Sie sich die Folgen auszumalen, geschätzte Anleger, wenn der Deutsche-Bank-Vize Karl von Rohr mit seinen Warnungen Recht bekommen sollte: „Unsere Prognose ist, dass wir im Laufe des Jahres bei einer Inflationsrate von 7 bis 8 Prozent liegen werden", sagte er in einem Interview. Für den Fall, dass Energieimporte stärker limitiert würden, "könnten wir sogar 10 Prozent und mehr sehen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir Inflationsraten bekommen könnten, wie wir sie seit den siebziger Jahren nicht mehr gesehen haben."

Momentan beruht die Hoffnung auf der Erfahrung, dass sich die Propheten immer wieder geirrt haben. Eine baldige Normalisierung der Inflation käme aus heutiger Sicht aber einem Wunder gleich. Mich erinnert die Lage auch an Katja Ebsteins Hit von 1970: „Wunder gibt es immer wieder, heute oder morgen können sie geschehn. Wunder gibt es immer wieder, wenn sie dir begegnen, musst du sie auch sehn.“