Börsenstimmung: Das Wechselspiel von Mut und Demut

05.05.16


Wie ticken die starken Akteure an den internationalen Finanzmärkten, also die großen institutionellen Investoren? Eine klare Antwort gibt es nicht. Deshalb sage ich schon seit Jahren: Versuchen Sie, geschätzte Privatanleger, gar nicht erst, die täglichen Kursbewegungen zu verstehen! Vor allem glauben Sie nicht dem Geschwätz der Marktbeobachter in den Medien! Der bisherige Jahresverlauf ist in mehrfacher Hinsicht irritierend, ja mitunter grotesk und ein Beweis für die Kurzfristigkeit des Handelns. Auch erfahrene, selbstbewusste Profis agieren inzwischen ungern antizyklisch, sondern üben sich vorsichtshalber in kurzfristigem Rein und Raus. Herdentrieb eben.

Dass neue Langfrist-Prognosen von prominenten Vordenkern wie McKinsey alles andere als ermutigend klingen, nehme ich zwar zur Kenntnis, zweifle aber am Sinn eines ganz weiten Blicks nach vorn – zu viel ändert sich zu schnell in dieser Welt. In jedem Fall kommt die Aktie als Anlageklasse aber am besten dabei weg.

Sympathisch finde ich den aktuellen Vergleich von Börse und Wetter vom Asienexperten der Allianz Global Investors. Unter dem Titel „Überwiegend wolkig mit sonnigen Abschnitte“ zieht Charles Ma in seiner „Friday Mail“ eine Parallele zwischen dem typischen Frühlingswetter in Hongkong und der gegenwärtigen Lage an den globalen Finanzmärkten: „Der Frühling hier kann herrlich warme Tage bei strahlend blauem Himmel oder aber wolkenbruchartige Regenfälle im Gepäck haben. Manchmal ist das Wetter so unberechenbar, dass der Blick aus dem Fenster die beste Wettervorhersage liefert.“ Er bezieht sich dabei auf die wechselhaften Veröffentlichungen der volkswirtschaftlichen Daten in den verschiedenen Regionen der Welt.

Sein Resümee: „Das globale Wirtschaftswachstum ist zwar weiterhin schwach und der Ausblick eingetrübt, wir rechnen jedoch nicht mit einer globalen Rezession, insbesondere angesichts des weltweit anhaltend hohen geldpolitischen Lockerungsgrads.“ Und dann Zuversicht für den späteren Jahresverlauf: Nach dem eher launischen Wetter im Frühjahr und Sommer werde das Wettergeschehen im Herbst deutlich berechenbarer: Die Temperaturen in Hongkong sind dann in der Regel milder und die Sonnentage häufiger. Wörtlich sagt er: „Wollen wir hoffen, dass sich an den Märkten bis dahin die dunklen Wolken – von enttäuschenden Unternehmensgewinnen bis hin zu schwachen makroökonomischen Daten – größtenteils verzogen haben.“

Wenn ein Spitzenvertreter von Blackrock, dem weltgrößten Vermögensverwalter, in einem Interview grundsätzliche Skepsis an den Tag legt, dann sollte man diese ernst nehmen. Hier ein paar Formulierungen des Chef-Anlagestrategen Martin Lück: Die Lage ist für Anleger extrem unübersichtlich. Nachrichten werden an einem Tag positiv, am nächsten negativ ausgelegt. Die in den vergangenen Wochen gesehene risikofreundlichere Stimmung an den Aktienmärkten steht meiner Ansicht nach auf tönernen Füßen. Viele Firmen überzeugen nicht mit ihren Zahlen. Wird der Wind wieder rauer, dürften auch die politischen Risiken stärker sichtbar werden. Krisen, die zu besonderen Verwerfungen führen, machen Anleger ratlos. Die Zeiten heute scheinen so komplex wie vielleicht zuletzt vor der großen Depression Ende der zwanziger Jahre.

Auch von den Stimmungsanalysten in Frankfurt kommt wenig Ermutigendes. Entgegen eigener Erwartung habe sich per Saldo also nur ein kleinerer Teil der wöchentlich befragten Anleger vom Rücksetzer des Dax zu einem Wiedereinstieg verlocken lassen. Denn gemessen an früheren Kursentwicklungen wären neue Engagements angesichts einer Aktienmarktkorrektur von rund 600 Dax-Zählern innerhalb von knapp zwei Wochen durchaus reizvoll gewesen. Möglicherweise stünden aber auch die negativen Erfahrungen aus dem Kurssturz des Index während der ersten Wochen dieses Jahres einem Neueinstieg entgegen. Die Angst vor dem Griff ins fallende Messer werde nämlich immer dann wachgerüttelt, wenn Anleger hierzulande von schlechten Konjunkturnachrichten aus China ereilt werden. Schließlich ergibt sich aus der laufenden Beobachtung des Anlegerverhaltens doch noch vorsichtiger Optimismus: „Die derzeitige Stimmungslage sowohl der institutionellen als auch der privaten Investoren vermittelt jedenfalls den Eindruck, dass noch genug Potenzial vorhanden ist, um den Dax im Falle weiterer Kursrückgänge stützend zur Seite springen zu können.“

Ich meine, zunächst einmal sollten Sie, liebe Leser, Ihre Erwartungen nicht zu hoch schrauben – zwar den Mut zur Aktie nicht verlieren, aber weiter vorsichtig und demütig bleiben! Konkret halte ich an meinem Ratschlag fest, einen größeren Teil seines Pulvers trocken zu halten (wie viel, sollten Sie individuell bestimmen), bis sich wieder ein klarer Aufwärtstrend einstellt.

Champions-Aktien auch in Turbulenzen stark!

Good news liefert mir Kollege Jochen Appeltauer, Chefredakteur des „boerse.de-Aktienbrief“, wenn er zur aktuellen Lage schreibt: So mancher Anleger wird sich derzeit von den Börsen wohl an den Rande des Wahnsinns getrieben sehen. Gerade in solch schwierigen Börsenphasen zeigt sich immer wieder, was unsere Aktienbrief-Champions von der breiten Masse abhebt. Während der Berg-und-Tal-Fahrt des deutschen Leitindex der vergangenen Wochen und Monate konnte beispielsweise mit Adidas lediglich einer der 30 im Dax notierten Werte neue historische Höchststände erklimmen. Im Dow Jones markierten seit Jahresanfang immerhin schon sieben der 30 US-Blue-Chips neue All-Time-Highs. Zum Vergleich:  
Während 2016 bislang gerade einmal 3% aller Dax-Werte und 23% der im Dow Jones notierten Aktien auf Rekordmarken kletterten, konnten schon 29 der 100 Aktienbrief-Champions, also 29%, neue Allzeithochs in ihre Kurshistorien eintragen.

Machen Sie also we