Börsenstimmung: Aktive Anleger sollten viele Faktoren im Auge behalten

11.01.19

Gemischte Gefühle, aber überwiegend vorsichtiger Optimismus für die Aktienmärkte. Es bleibt dabei, wenn ich mir die jüngsten Stimmungsbarometer und Marktanalysen anschaue. Kein leichtes Umfeld für Privatanleger, denen ich ja immer wieder dazu rate, nicht viel Energie auf die Tagesentwicklungen zu verschwenden, sondern sich an den längeren Trends zu orientieren. Nur sind die Börsen aktuell noch bei der Suche nach klaren Perspektiven. Gerade aktive Anleger mit kurz- bis mittelfristigem Zeithorizont kommen deshalb nicht drumherum, sich um die Nachrichten über die wichtigsten wirtschaftlichen und politischen Faktoren zu kümmern.



Der erste Sentiment-Report 2019 von der Börse Frankfurt bestätigt das komplexe Bild. Das Schreiben die damit beauftragten Analysten von Goldberg & Goldberg: „Wer sich nach unserer letzten Stimmungserhebung am 19. Dezember 2018 schlichtweg schlafen gelegt und sich bis heute nicht mehr um die Finanzmärkte, insbesondere den Dax gekümmert hätte, dem wäre entgangen, dass das Börsenbarometer zwischenzeitlich rund 4,5 Prozent seines Wertes verloren hatte. Aber genauso hätte man die fulminante Erholung seit Beginn dieses neuen Jahres verpasst, die in der reinen Punktbetrachtung gegenüber Dezember zu einem Plus von 1,4 Prozent geführt hat.“

Mitentscheidend für die Wende war wieder einmal die Notenbank als Fed-Präsident Jerome Powell versprach, bei den geldpolitischen Entscheidungen in Zukunft sorgfältig auf die Risikobedenken der Marktteilnehmer zu hören. Eine Äußerung, die vielerorts zu dem Schluss führte, dass es für die Aktienmärkte, ähnlich wie bei den Vorgängern des Fed-Chefs, so etwas wie einen sogenannten „Powell-Put“ geben dürfte, eine Art Versicherung gegen Aktienmarktabstürze. Zumindest gehen viele Börsianer mittlerweile davon aus, dass es in diesem Jahr keine weitere Zinserhöhung in den USA geben wird.

Damit stellt sich das erste Stimmungsbild in diesem Jahr der mittelfristig orientierten institutionellen Investoren so dar, als ob seit dem 19. Dezember nichts geschehen wäre. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index hat sich mit einem Rückgang von 4 Punkten auf einen Stand von +17 Punkten nur unwesentlich verringert. Gleichermaßen verrät diese Veränderung allerdings auch nicht, wie sich die Mitglieder unseres Panels während der vergangenen drei Wochen geschlagen haben. Ob sie den Einbruch des Dax ausgesessen oder die Notbremse gezogen haben und später wieder eingestiegen sind? Darüber kann nur spekuliert werden.

Wesentlich bleibt jedoch, dass sich unter dem Strich die Zahl der Optimisten per Saldo nur geringfügig verringert und die Zahl der Pessimisten sich kaum erhöht hat. Joachim Goldberg bestätigt meinen Eindruck: „Man scheint mit Zuversicht ins neue Jahr gestartet zu sein. Gut möglich, dass man die Wahrscheinlichkeit positiver Nachrichten höher einschätzt als das Risiko neuer negativer Informationen.“ Zumindest wollen es viele Akteure nicht verpassen, wenn sich eine Einigung im
Handelsstreit zwischen den USA und China oder ein Kompromiss im US-Haushaltsstreit anbahnen sollte.

Bei den privaten Anlegern kann man schon von etwas mehr als purer Zuversicht sprechen. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index dieses Panels hat nicht nur kräftig um 15 Punkte auf einen Stand von +20 angezogen und damit den höchsten Stand seit Mitte November des Vorjahres erreicht. Vielmehr ist eine deutliche Wanderung von vormals pessimistisch eingestellten Akteuren festzustellen, die sich mehrheitlich (zu zwei Dritteln) und vermutlich profitabel direkt ins Bullenlager begeben haben.

Zu Beginn des Jahres zeigen sich institutionelle und private Investoren also ähnlich bullisch eingestellt. Die Angst, dem immer noch vorherrschenden Abwärtstrend ausgeliefert zu sein, scheint einer anderen Angst, nämlich eine mögliche Trendwende zu verpassen, gewichen zu sein. Allerdings ist der hausgemachte Optimismus nicht gerade überbordend zu nennen. Vielmehr bewegen sich die Sentiment-Indizes lediglich geringfügig über den Mittelwerten des zweiten Halbjahres 2018. Damit bestehen gute Chancen, dass die derzeit aufwärtsgerichtete Korrektur im übergeordneten Abwärtstrend noch eine Weile fortgesetzt werden kann. Widerstand aus Gewinnmitnahmen besagter Dax-Positionierungen ist indes auf höherem Niveau bei 11.000/11.100 zu erwarten.

Noch ein kurzer Blick auf die kommende Woche: Vor der am Montag startenden Berichtssaison hat es 72 Gewinnwarnungen im S&P 500 gegeben, nur halb so viele Firmen stellten bessere Zahlen in Aussicht. Daher erwarten Analysten bei den Quartalsgewinnen nur noch ein Plus von knapp 15 Prozent – in den drei Vorquartalen waren es noch 25 Prozent! Auch für das Gesamtjahr sind die Erwartungen gesunken. „Dennoch halte ich ein Gewinnwachstum von 7 Prozent für möglich“, glaubt Deutsche-Bank-Chefstratege Ulrich Stephan.

Machen Sie also weiter mit – und machen Sie’s gut!