Börseneinflüsse : Trump + Yellen, Zinsen, Dollar, Öl, Inflation, Europa …

18.11.16

Alle diskutieren weiter über Donald J. Trump – was wir erwarten dürfen und befürchten müssen. Die Börsenprofis sind grundsätzlich bereit, mehr Optimismus in Amerika zu investieren. Aber man jubelt vorsichtiger. Immerhin, Wall Street weiter in Rekordlaune. Die heutige Überschrift soll über Trump hinaus auf einen Blick verdeutlichen, wie viele Schauplätze zu beachten sind, die mehr oder weniger mit dem gewählten US-Präsidenten zusammenhängen. Die zurückliegende Woche hat Stimmungsschwankungen beschert. Und den teil schon euphorisch werdenden Bullen sind die kommenden Risiken klar geworden.


Die Strategen der Deutschen Bank bringen es auf den Punkt, wenn sie feststellen, dass Trump in der Hoffnung gewählt wurde, er werde mit Steuersenkungen, Fiskalprogramm und Deregulierung Wachstum entfachen, von dem nicht nur wenige Bevölkerungsteile etwas hätten. Hält er diese Versprechen und ist er gleichzeitig weniger protektionistisch als befürchtet, könnte es ihm gelingen, sein Land nicht nur populistisch an die Wahlurne zu treiben, sondern auch zu mehr Investitionen zu bewegen. Dann, aber nur dann, könnte die US-Wirtschaft im Laufe des kommenden Jahres auch mit mehr als 3 Prozent wachsen. Nun, ich möchte dem gerne folgen, allein mir fehlt (noch) der Glaube, dass dies so kommen und gelingen wird. Irrtum? Kommt es doch wie erhofft, werde ich im Jahresverlauf 2017 bereitwillig eingestehen, als ewiger Optimist hier einmal zu pessimistisch gewesen zu sein.

Euro/Dollar und Zinsen stehen jetzt erst einmal im Mittelpunkt – und wirken auf Aktien per Saldo durchaus stimulierend, während bei Staatsanleihen das Schlimmste vielleicht noch aussteht. Die Europäische Zentralbank steuert langsam auf eine Abkehr von ihrer ultra-lockeren Geldpolitik zu. Und Fed-Chefin Janet Yellen hat die Mehrheitsmeinung der Experten mit ihren Andeutungen vom Donnerstag bestätigt: Die nächste, leichte Zinserhöhung der US-Notenbank im Dezember gilt als sicher.

Auch die Sentiment-Forscher an der Börse Frankfurt gießen Wasser in den Wein der Optimisten und warnen vor Übermut. Die regelmäßig befragten mittelfristig orientierten Profis sind in der vergangenen Wochen noch zuversichtlicher geworden, so dass sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index um weitere 8 Punkte auf einen Stand von + 32 Punkte befestigt hat. Es waren wohl in erster Linie vormals bearisch eingestellte Akteure, die das Handtuch geworfen und sich in den steigenden Markt hinein eingedeckt haben – gewissermaßen eine kleine Kapitulation, die sich bereits am Tag nach der Wahl des neuen US-Präsidenten eingestellt hatte.

Das Gros der Privatanleger dürfte indes in der komfortablen Lage gewesen sein, der Marktentwicklung nicht hinterherlaufen zu müssen. Denn ihr Optimismus war zuletzt deutlich größer als der ihrer institutionellen Pendants. Ihr bereits auf Jahreshoch befindlicher Börse Frankfurt Sentiment-Index ist daher auch nicht weiter gestiegen, sondern hat sich gegenüber der Vorwoche in erster Linie infolge von Gewinnmitnahmen um 4 Punkte auf einen Stand von nunmehr + 42 Punkte zurückgebildet.

Vor allem institutionelle Anleger scheinen nun vermehrt davon auszugehen, dass der Dax die Obergrenze seiner Konsolidierungszone zwischen etwa 10.200 und 10.800 bald schon durchbrechen und zu einer Jahresschlussrally ansetzen könnte. Angesichts der recht stattlichen Sentiment-Werte könnte man sogar von einem Hauch von Euphorie sprechen.

Allerdings sind dieser positiven Einschätzung gleich zwei Wermutstropfen beigemischt. Zum einen ist die seit Wochen anhaltende Konsolidierung für fast alle Marktteilnehmer gleichermaßen erkennbar, so dass viele Akteure einen Ausbruch aus derselben samt seiner positiven Folgen bereits als garantiert betrachten. In der Angst, möglicherweise die Schlussbewegungen des Jahres zu verpassen, haben sich zum anderen eben auch viele Marktteilnehmer bereits im voraus positioniert, was sich in den relativ optimistischen Sentiment-Indizes niederschlägt. Da es überdies noch keine Anzeichen gibt, dass der Dax zudem von neuen langfristigen (ausländischen) Kapitalzuflüssen – eine wesentliche Voraussetzung für einen größeren Aufwärtstrend – profitiert hätte, ist somit die Gefahr eines Fehlsignals oberhalb des Jahreshochs (10.827 Punkte) relativ hoch. Meint Verhaltensökonomen Joachim Goldberg: „Die jetzt festgestellte Vorpositionierung vieler Akteure auf der Bullenseite birgt mit zunehmender Dauer – sofern ein frischer Impuls ausbleiben sollte – das Risiko einer nicht zu unterschätzenden Enttäuschung.“

Auch das klingt plausibel. Ich mag mich aber nach wie vor nicht festlegen, denn wenn Sie sich die Schwankungen von Tag zu Tag auch auf den anderen Märkten anschauen (Gold, Öl, Währungen), geschätzte Leser, dann erkennen Sie die Wankelmütigkeit der institutionellen Großanleger. Vorsichtige Privatanleger sind deshalb gut beraten, wenn sie deutlichere Trendsignale abwarten. Zugleich empfehle ich einmal mehr die Absicherung von Positionen nach unten (Stop-loss, Puts) und andererseits die Bereitschaft, sich beim Dax-Ausbruch nach oben klar über 10.800 wieder zu engagieren.


Machen Sie weiter mit – und machen Sie’s gut!