Inflation steigt weiter – trotzdem noch gelassen bleiben

 30.09.21

Es fällt sicher nicht leicht, gelassen zu bleiben. Dennoch können wir dem Wissenschaftler zustimmen: Die vor allem wegen der Energiepreise weiter steigende Inflationsrate sollte man „vorläufig nicht dramatisieren“, sagt ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann. Das sehe ich auch so und ist offenbar die vorherrschende Expertenmeinung.

Seit heute wissen wir (keine Überraschung), dass die Geldentwertung weitergeht: Das Statistische Bundesamt hat als vorläufige Inflationsrate für September 4,1 Prozent gemeldet. Das ist der höchste Wert seit 1992 und 0,2 Prozentpunkte mehr als im Vormonat. Der für die Geldpolitik der EZB relevante Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) liegt nun ebenfalls bei 4,1 Prozent. Wesentliche Treiber der Inflationsrate sind deutliche Preisanstiege im Bereich Energie. Nach den Pandemie-Schocks im letzten Jahr haben sich die Preise wichtiger Rohstoffe wie Öl, Gas, Strom und Kohle von ihren Tiefs inzwischen mehr als deutlich erholt. Dies spiegelt sich auch bei den Importpreisen wider, deren Plus von 16,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr sogar den stärksten Anstieg seit 1981 darstellt. Hinzu kommt die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuer-Senkung aus dem letzten Jahr, die in der zweiten Jahreshälfte 2021 die Teuerungsrate zusätzlich erhöht. Spontaner Kommentar der DZ Bank: Deshalb müssen wir uns bis Ende 2021 an Inflationsraten von über 4 Prozent gewöhnen. Der Steuereffekt fällt zwar Anfang 2022 weg. Deutlich niedrigere Inflationsraten sind aber erst mit einer Beruhigung der Preise wichtiger Energieträger zu erwarten.

Auch in Italien nimmt der Preisanstieg weiter zu. Im September stiegen die nach europäischen Standards berechneten Verbraucherpreise (HVPI) um 3,0 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Istat am Donnerstag mitteilte. Das ist die höchste Rate seit dem Jahr 2012. Im August hatte der Zuwachs 2,5 Prozent betragen.

In den USA liegen die Zahlen noch höher. Hohe Inflation und Materialengpässe werden der Wirtschaft laut US-Notenbankchef Jerome Powell länger zusetzen als gedacht. Es sei frustrierend zu sehen, dass sich die Lieferkettenprobleme nicht besserten, sagte Powell am Mittwoch. Das mit der Öffnung der Wirtschaft nach der Krise zusammenhängende Problem werde sich vermutlich bis ins nächste Jahr hineinziehen und auch die Inflation länger auf einem höheren Stand halten als gedacht. Die Teuerungsrate in den USA ist wie in vielen anderen Regionen der Welt zuletzt kräftig gestiegen – unter anderem als Folge der Corona-Krise. Waren und Dienstleistungen kosteten im August 5,3 Prozent (!) mehr als im Vorjahresmonat. Powell erwartet, dass die Inflation auch in den nächsten Monaten über dem Ziel der Federal Reserve von 2 Prozent liegen wird.

Geduld ist also angesagt, geschätzte Anleger, auch wenn’s schwerfällt. Im Gegensatz zum Rentenmarkt können Aktienfans weiter cool bleiben – noch.