Börsenstimmung: Wenn Volatilität den Horizont vernebelt

28.03.18

Ganz hartnäckige Optimisten (ich selbst bin ja vorsichtiger geworden) geben sich immer noch erstaunlich gelassen und verweisen auf den intakten langfristigen Aufwärtstrend. Man könnte auch Faktoren zusammentragen, die für eine positive Entwicklung der Aktienkurse sprechen. Momentan tanzen wir aber auf des Messers Schneide. Volatilität = Nervosität. Und das erschwert die Perspektive. Die Warnungen vor einer Aktien-Baisse werden lauter. Und Börsenskeptiker, die traditionell im Edelmetalllager zu finden sind, erhoffen sich im Jahresverlauf Impulse für den Goldpreis, sollten die Aktien tiefer in die Knie gehen.




Jüngste Analysen machen deutlich, dass zunehmende Volatilität selbst erfahrenen Strategen Kopfzerbrechen bereitet. Anfang Februar waren viele Investoren gezwungen, ihre Ansichten zur weiteren Marktentwicklung zu ändern. Es kann sein, dass das im weiteren Verlauf des Jahres erneut nötig wird, denn die Volatilität ist an die Märkte zurückgekehrt. Das hat mehrere Gründe, beschreibt Larry Hatheway, Chefökonom beim internationalen Vermögensverwalter GAM: Zum einen wurden die Bewertungen nach einem starken Lauf im Jahr 2017 bis Ende Januar auf die Spitze getrieben. Rückschläge waren damit fast unausweichlich. Sie machten sich zunächst in einer unerwartet hohen Inflationsrate in den USA bemerkbar, welche Unsicherheiten bezüglich der geldpolitischen Reaktion der Fed aufkommen ließ.


Dann kamen die US-Zölle. Die Angst vor Handelskonflikten hat die globalen Spannungen und gleichermaßen die Marktvolatilität verschärft. Meint Hatheway: „Egal, ob der Ursprung dabei in der Inflation oder in der Handelspolitik liegt – es ist unwahrscheinlich, dass sich die Situation im Verlauf des Jahres nachhaltig beruhigen wird.“ Der Asset Manager hat sicher Recht mit der Warnung, Protektionismus sei eine gefährliche Sache für die Kapitalmärkte. Denn er stellt eine Bedrohung für das globale Wachstum dar, insbesondere, wenn die Gegenseite mit Vergeltungsmaßnahmen antwortet. Für Präsident Trump könnte Protektionismus zum Dauerthema werden, das den Märkten immer wieder Anlass zur Sorge gibt.


Dasselbe gilt für die Inflation. Da die Volkswirtschaften in Nordamerika, Großbritannien, Nordeuropa und Japan auf Vollbeschäftigung zusteuern, dürfte sich der Preis- und Lohndruck verstärken. Dies ist zwar eine weitgehend erfreuliche Entwicklung, da die Volkswirtschaften wieder zu normalen Inflationsraten zurückkehren, die mit Preisstabilität vereinbar sind. Doch die Gefahr einer Überhitzung steigt, insbesondere angesichts zusätzlicher fiskalischer Anreize in den USA, eines schwächeren Dollars und höherer Ölpreise.


Resümiert der Stratege: Folglich wird der Markt die Inflation entweder als eine positive Erscheinung wahrnehmen oder sie als ein Überhitzungsrisiko betrachten. Im letzteren Fall müssten die Zentralbanken schneller und weniger vorhersehbar handeln, um eine echte Überhitzung zu verhindern. Damit würden sie natürlich das Risiko einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, vielleicht sogar einer Rezession bis 2019 oder 2020 erhöhen.


Gold-Gurus werden zu dieser Einschätzung vielleicht zustimmend nicken. Die gestiegene Volatilität könnte lediglich ein Vorbeben gewesen sein, lese ich heute Morgen. Und: Die positive Grundstimmung könne noch in diesem Jahr kippen. Bislang blieben Anlageklassen, die als sichere Häfen gelten, von der erhöhten Volatilität am Aktienmarkt weitgehend unbeeinflusst. Während der jüngsten Verkaufswelle bewegten sich die Kurse von Gold und US-Dollar seitwärts, gleichzeitig folgten US-Treasuries einem Abwärtstrend. „Im Gegensatz zu der am Markt herrschenden Meinung, die Volatilität am Aktienmarkt sei das Ergebnis einer längst überfälligen Korrektur, sehen wir darin den Beginn einer langfristigen Richtungsänderung der Märkte und eines Wandels im Anlegerverhalten“, sagt Joe Foster, Stratege für die Gold-Fonds von VanEck. Dem Experten zufolge dürfte diese Entwicklung zukünftig mehr Volatilität und Risiken mit sich bringen. Er spricht von ersten Vorzeichen einer Baisse und einer Konjunkturabkühlung. Mit Eintritt in eine neue Ära steigender Zinsen wächst die Unsicherheit“, sagt Foster und ergänzt: „Höhere Zinsen gehen mit sinkenden Risikoaufschlägen für Aktien einher, wodurch diese an Attraktivität einbüßen.“


Für den weiteren Jahresverlauf rechnet sein Haus mit einer Eintrübung der positiven Grundstimmung, wovon die sicheren Häfen wie Gold profitieren dürften. Möglich. Aber ich bin davon noch nicht überzeugt. Neben wir nur den Faktor Politik/Wirtschaftspolitik. Sollte es an mehreren Fronten weitere Signale einer Entspannung geben – insbesondere Nordkorea/China/USA und USA/Europa sowie Brexit/Europa – und damit ein größerer Handelskrieg vermieden werden, wäre dies sicher schon ein starker Stabilisierungsfaktor für die Finanzmärkte. Was wir gegenwärtig erleben, ist nicht zwangsläufig der Beginn eines Baisse-Trends. Aber Wachsamkeit und Vorsicht sind geboten, liebe Anleger.


Machen Sie trotzdem weiter mit – und machen Sie’s gut