Geldpolitik und Konjunktur: Der Faktor Zeit spricht immer noch für Aktien

10.03.18

Wann verändert sich was? Die Frage bezieht sich zunächst einmal nicht auf die Aktienkurse selbst, sondern auf ihr Umfeld: Wann verändern sich die wichtigsten Rahmenbedingungen – insbesondere also Konjunktur bei uns und weltweit, Geschäftsentwicklung der Aktiengesellschaften, Geld- und Zinspolitik der Notenbanken. Das Wann kommt nach meinen Beobachtungen mitunter zu kurz. Um er vorweg zu nehmen: Es hat sich auch nach der jüngsten EZB-Ratssitzung nichts daran geändert, dass Europas Zinsen erst mit großem Abstand den Amerikanischen folgen. Und da der monetäre Kurs der Notenbankbanken mitentscheidend auch für die Aktienmärkte ist, gibt es von dieser Seite keinen Anlass für zunehmenden Börsenpessimismus.




Frankfurter Banken rechnen damit, dass es höhere Leitzinsen in der Eurozone erst ab Juni 2019 geben dürfte. Das hat nicht nur für die „Falschsparer“ Konsequenzen. Eine weitere Kehrseite: Es gibt mehr „Zombiefirmen“ – Unternehmen, deren Zinskosten über zwei Jahre höher sind als ihr operativer Gewinn. Das funktioniert nur, weil die Zinsen so niedrig sind. An den globalen Aktienmärkten ist das nach Berechnung der Deutschen Bank immerhin jede fünfzigste Firma, der Anteil ist dreimal so hoch wie 1996. Die meisten „Zombies“ gibt es in der Eurozone, drei von vier entstammen den Sektoren Energie und Finanzen. Mahnen die Strategen: „Sie bedrohen das langfristige Wachstum, weil sie die Produktivität schwächen und damit das Potenzial einer Volkswirtschaft. Und wenn die Zinsen steigen? Dann sollten Sie besser keine Zombibonds (Anleihen solcher Firmen) im Depot haben.“


Neben dem drohenden Handelskrieg dank Trump hatten die von den Frankfurter Verhaltensforschern wöchentlich befragten, mittelfristig orientierten Anleger natürlich auch noch andere Ereignisse zu verarbeiten, wobei das SPD-Mitgliedervotum zugunsten einer neuen großen Koalition wohl noch zu den positiven Nachrichten gehörte. Aber auch mit der Italien-Wahl und den daraus folgenden unsicheren politischen Verhältnissen dortzulande konnten die Börsianer eigentlich noch recht gut umgehen.


Interessanterweise konnten sich jedoch die institutionellen Investoren im Gegensatz zu früheren vergleichbaren Situationen nicht dazu durchringen, angesichts der Dax-Schwäche wesentlich neue bullische Engagements einzugehen, geschweige denn alte aufzustocken. Dies wird am Börse Frankfurt Sentiment-Index sichtbar, der sich gegenüber der Vorwoche gerade einmal um 2 Punkte auf einen Stand von +16 Punkten befestigte.


Ganz anders die Privatanleger, bei denen sich eine größere Gruppe dafür entschied, die optisch günstigen Kurse zu Käufen in die Schwäche zu nutzen, wobei möglicherweise zu bereits bestehenden bullischen Engagements sogar hinzugemischt wurde. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index dieses Panels ist um 11 Punkte auf einen Stand von +24 Punkten gestiegen, wobei sich der Zustrom ins Bullenlager fast gleichmäßig auf vormals pessimistisch und neutral eingestellte Akteure verteilt.


Dieses auffallend ungleiche Verhalten zwischen institutionellen und privaten Anlegern mag verschiedene Gründe haben. Letztere scheinen weiterhin davon auszugehen, dass es sich bei der Dax-Bewegung seit dem Hoch vom Januar dieses Jahres immer noch nur um eine gesunde Korrektur handelt. Eine Meinung, die sich unter den institutionellen Akteuren offensichtlich nicht in gleichem Maße und zuletzt überhaupt nicht niedergeschlagen hat. Ob diese Akteure mehr als ihre privaten Pendants wissen? Oder ob sie aus früheren Aktionen hinzugelernt haben, dass es sich nicht immer auszahlt, in die Schwäche hinzuzukaufen? Gut möglich, dass zumindest ein Teil dieser Gruppe auch größere Abflüsse ausländischen Kapitals gesehen hat und deswegen gegenüber der Vorwoche zurückhaltend geblieben ist.


Fazit der zuständigen Sentiment-Analysten: Unter dem Strich hat es wahrscheinlich auch keine Panikverkäufe während der vergangenen Tage gegeben. Tatsächlich ist die Stimmung der institutionellen Marktteilnehmer vor allen Dingen in der relativen Betrachtung der vergangenen Monate sowieso nicht als optimistisch, sondern als neutral zu bezeichnen. Und auch bei den Privatanlegern kann man nicht von extrem bullischen Werten sprechen. Damit wird der Dax per Saldo zumindest aus heimischen Quellen nicht gefährdet. Joachim Goldberg wörtlich: „Im Gegenteil. Unsere jüngste Umfrage belegt, dass zumindest noch gutes Nachfragepotenzial vorhanden ist. Die eigentliche Bedrohung für das Börsenbarometer geht damit von ausländischen Kapitalabflüssen aus.“


Sie sehen selbst bei dieser Wochenanalyse, geschätzte Anleger, welche Rolle das Wann zumindest im Hintergrund spielt. Das wiederum bestätigt die These: Wer langfristig investiert, braucht sich nicht um kurzfristige Entwicklungen zu kümmern.


Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut