Aktienförderung: Weniger Missverständnisse = mehr Aktionäre

18.01.19

Für die breite Beteiligung der deutschen Bevölkerung am Produktivkapital wird nach wie vor nicht genug getan – es gibt nur wenige wirklich engagierte Aktienförderer wie das Deutsche Aktieninstitut (DAI) und den TM Börsenverlag. Dabei sprechen doch gewichtige, immer wieder vorgetragene Argumente für die Aktienanlage. Das Echo war und ist aber viel zu schwach, wie jüngste Untersuchungen bestätigen. Ich plädiere für konzertierte Aktionen, um die Missverständnisse der Sparer auszuräumen. Die Aufklärung sollte bundesweit erfolgen – die beliebten Anlegertage in einigen Großstädten reichen nicht aus.



Eine in dieser Woche vorgestellte Studie der Börse Stuttgart und des Deutschen Aktieninstituts beleuchtet die Haltung der Deutschen zur Aktie und kommt zusammenfassend zu folgenden Ergebnissen: Trotz Niedrigzinsen große Vorbehalte – Persönliche Erfahrung schafft positive Einstellung – Verankerung der Aktienanlage in der Altersvorsorge nötig.

Und das zeigt die Untersuchung im Einzelnen: Das Verhältnis der Deutschen zur Aktie ist nach wie vor keine Liebesbeziehung – trotz jahrelang historisch niedriger Sparzinsen. Vielmehr sind Missverständnisse, ein schlechtes Bauchgefühl und eine gewisse Gleichgültigkeit weit verbreitet, wenn es um die Geldanlage in Aktien geht. „Die Vorteile von Aktien liegen eigentlich auf der Hand – sei es beim langfristigen Vermögensaufbau oder bei der Altersvorsorge. Da die Deutschen dennoch nur in geringem Maße in Aktien investieren, sind die Ursachen genauer zu ergründen. Nur dann lassen sich geeignete Impulse für eine bessere Aktienkultur setzen“, sagt Dr. Michael Völter, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e.V.: „Gelingt dies nicht, so befürchte ich ernsthafte Konsequenzen für viele Deutsche. Denn das umlagefinanzierte Rentensystem allein dürfte den Lebensstandard im Alter langfristig nicht auf heutigem Niveau halten können.“

Die Studie verdeutlicht, dass sich Vorurteile gegenüber Aktien hartnäckig halten – allen Aufklärungskampagnen zum Trotz. Während sich Aktienrisiken durch die Einhaltung einfacher Regeln beherrschen lassen, sehen 65 Prozent der Nicht-Aktienbesitzer Aktien weiterhin für sich als zu riskant an. Nur 19 Prozent wissen, dass die Aktienanlage auch bei kleinen Anlagebeträgen sinnvoll ist. Zudem hält fast jeder zweite Nicht-Aktienbesitzer die Aktienanlage für umständlich, obwohl dies etwa bei Wertpapiersparplänen nicht der Fall ist.

Das Interesse an der Aktienanlage bleibt daher bedauernswert gering: Nur rund jeder achte Nicht-Aktienbesitzer hat nach eigener Aussage in den letzten Jahren eine Anlage in Aktien oder Aktienfonds in Betracht gezogen. „Es gilt, das Potenzial für die Gewinnung von mehr Aktionären auszuschöpfen, damit mehr Menschen von den Renditevorteilen der Aktienanlage profitieren“, unterstreicht Dr. Christine Bortenlänger, Geschäftsführender DAI-Vorstand. Hoffnungsvoll stimmt, dass die Einschätzung von Aktien durch persönliche Erfahrungen positiver wird. So wissen 71 Prozent der Aktionäre, dass Aktien oder Aktienfonds langfristig mehr Rendite bringen als andere Anlageformen – bei den Nicht-Aktienbesitzern sind es nur 29 Prozent. Auch sehen fast drei Viertel der Aktionäre Aktien und Aktienfonds als geeignete Instrumente zur Vermögensbildung. Dies ist nur jedem dritten Nicht-Aktienbesitzer bewusst.

Bortenlänger betont, dass als Unterstützer nicht nur Unternehmen, Banken und Börsen mit ihren Bildungsinitiativen gefordert sind: „Vor allem die Politik muss sich für die Aktie einsetzen, damit die Deutschen Aktie und Kapitalmarkt stärker für den Vermögensaufbau und die Sicherung des Lebensstandards im Alter nutzen.“ So gibt fast jeder dritte Nicht-Aktienbesitzer an, dass eine bessere staatliche Förderung sein Interesse an der Aktienanlage wecken könnte. „Viel wichtiger als staatliche Förderung ist jedoch, dass Aktien bei Reformen des staatlichen Altersvorsorgesystems eine deutlich stärkere Berücksichtigung finden. Hierin liegt der größte Hebel für eine höhere Aktienquote in Deutschland“, so Bortenlänger.

Die Rufe nach dem Staat, nach Einbeziehung in die Altersvorsorge und nach Abbau der Bürokratie sind allerdings nicht neu, werden seit vielen Jahren wiederholt und bekräftigt. Deshalb sehe ich momentan kaum Erfolgschancen, zumal ein Großteil der politisch Verantwortlichen diesem Thema nicht positiv gegenübersteht. Ich plädiere daher für ein Bündel von praktischen Maßnahmen der Aktienförderung als Ergänzung zu den bestehenden Initiativen: Praktiker im (Wirtschafts-)Unterricht der Schulen, Medien starten gemeinsam Aufklärungsaktionen, Banken und Sparkassen verbreiten in den Schalterräumen das „Rendite-Dreieck“ des DAI und: Überall im Land, schon in mittelgroßen Städten, werden „Aktientage“ durchgeführt, bei den es nicht in erster Linie um den Verkauf der hauseigenen Produkte, sondern um Wissensvermittlung geht. Ich selbst werde nicht müde, angesichts der großen Bedeutung persönlicher Erfahrungen der Privatanleger für meine Idee „Aktien-Missionare“ zu werben: Erzählen Sie Ihren Verwandten, Freunden und Bekannten bei passender Gelegenheit von Ihren Erfolgen mit der Aktienanlage – Sprechen Sie also über die Aktie!

Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!