Risiken begrenzen ist jetzt wichtiger als Chancen suchen

23.02.20

Das Thema Corona-Virus hat an den Aktienmärkten bisher eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Das könnte sich jetzt ändern, die Gelassenheit der Börsianer wird in der kommenden Woche auf die Probe gestellt. Zuletzt mehrten sich die vorsichtigen Analystenstimmen, Zweifel an der Konjunkturerholung und einer Verbesserung der Unternehmensgewinne wurden laut. Am Freitag dämpften die Besorgnis erregenden Meldungen über die rasante Ausbreitung des Covid-19 in Südkorea und Italien die Stimmung auf beiden Seiten des Atlantiks. „Die Luft wird dünner“, warnten deshalb einige Strategen. Mir ist das zu milde formuliert. Denn je nach Nachrichtenlage sind deutliche Rücksetzer von Dow und Dax möglich – sogar eine längere Schwächephase kann im Fall eines völlig außer Kontrolle geratenden Virus nicht ausgeschlossen werden. Sollte man deshalb in den nächsten Tagen sein kurzfristiges Handeln – also seine Taktik – vorsorglich ändern?



Das hängt von der individuellen Ausgangslage ab. Aber grundsätzlich ist es sinnvoll, die Risikobereitschaft („Risk-on“) zu verringern, um in den Risk-off-Modus zu wechseln. Risiken mögen wir bekanntlich nicht – aber sie sind in aller Munde, wenn es um Anlageentscheidungen geht. Sinnvoll ist deshalb, für ein paar Tage das Spielfeld verlassen, um von der Tribüne zuzuschauen. Die Entscheidung würde ich noch im Laufe des morgigen Vormittags treffen, wenn man das Sentiment der Marktteilnehmer besser beurteilen kann.

Geeignete Schritte sind Gewinnmitnahmen bei Aktien (zumindest teilweise) zugunsten einer Aufstockung der Liquidität und des Goldanteils im Portfolio (ungeachtet seiner Preisentwicklung). Wo noch nicht geschehen, sollten natürlich die Verlustbremsen überprüft werden (Stop-loss). Und extrem Ängstliche können dazu auch Baisse-Positionen über Derivate uns Zertifikate anlegen – so skeptisch bin ich momentan aber (noch) nicht gestimmt.

Vielmehr möchte ich meinen „Zettel-Stop-Loss“ in Erinnerung rufen – eine Do it yourself Variante der Trailing-Stop-Loss-Order. Dabei wird der Stop-Preis in einem festgelegten Folgeabstand an den aktuellen Börsenkurs gekoppelt. Mein Zettel-Vorschlag kostet nichts, dient aber neben der Verlustbegrenzung zur Förderung der Selbstdisziplin. So geht’s (vereinfachtes Beispiel): Man kauft oder besitzt die XY-Aktie zum Kurs von 100 und beschließt, das Risiko auf maximal 80 zu begrenzen. Mehr will man nicht ertragen. Dann sollte der Anleger die Zahl 80 dick auf einen Zettel schreiben – nicht im Computer oder Handy speichern! – und diesen auf eine täglich gut sichtbare Stelle heften (z.B. Spiegel im Badezimmer). Fällt der Aktienkurs, von dem man eigentlich einen Anstieg erwartet hatte, auf die 80er Marke, dann ist dies das Signal für den sofortigen Verkauf, und zwar unabhängig vom Grund für die Aktienschwäche. Zieht der Kurs dagegen wie erhofft auf beispielsweise 130 an, muss der bisherige Zettel durch einen neuen ersetzt werden, etwa mit dem Kurs 110. Durch dieses Nachziehen wird vermieden, dass man bei einem Schwächeanfall den gesamten Kursgewinn von 50 verliert, denn es würden ja noch ein Plus von 10 pro Aktie gegenüber dem Einstandskurs bleiben.

Merke: Die bewusste, aktive Begrenzung von Risiken ist der erste Schritt zu einer erfolgreichen Kapitalanlage!