Die billigsten Aktien kommen aus China

 22.08.21

Nach welchen Kriterien sollte ein Anleger die Aktien für sein Depot aussuchen? Wer alle gängigen Wahlmöglichkeiten in Betracht ziehen will, kann erst einmal eine ganze Bibliothek von Fachbüchern studieren. Oder er vertraut dem Know-how von Fondsmanagern. Im Vordergrund stehen naturgemäß Bewertungsfragen: Welche Aktien sind billig, welche teuer? Dazu kommen „modische“ Aspekte: Was ist bei den marktbestimmenden Großanlegern gerade angesagt? Ich selbst rechne mich dem Lager der Trendfolger zu („The Trend is your Friend!“). Die Qual der Wahl empfinden vor allem kurz- bis mittelfristig orientierte Anleger, denn sie müssen ihre Investmentkriterien immer wieder überprüfen. Das gilt insbesondere für die fundamentalen Daten, die über Gewinnschätzungen und andere analytischen Daten entscheiden. Der betont langfristige Anleger kann sich über kurzfristige volatile Tendenzen (insbesondere die Kursschwankungen selbst) hinwegsetzen, weiß er doch, dass der Anlagezeitraum wichtiger als der Anlagezeitpunkt für die Performance ist.

Speziell für Selbstentscheider und Stockpicker sind aktuelle Bewertungen einzelner Aktien von Interesse. Morningstar, die bedeutende Analyse- und Ratinggesellschaft, hat jetzt beinen interessanten Report dazu vorgelegt: Die am stärksten unterbewerteten Aktien der Welt. Die günstigsten von Morningstar abgedeckten Unternehmen kommen aus China, den USA, Frankreich und Japan. Diese Unternehmen sind die günstigsten der Aktien mit 5 Sternen – dem höchsten Rating auf der Bewertungsskala von Morningstar.

China ist in dieser Gruppe sehr stark vertreten. Von den 65 Unternehmen mit 5-Sterne-Rating stammen 25 aus China. Der asiatische Aktienmarkt entwickelt sich 2021 mit am schlechtesten und gibt die starken Zugewinne aus dem Jahr 2020 wieder ab: Im vergangenen Jahr legte der Morningstar China Index deutlich um 31 % zu, verbuchte jedoch in diesem Jahr bisher ein Minus von 11 %. Der Kursrückgang hat sich in den letzten Wochen verstärkt.

Chinas Bildungsunternehmen sind das jüngste Ziel eines regulatorischen Drucks aus Peking, der es privaten Unternehmen, die den offiziellen Lehrplan unterrichten, verbietet, Gewinne zu erzielen oder gar an die Börse zu gehen. Unternehmen wie New Oriental Education & Technology und TAL Education litten am stärksten unter dieser plötzlichen Änderung und ihr Aktienkurs ist im bisherigen Jahresverlauf um rund 90 % gesunken.

Auch zwei bekannte Namen stehen auf der Liste der fünf am stärksten unterbewerteten Unternehmen; sie kommen beide aus der Automobilbranche. Japans Nissan und Frankreichs Renault werden derzeit laut Schätzungen von Morningstar mehr als 50 % unter ihrem Fair Value gehandelt. Die beiden Automobilhersteller sind Mitglieder der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi, die insgesamt fast 8 Millionen Fahrzeuge pro Jahr produziert. Warum ist Nissans Aktienkurs so niedrig? Die jüngste Performance von Nissan war düster, schreibt

Morningstar, da die Pandemie das Turnaround-Programm des Unternehmens verlangsamt hat. Der Aktienkurs sank in den vergangenen fünf Jahren um 43 %. Die hohe Fluktuation in den Führungsetagen hat den Aufschwung nicht begünstigt. Dennoch gehörte Nissan zu den ersten Automobilherstellern, die ein Antriebssystem für reine Elektrofahrzeuge entwickelten, und profitiert daher von einem Erstanbietervorteil. Unter den britischen Unternehmen hat es Just Eat Takeaway JET) knapp nicht in die Liste der günstigsten zehn Aktien geschafft. Der Essenslieferant hat ein Kurs-Fair-Value-Verhältnis von 0,45.

Das Verhältnis von Kurs zu Fair Value gibt Investoren Aufschluss darüber, wo der Aktienkurs eines Unternehmens im Vergleich zum geschätzten fairen Preis steht. Ein Verhältnis von 1 deutet zum Beispiel darauf hin, dass eine Aktie völlig fair bewertet ist, während ein Verhältnis von 0,50 eine Unterbewertung um 50 % signalisiert.