Der Gipfel verspricht neue Höhenluft

29.06.19

Schade, dass es keinen Aktienhandel am Wochenende gibt. Denn mich würde brennend interessieren, ob die Börsen ähnlich erleichtert sind über die G20-Gipfelergebnisse. Klar, noch wissen wir zu wenig, wie es welthandelstechnisch tatsächlich weitergehen wird (und mit welchen Einflüssen auf die Konjunktur). Aber man hat sich zusammengerauft in Osaka, quasi in letzter Minute, und allein diese Überraschung sollte von den Anlegern honoriert werden.


Das sind die Headlines der Agenturen vom frühen Samstag: G20-Staaten einigen sich in gemeinsamer Abschlusserklärung auf Klima-Kompromiss. Die Staats- und Regierungschefs einigen sich doch noch auf eine gemeinsame Abschlusserklärung. Entspannung im Handelsstreit: USA und China verhandeln wieder. Trump und Xi nähern sich beim G20-Gipfel in Osaka wieder an. Neue Strafzölle gegen Importe aus China setzt die USA vorerst aus. Chinas Staatspräsident Xi verspricht weitere Marktöffnung: Xi Jinping geht einen großen Schritt auf ausländische Investoren zu. Der chinesische Staatschef will die Marktöffnung in seinem Land spürbar vorantreiben. Ein paar Stunden vorher war bereits eine andere spektakuläre Meldung ausgestrahlt worden: Die EU und der südamerikanische Staatenbund Mercosur wollen gemeinsam die größte Freihandelszone der Welt aufbauen. Nach jahrelangen Verhandlungen sei eine politische Einigung erzielt worden, bestätigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Freitagabend.

Aber es meldeten sich sogleich auch die teutonischen Bedenkenträger: Eine Annäherung im Handelskonflikt zwischen den USA und China birgt nach Einschätzung von Wirtschaftsforschern für Deutschland auch Gefahren. Wenn sich die beiden Großmächte einigten, könnte US-Präsident Trump stattdessen Deutschland in den Fokus nehmen, befürchtet der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Warnungen auch vom Bauernverband wegen des Deals mit Südamerika: Ungleiche Anforderungen bei Umwelt- und Klimaschutz, Antibiotikaeinsatz und Pflanzenschutz sowie eine mangelhafte Absicherung des europäischen Marktes würden zu einer dramatischen Wettbewerbsverzerrung führen – insbesondere bei Rindfleisch, Geflügel und Zucker.
Mir ist spontan wichtiger, dass die Welt nun doch wieder ein Stück näher zusammenrückt (genauer: zusammenrücken will). Die Globalisierung ist noch nicht am Ende, wie es einige Vordenker in jüngster Zeit posaunen. Damit steigen einerseits die Chancen, dass auch andere geopolitische Brände friedlich gelöscht werden können, und andererseits die Aussichten auf weiteres globales Wachstum, angetrieben vor allem von den USA und den Schwellenländern. Das wäre gut für uns alle – nicht zuletzt für Wirtschaft und Aktienmarkt. Osaka hat den Raum für frischen Optimismus geschaffen. 

Gut so, geschätzte Anleger, aber jetzt nicht gleich übermütig werden!