Konjunktur und Börse: Bei uns ist noch keine Zinserhöhung in Sicht

18.04.18

Als Zwischenbilanz nach dem ersten Quartal 2018 kann der Beobachter feststellen: Die im Februar/März aufkommende Skepsis für den Aktienmarkt ist übertrieben gewesen – die Börsen sind nach wie vor bemerkenswert stabil und widerstandsfähig. Internationale Strategen gewichten die aktuellen Risiken allerdings unterschiedlich, vor allem beim Blick auf die US-Zinspolitik. Droht den Dollarbonds noch im laufenden Jahr ein Renditeschock, der sich dann belastend auf den Aktienmarkt auswirkt?




Wahrscheinlich werden die gleichen zugrundeliegenden Faktoren der Marktvolatilität für erneute Marktschwankungen sorgen. Vieles deutet darauf hin, schreiben vorsichtige Fondsmanager, dass sich die starke Marktperformance bei gleichzeitig geringer Volatilität aus dem letzten Jahr nicht halten wird. Und es mehren sich die Anzeichen dafür, dass das globale Wachstum seinen Höhepunkt erreicht – vielleicht sogar schon überschritten – hat. Was bedeutet das für die Aktienkurse? Aus ökonomischer Sicht besteht jedoch wenig Grund, einen massiven Einbruch zu fürchten. Das Finanzumfeld ist nach wie vor expansiv, in den USA stehen fiskalische Impulse bevor, die Unternehmensausgaben nehmen weltweit zu und die Einkünfte der Privathaushalte werden durch das Beschäftigungswachstum gestützt.


Was bedeutet das unterm Strich für Anleger? Bei moderaten Renditen und häufigeren Volatilitätsphasen ist das Management des Portfoliorisikos zunehmend wichtig, wenn nicht gar entscheidend. Strategien für den Kapitalerhalt werden in den Vordergrund rücken. Im Rahmen eines Workshops von Wissenschaftlern und Vermögensverwaltern in Frankfurt gab es jetzt dazu eine klare Aussage: Defensive Aktien bevorzugen, denn die entwickeln sich auf lange Sicht mindestens so gut wie risikoreiche Werte. Aktuell wird unverändert eine Übergewichtung von US-Aktien und europäischen Werten empfohlen.


Eine neue Fondsmanager-Umfrage darf kurzfristig als positives Signal gewertet werden: Die Kassenhaltung ist auf 5 Prozent gestiegen, den höchsten Wert seit der US-Wahl im Oktober 2016. Der Anteil der Investoren, die steigende Gewinne erwarten, fiel auf ein 18-Monats-Tief. Kein Grund zum Verzagen, denn eine hohe Cash-Quote war in der Vergangenheit eher ein Kontraindikator. Und auch für Aktien könnte die Stimmung schlechter sein: Nur 18 Prozent der Befragten glauben, dass der Höchststand hinter uns liegt.


Schwer zu sagen, was die jüngsten deutschen Wirtschaftsindikatoren signalisieren. Jedenfalls sind die ZEW-Konjunkturerwartungen im April 2018 abermals deutlich zurückgegangen. Der Indikator beträgt aktuell minus 8,2 Punkte, 13,3 Punkte weniger als im März und 26,0 Punkte weniger als im Februar. Der langfristige Durchschnitt liegt bei 23,5 Punkten und wird inzwischen erheblich unterschritten. „Der Rückgang der Erwartungen ist vor allem auf den internationalen Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten sowie die aktuelle Situation im Syrienkrieg zurückzuführen. Die deutlichen Rückgänge bei Produktion, Exporten und Einzelhandelsumsätzen in Deutschland im ersten Quartal 2018 wirken sich ebenfalls negativ auf die erwartete zukünftige Konjunkturentwicklung aus“, kommentiert ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach. Die Erwartungen der Finanzmarktexperten/-innen an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone sinken mit einem Rückgang von 11,5 Punkten ebenfalls sehr stark.


Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung von Volkswirten erstmals im zweiten Quartal 2019 einen ihrer Schlüsselzinsen anheben – 2019! Einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters zufolge erwarten Experten mehrheitlich, dass die Euro-Wächter dann ihren Einlagensatz auf minus 0,25 Prozent von derzeit minus 0,40 Prozent hochsetzen werden.

Während die Wall Street mit zunehmender Skepsis den nächsten zwei bis drei Schritten der Geldpolitik im weiteren Jahresverlauf entgegenblickt – am Rentenmarkt könnte ein Zinsschock auch den Aktienhandel schwer belasten –, sieht das Bild in Europa noch ganz anders aus. Mit einer Erhöhung des Leitzinses rechnen Ökonomen erst im Schlussviertel 2019. Das ist ein Quartal später als in der Reuters-Umfrage vom März. Aktuell liegt der Hauptsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Die Währungshüter hatten zuletzt im Jahr 2011 ihre Sätze angehoben. Die nächste Zinssitzung der Euro-Notenbank ist am 26. April in Frankfurt.


Die EZB hatte im März angesichts des Aufschwungs im Währungsraum einen weiteren, aber ganz vorsichtigen Schritt in Richtung einer weniger expansiven Geldpolitik gewagt. Die Notenbank strich aus ihrem Ausblick die Option, ihre billionenschweren Anleihenkäufe erneut auszuweiten. An der Börse wird aktuell damit gerechnet, dass die EZB die Käufe bis Ende dieses Jahres einstellen wird.

Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!