Adieu Virus – Tschüs Rezession – Willkommen Hausse

18.05.20

Wer jetzt den Kopf schüttelt und die bombenfeste Börse mit Ironie begleitet, dem kann man zustimmen. Bis zum Nachmittag rund 4 Prozent (!) Kurssprung des Dax – das ist nur natürlich, oder? Den liquiditätsverwöhnten Börsianern klingeln seit dem Wochenende von allen Seiten Lockerungsmeldungen in den Ohren und die Hoffnungen auf Impfstoff noch im laufenden Jahr. Nebenbei hatte die Bundesliga einen in aller Welt bestaunten Re-Start. Also ist das Virus der Verlierer und die Wirtschaft der Gewinner. Dann kommen auch noch konjunkturelle Lageberichte, die man bullisch interpretieren kann – kann, wenn man so will, nicht muss! Schon rennen die Bullen wieder mal los. Herdentrieb an der Börse.



Ich schlage den Akteuren allerdings vor, den Kopf nicht ganz auszuschalten und die Nachrichten gründlicher zu lesen. In der zeitlichen Abfolge hatte sich erst Fed-Chef Powell zur US-Wirtschaftslage geäußert und gesagt: Die Konjunktur werde sich zwar erholen, Allerdings könne dies bis zum Ende 2021 (!) dauern. Sollte eine zweite Pandemie-Welle ausbleiben, dürfte die Erholung in der zweiten Hälfte dieses Jahres fortschreiten. Hm, was kann die Börse damit anfangen?

Dann atmete Europa wegen der Japaner auf, deren miese Wirtschaftsdaten angeblich besser als befürchtet ausgefallen sind. Man verdrängte Aussagen von Top-Volkswirten, dass sich die Rezession im laufenden zweiten Quartal noch erheblich verschärfen dürfte. Japan ist längst eine ausgewachsene Rezession eingetreten. Und es ist so gut wie sicher, dass die Wirtschaft im laufenden Quartal einen noch tieferen Einbruch erleiden wird. Was soll‘s, die Märkte blicken ja weiter nach vorn.

Und dann unsere Bundesbank. Sie rechnet noch im Frühjahr mit einer beginnenden Belebung der von der Corona-Pandemie beeinträchtigten deutschen Konjunktur. „Es spricht derzeit vieles dafür, dass sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Verlauf des zweiten Quartals im Zuge der Lockerungsmaßnahmen wieder aufwärtsbewegen wird und eine Erholung in Gang kommt”, heißt es im heute vorgelegten Monatsbericht. Ausmaß und Geschwindigkeit bleiben aber ungewiss. Dazu ein Dämpfer: „Es besteht eine sehr hohe Unsicherheit über die weitere Wirtschaftsentwicklung”, warnte die Bundesbank. Diese hängt unter anderem vom weiteren Verlauf des globalen Infektionsgeschehens und der Eindämmungsmaßnahmen ab, aber auch von davon beeinflussten Veränderungen des Konsum- und Investitionsverhaltens.

Nein, geschätzte Anleger, ich traue dem Optimismus noch nicht, würde mich aber mit allen Börsen-Bullen freuen, wenn meine anhaltende Skepsis (= Bauchgefühl) nicht berechtigt wäre. Wenn Sie gut dabei sind und kurzfristig handeln, sollten Sie nicht vergessen, Kursgewinne zumindest teilweise rasch zu realisieren.