Trump verhindert weiter einen
längerfristigen Ausblick
31.08.25
Amerika liefert Schlagzeilen, aber kein Vertrauen. Das erhärtet den Verdacht, es stünde eine länger unsicher-wechselhafte Börsenphase bevor. Ich erzähle das von Zeit zu Zeit gerne, um zu erklären, dass allein die aktuelle Bewertung von Aktien („billig“ oder „teuer“) nicht unbedingt den Anlass für Käufe oder Verkäufe liefern sollte. Momentan verhindern nationale und internationale Krisen und Kriege in der jüngeren Geschichte mehr denn je eine nachhaltige Richtung der Börsenkurse. Für heftige Stimmungsbelastungen der Wirtschaft sorgt schon die Politik von US-Präsident Donald Trump.
Analysten sehen Vertrauensverlust in den Dollar
In dem zunehmend schwieriger werdenden Börsenumfeld überprüfen Volkswirte und Analysten deshalb ihre strategischen und taktischen Empfehlungen. Im Ergebnis sind diese auffallend uneinheitlich, weil unsicher. Ein neuer Blickpunkt ist die Einflussnahme des US-Präsidenten auf die Notenbank. Dazu beschreibt Warburg-CIO Christian Jasperneite in seinem jüngsten Kapitalmarkt-Kompass die möglichen Folgen:
Donald Trump hat überraschend die Fed-Gouverneurin Lisa Cook entlassen. Ob dieser Schritt rechtlich Bestand haben wird, ist offen – ein Nachspiel scheint möglich. Klar ist jedoch: Für die Märkte kann dieser Eingriff erhebliche Folgen haben. Wenn Trump damit seinen Einfluss auf die Geldpolitik ausbauen will, wirkt das auf den ersten Blick attraktiv – schwächerer Dollar, niedrigere Zinsen, mehr Wachstum. „Aber langfristig droht ein Vertrauensverlust in die wichtigste Notenbank der Welt“.
Im Wesentlichen geht es um drei Ausgangsfragen:
1) Worin soll ich investieren?
2) Soll ich sofort einsteigen oder auf Markteinbrüche warten?
3) Soll ich den gesamten Betrag auf einmal investieren oder in Tranchen aufteilen?
Während das Hauptaugenmerk von Finanznachrichten auf der ersten Frage liegt, widmen wir uns den letzten beiden Fragen. Dabei lautet die Arbeitshypothese: Den perfekten Einstiegszeitpunkt an den Börsen zu treffen, ist nahezu unmöglich. Wer langfristig investiert, sollte daher zügig beginnen, denn zu langes Abwarten kostet häufig Rendite.
Eine einfache Strategie gibt es nicht
Und das sind Erkenntnisse nicht nur von M.M. Warburg: Eine einfache, allgemeingültige Timing- und Branchenstrategie gibt es nicht. Die optimale Einstiegsstrategie hängt neben der Risikotragfähigkeit und den Renditezielen vor allem vom vorherrschenden Marktregime ab. In seitwärts oder abwärts tendierenden Phasen sind eine verhaltene Anfangsaktienquote und disziplinierte Nachkaufregeln nach größeren Rücksetzern sinnvoll. In Aufwärtsmärkten ist frühes und möglichst umfassendes Investieren zu überlegen. Langes Warten oder hohe Einstiegshürden können das Renditepotenzial schmälern.
Weil sich das künftige Marktregime im Voraus nicht mit absoluter Sicherheit bestimmen lässt, bietet sich bei größeren Einmalbeträgen als pragmatischer Mittelweg an, das Volumen in zwei bis drei Tranchen aufzuteilen und zeitlich gestaffelt nach klar definierten Regeln zu investieren. Solche Leitplanken reduzieren das Risiko emotionaler Entscheidungen. Typische Fallstricke sind Selbstüberschätzung, die Illusion des perfekten Timings, der Herdentrieb, der sogenannte Dispositions-Effekt (Gewinne zu früh realisieren, Verluste aussitzen) sowie die Entscheidungslähmung. Eine automatisierte Ausführung der Käufe hilft, diese Fehler zu minimieren.
Für Anleger ohne größere Einmalbeträge stellt sich die Timing-Frage weniger. Hier bewähren sich regelmäßige Sparpläne. Eine breite Diversifikation, ein klares Zielbild und ein konsistenter Anlageprozess bleiben dabei die wichtigsten Bausteine für den langfristigen Erfolg.
Investieren in das „Multiversum“ der Kapitalanlage
Die Welt verändert sich in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit. Hans-Jörg Naumer, Vordenker bei Allianz Global Investors, befasst sich in seiner neuen Studie mit dem „Multiversum“ der Kapitalanlage. Disruption läuft in vier Dimensionen ab: Während die Weltwirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität dekarbonisiert wird, die Handelskriege die Deglobalisierung anschieben, der demographische Wandel immer mehr Menschen aus dem Arbeitsleben ausscheiden lässt, als neue dazukommen, gewinnt die Digitalisierung geradezu atemberaubend an Fahrt. Das zeigt aber auch: Wer investiert, sollte breit in ein sich änderndes „Multiversum“ an Anlagemöglichkeiten investieren und bereit sein, Anpassungen vorzunehmen. Die Kunst ist dabei nicht nur, die Veränderung in der Kapitalanlage einzufangen, sondern auch die Diversifikation nicht aus dem Auge zu lassen. Im Gegenteil. „Niemals alle Eier in einen Korb legen“ – diese Volksweisheit kommt hier ins Spiel. Sie hat eine tiefe Verankerung in der Portfoliotheorie. Der Fachterminus dafür ist „Diversifikation“. Das Ziel: die Verbesserung des Risiko-Ertrags- Profils einer Anlage durch das Streuen der Anlagegelder auf viele (lateinisch „multi“) Vermögenswerte (englisch „assets“).
Zu guter Letzt
Auf jeden Fall möchte ich Ihnen – insbesondere den Anfängern – zwei allgemeine Empfehlungen mit auf den Weg geben, die auf langjährigen Beobachtungen beruhen: Nehmen Sie sich mehr Zeit für Ihre Anlageplanung, geschätzte Anleger, und lassen Sie die Hände weg von Investments, die Sie nicht verstehen!
Viele von Ihnen, geschätzte Anleger, fragen sich seit Wochen, was man vom aktuellen Niveau der Aktienkurse halten soll. Kann man jetzt wieder kaufen, zumindest an schwächeren Börsentagen? Das erinnert mich an eine Episode, die mich vor vielen Jahren auf einem Investmentkongress in Kalifornien beeindruckt hatte. Der prominente Keynote Speaker überraschte die Profis am Schlusstag zunächst mit einem größeren Umschlag: „Ich habe hier die Zettel von 100 Aktien drin, die wirklich billig sind. Wer bietet dafür?“ Überraschtes Schweigen. Sodann präsentierte er einen zweiten Umschlag: „Hier sind die Namen von anderen 100 Aktien enthalten, die aber steigen werden. Nicht unbedingt Cheap Stocks.“ Gelächter und Applaus signalisierten Zustimmung der Kongressteilnehmer. Man hatte verstanden.