25.01.22
Die täglichen Dax-Charts erinnern momentan an Erbeben messende Seismografen. Das dürfte sich kurzfristig auch nicht ändern. Denn die Anleger fokussieren vor allem das Tun und Lassen der führenden Zentralbanken, deren Liquiditätsversorgung das Blut der Börse ist. Gespannt wartet man rund um den Globus auf die morgige Fed-Sitzung, die zumindest verbale Hinweise auf die geplanten Zinsschritte (erste Erhöhung im März?) liefern dürfte. Doch geht es dabei nicht nur um die Berücksichtigung der unerwartet steil gestiegenen Inflation. Die Währungshüter müssen auch die konjunkturelle Entwicklung im Auge behalten – sie dürfen das Wirtschaftswachstum nicht abwürgen.
Ein positives Signal beschert heute der neue Ifo-Geschäftsklimaindex: Die Stimmung unter den deutschen Unternehmen hat sich zu Jahresbeginn aufgehellt. Sie beurteilen die aktuelle Lage zwar etwas schlechter. Die Erwartungen sind jedoch deutlich gestiegen. Die deutsche Wirtschaft startet also mit einem Hoffnungsschimmer ins neue Jahr. Im Verarbeitenden Gewerbe (Industrie) hat der Index einen deutlichen Sprung nach oben gemacht. Die Unternehmen waren zufriedener mit den laufenden Geschäften. Zudem nahm der Optimismus mit Blick auf die kommenden Monate zu. Die Situation bei den Lieferengpässen bei Vorprodukten und Rohstoffen hat sich etwas entspannt.
Als nächstes kommt es auf die Fed an: Wie werden die Aktienmärkte reagieren, wenn die US-Notenbank demnächst ihre Leitzinsen anhebt? Obwohl die Rahmenbedingungen heute gänzlich andere sind, kann der Blick in die Vergangenheit eine Indikation liefern. Während der acht Zinsanhebungs-Zyklen der Fed seit 1975 hat der Stoxx 600 in den ersten sechs Monaten nach dem ersten Zinsschritt durchschnittlich 9 Prozent zugelegt. Gleichzeitig haben sich europäische Aktien in diesem Zeitraum meist besser entwickelt als US-Titel. Substanzwerte mit stabilem Geschäftsmodell und niedrigen Bewertungen legten zudem stärker zu als Wachstumstitel, denen hohe Umsatz- bzw. Gewinnsteigerungen zugetraut werden. Für eine ähnliche Entwicklung in diesem Jahr spricht nach Einschätzung der Deutschen-Bank-Strategen, dass europäische Aktien derzeit mit einem Abschlag von 27 Prozent gegenüber US-Titeln gehandelt werden – im Vorfeld der vergangenen drei Zyklen betrug dieser hingegen nur durchschnittlich 15 Prozent. Bei Substanzwerten liegt der Abschlag gegenüber Wachstumsaktien mit 50 Prozent derzeit ebenfalls etwa doppelt so hoch wie in der Vergangenheit (durchschnittlich 27 Prozent).
Deshalb ist es auch eine Gelegenheit, wieder einmal auf die langfristige Qualität der Aktienanlage hinzuweisen. Wer in der Vergangenheit in den Deutschen Aktienindex investierte und einen langen Atem hatte, konnte attraktive Renditen erzielen. „Entscheidend bei der Geldanlage ist dabei nicht der richtige Einstiegszeitpunkt, sondern die Dauer der Aktienanlage. Zeit schlägt Zeitpunkt, wie schon eine alte Börsenregel sagt“, unterstreicht DAI-Chefin Christine Bortenlänger anlässlich der Vorlage des aktualisierten Dax-Renditedreiecks. Die Renditedreiecke des Deutschen Aktieninstituts visualisieren in einem 50-Jahres-Zeitraum von 1971 bis heute die jährlichen Durchschnittsrenditen am deutschen Aktienmarkt. Beispiel: Bei einer Spardauer von 20 Jahren konnte man in der Vergangenheit eine durchschnittliche Rendite von 8,7 Prozent im Jahr mit dem angelegten Geld erwirtschaften.