Inzwischen hat wohl der Letzte begriffen, dass der Hauptantrieb für den Aktienmarkt von Liquidität und Zinsen ausgeht. Die vergangene Woche war nicht der letzte Beweis für das Gewicht der Geldpolitik. Es bedarf keiner besonderen Prognosefähigkeit zu behaupten, dass wir auch in den kommenden Monaten über Tun und Lassen der Notenbanken diskutieren werden. Verlieren damit die fundamentalen Daten, also Konjunktur und Unternehmenserträge, für die Börsenbewertung an Bedeutung? Auf Dauer gewiss nicht. Und wer genau beobachtet, wird in Amerika wie in Europa die Zusammenhänge erkennen.
Es gibt keine Zweifel, dass unsere wirtschaftliche Entwicklung und teilweise auch die Gewinnentwicklung der Aktiengesellschaften enttäuscht haben. Anders in den USA. In Europa versucht die EZB mit allen Mitteln – in Fachkreisen höchst umstritten – eine Deflation mit anschließender Rezession zu verhindern. Jenseits des Atlantiks dagegen sind die Daten aus der Wirtschaft aus Börsensicht schon fast zu gut, was die Sorgen über einen früher als bisher erwarteten Zinsanstieg schürt. Beide Aktienmärkte zeigen sich aber in einer starken Verfassung.
Realität ist, dass die Wirtschaft in der Euro-Zone nicht in die Gänge kommt. Sie stagnierte in den Monaten April bis Juni zum Vorquartal, wie das Europäische Statistikamt in einer zweiten Schätzung bestätigt hat. In Deutschland und Italien schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sogar um 0,2 Prozent. Aber: Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im Juli so kräftig gesteigert wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. Industrie, Baubranche und Energie-Erzeuger erhöhten ihren Ausstoß zusammen um 1,9 Prozent zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Freitag in Berlin mitteilte. Zuvor hatten bereits die Industrieaufträge mit 4,6 Prozent so stark zugelegt wie seit gut einem Jahr nicht mehr. Damit steigen die Chancen, dass die deutsche Wirtschaft jetzt doch in Schwung kommt. In den USA ist die Erholung am US-Arbeitsmarkt jetzt leicht ins Stocken geraten und lässt die Aussichten auf eine baldige Zinswende doch erst einmal wieder schwinden.
Es gibt hierzulande vereinzelt Volkswirte und Analysten, bei denen die Enttäuschung über den bisherigen gesamtwirtschaftlichen Jahresverlauf tief sitzt. Sie halten deutsche Aktien deshalb für hoch bewertet und sehen Abwärtspotenzial. Die klare Mehrheit der Strategen, nicht zuletzt die ausländischen Banken und Fondsgesellschaften, bleiben für Europa und die wirtschaftlichen Perspektiven aber betont positiv gestimmt. Das gilt gleichermaßen für die Ertragsaussichten der Unternehmen. Typisch, was Metzler dazu schreibt: Ende der Wachstumspause in Sicht, Wachstumsbelebung in der Eurozone wahrscheinlich.
Interessant ist aber auch der Blickwinkel der schon seit langem pessimistischen Helaba: Kurspotenzial ergäbe sich erst dann, wenn sich durch die neuerlichen Lockerungsmaßnahmen der EZB die Konjunktur- und damit die Gewinnerwartungen wieder verbessern würden. Wegen der bereits ausgesprochen niedrigen Zinsen sind von dieser Seite kaum durchschlagende Impulse zu erwarten. Bliebe eine Abwertung des Euro, um so die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Historisch betrachtet haben sich Euro-Aktien bei einer Währungsabwertung gegenüber dem US-Dollar häufig relativ zu US-Aktien besser entwickelt. In den letzten Jahren hat sich dieser Zusammenhang allerdings ins Gegenteil verkehrt. Angesichts des hohen Anteils ausländischer Anleger ist dies nicht verwunderlich. Schließlich fahren diese bei einer Euro-Abwertung Währungsverluste ein.
Ich halte es mit der Einschätzung von Allianz Global Investors: So sollten Anleger tendenziell auf eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung der Aktienkurse setzen, nicht zuletzt da diese fundamental gestützt wird. Also doch gute fundamentale Aussichten? Das müssen die nächsten Wochen und Monate erst beweisen. Wenn nicht, dürfte der Druck auf die europäischen Regierungen – insbesondere auf Angela Merkel – so stark werden, dass man um größere Maßnahmenpakete zur Konjunkturstimulierung nicht mehr herumkommt. Das würde den Aktienmarkt weiter stützen.
Vorsichtige Strategie mit dem neuen BCDI
Weil ich inzwischen durch eine Reihe von Gesprächen mit Privatanlegern weiß, dass sie im aktuell so unsicheren Börsenumfeld eine vorsichtige Strategie bevorzugen, verweise ich an dieser Stelle erneut auf den neuen „boerse.de-Champions-Defensiv-Index (BCDI)“, der zehn besonders konservative Champions-Aktien enthält, die sich neben zweistelligen Kursrenditen durch überdurchschnittliche Dividendenrenditen auszeichnen (alle Einzelheiten auf der Webseite www.boerse.de/bcdi). Dazu gibt es ein börsengehandeltes Zertifikat, das als eine Alternative für den stressfreien, langfristigen Vermögensaufbau geeignet erscheint. Weitere Einzelheiten dazu und zu den 100 Champions-Aktien insgesamt enthält der „boerse.de-Aktienbrief“, dessen neue Ausgabe soeben erschienen ist.
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