Die Fantasie der Börsianer bröckelt

 28.01.21

Woran sollten Sie sich jetzt orientieren, geschätzte Anleger? Wie finden Sie die richtige Richtung? Nein, es gibt keine pauschale Antwort, gerade jetzt nicht. Die Börse wackelt. Die Nachrichtenlage ist stark uneinheitlich – nicht nur zur Entwicklung von Pandemie und Konjunktur. Deshalb ist auch das Risikobewusstsein in den vergangenen Tagen zurückgekehrt. Die Entwicklung der Aktienkurse sieht kurzfristig gefährlich aus.

Die Frankfurter Verhaltensanalysten von Goldberg & Goldberg stellten nach ihrer gestrigen Stimmungsumfrage fest, dass der bullische Appetit vergangen sei und einigen Anlegern ein wenig die Kursfantasie ausgehe. Dabei fällt auf, dass die Gewinnmitnahmen einiger Optimisten schon relativ früh eingesetzt haben, wahrscheinlich nach dem erneuten Überschreiten der 14.000er Marke. Auf der anderen Seite scheint zumindest das vor allem in angelsächsischen Medien zuletzt heiß diskutierte Thema einer möglichen Blasenbildung in den Aktienmärkten hierzulande für wenig Aufregung zu sorgen. Zumindest weisen die derzeitigen Positionierungen nicht darauf hin – größere Absicherungen sind ausgeblieben. Angesichts des nur leichten Optimismus der institutionellen Marktteilnehmer kann man nicht von einem heiß gelaufenen Aktienmarkt sprechen. Auch nicht im mehrmonatigen Vergleich. Also können Sie auf weite Sicht cool bleiben, liebe Leser.

Vorsichtiger klangen heute Vormittag auch die Kommentare namhafter Technischer Analysten. So stellte Martin Utschneider vom Münchner Privatbankhaus Donner & Reuschel fest: „Das kurzfristige Bild hat sich beim deutschen Leitindex gedreht. Er konnte die 13.602 zwar dreimal in Folge auf Schlusskursbasis halten, nun steht diese Marke heute abermals gleich zu Beginn des Handelstages im Kreuzfeuer“. Die Gründe sind bekannt und beherrschen die Medien wie keine anderen Themen: Es wird befürchtet, dass durch die aggressivere Corona-Variante längere und weitere Lockdowns folgen könnten. Hinzu kommt, dass die Impfkampagne bedingt durch Lieferengpässe nur sehr schleppend verläuft. Außerdem (und nicht zuletzt) lieferten der jüngste Ifo-Index und der GfK-Index bereits so etwas wie einen bitteren Vorgeschmack für die mögliche weitere wirtschaftliche Entwicklung. Da klingt es wie eine Beruhigungspille, wenn der Börsentechniker trotz der kurzfristigen Warnsignale sagt: „Der (positive) Langfristtrend bleibt erstmal von der aktuellen Entwicklung unberührt.“ Perspektivisch gilt also weiterhin die auch meinerseits bis Jahresende angepeilte Marke bei Dax 15.000.

Voraussetzung für die Rückkehr der mittel- bis längerfristigen Zuversicht sind aber eine möglichst kraftvolle Erholung der fundamentalen Wirtschafts- und Unternehmensdaten. Die folgende aktuelle Meldung darf nicht zum Dauerzustand werden: Die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone hat sich zu Jahresbeginn eingetrübt. Der Economic Sentiment Indicator (ESI) fiel von Dezember auf Januar um 0,9 Punkte auf 91,5 Zähler, wie die Europäische Kommission in Brüssel mitteilte