Anlagestrategien: Core-Satellite-Ansatz für aktive Anleger

23.01.19

Es soll aktive Privatanleger geben, denen meine defensive Empfehlung, das verfügbare Kapital auf drei Töpfe zu verteilen (Aktien, Gold, Cash), nicht ausreicht. Wer sich von Ihnen, geschätzte Leser, stärker engagieren möchte, den erinnere ich an den „Core-Satellite-Ansatz“, weil hier die individuellen Wünsche entsprechend positioniert werden können. Dabei sollte man möglichst berücksichtigen, welche Anlageklassen sich ähnlich entwickeln (= hohe Korrelation) und welche unterschiedliche bis sogar gegensätzliche Kurstrends aufweisen.



Gegenwärtig fällt das nicht leicht – weil geopolitische und wirtschaftspolitische Unsicherheiten den Horizont vernebeln. Und die Volatilität der Kurse ist recht hoch. Auf alle Fälle darf der Blick nicht auf den Heimatmarkt beschränkt bleiben, obwohl allein deutsche bzw. europäische Aktien schon vielfältige Möglichkeiten bieten. Neben den differenzierten Branchenentwicklungen sollten auch Fusionen, Übernahmen, Aktienrückkäufe und nicht zuletzt die Dividendenrenditen in die Aktienauswahl einbezogen werden.

In Europa sind in der zweiten Jahreshälfte 2018 erstmals seit fünf Jahren mehr Aktien zurückgekauft als ausgegeben worden. Im gesamten Jahr nahmen europäische Unternehmen eigene Aktien im Wert von 31 Milliarden Euro vom Markt. Im Vergleich mit den USA erscheint dieser Wert jedoch geradezu winzig: Die „Buybacks“ im S&P 500 beliefen sich 2018 auf 800 Milliarden US-Dollar. Dazu die Prognose vom Deutsche-Bank-Chefstrategen Ulrich Stephans: „2019 halte ich gar 1 Billion US-Dollar für möglich. Rückkäufe erhöhen den Gewinn je Aktie und führen daher meist zu steigenden Kursen.“ Dies ist aber nicht unbedingt ein Grund, sich von europäischen Aktien zu trennen – Analysten erwarten 2019 für den Stoxx 600 im Schnitt eine Dividendenrendite von gut 4 Prozent.

Einmal mehr hat sich zuletzt auch gezeigt, dass Märkte nicht oder kaum reagieren, wenn Nachrichten – obwohl neu – den Erwartungen der Marktteilnehmer entsprechen und bereits eingepreist sind: Der Internationale Währungsfonds hat seine Prognose für das globale Wirtschaftswachstum erneut nach unten angepasst. Statt eines weltweiten BIP-Anstiegs um 3,7 Prozent erwartet der IWF jetzt nur noch ein Plus von 3,5 Prozent – vor allem wegen Schwächen in Europa. Für China und die USA wurden die Prognosen unverändert belassen. Zwar betonte der IWF gestiegene Risiken durch Zölle und straffere Finanzmarktkonditionen, eine Rezession erwartet er aber weiterhin nicht. Dementsprechend gelassen war auch die Marktreaktion.

China, China – kaum ein Tag vergeht, ohne dass über die chinesischen Einflüsse auf Weltwirtschaft und Weltbörsen diskutiert wird. Beispiel Rohstoffe. Der Kupferpreis hatte 2019 bereits ein 20-Monats-Tief erreicht, konnte inzwischen aber 5 Prozent wiedergutmachen. Da etwa die Hälfte der Weltkupfernachfrage aus China stammt, hängt der Preis an der dortigen Konjunktur. Im weiteren Jahresverlauf erwarten Analysten trotz anhaltender Wachstumssorgen steigende Kupferpreise. Grund sind die Neubaubeginne, die 2018 um 17 Prozent gestiegen sind: Gut ein Viertel der chinesischen Kupfernachfrage geht auf den Bau zurück, das Metall wird verstärkt im späten Verlauf von Projekten benötigt. Auch die geplante Erweiterung des Hochgeschwindigkeitsschienennetzes um 3.200 Kilometer sollte den Kupferpreis stützen.

Vietnam wird langfristig sogar vom Handelskrieg zwischen den USA und China profitieren, schreibt mir ein asiatischer Analyst. Seine Begründungen: Das Gewinnwachstum pro Aktie dürfte 2019 zurückgehen, während sich das vietnamesische BIP-Wachstum aber nicht verlangsamt. Es kursieren Gerüchte über eine Anhebung der maximalen Investitionsgrenze ausländischer Investoren auf 60% und mehr – dies würde ein Upgrade zum Schwellenland erleichtern. Midcaps sollten sich in 2019 besser entwickeln als Largecaps – vietnamesische Midcaps sind defensiv aufgestellt und profitieren überdurchschnittlich vom Handelskrieg. Die vietnamesische Regierung leistet mit Blick auf die Volkswirtschaft angemessene Arbeit: Die Inflation ist unter Kontrolle und die Währung des Landes war 2018 stabiler als in den meisten anderen Schwellenländern. Darüber hinaus fließen weiterhin ausländische Direktinvestitionen in das Land (ca. 7% des BIP im Jahr 2018), was zur Stabilisierung der Landeswährung beiträgt und das Wachstum des Inlandsverbrauchs vorantreibt. Wer mag, könnte also Aktien aus Vietnam zu einem seiner Satelliten machen (sinnvollerweise über einen Fonds).

Zur Erinnerung: Als Core-Satellite-Strategie (auch Core-Satellite-Ansatz, englisch: core = Kern) bezeichnet man im Portfoliomanagement die Aufteilung eines Portfolios auf eine breit diversifizierte Kerninvestition („Core“), die eine Grundrendite mit ausreichender Sicherheit bieten soll, und mehrere Einzelinvestitionen („Satellite“) mit höherem Risiko und Renditepotenzial, die zur Renditesteigerung angehängt werden. Die Satelliteninvestments stellen jeweils nur einen geringen Anteil am Gesamtportfolio dar. Ich würde – unabhängig von der Zahl der Satelliten – stets die Aktie als Kern des Portfolios mit einem Anteil von etwa 50 Prozent ansehen.

Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!