Anlagestrategie: Die langfristigen Trends nicht aus dem Auge verlieren

30.06.17

Die zuletzt gestellte Frage bleibt: Hat mit den jüngsten Kursrückgängen die lange erwartete Konsolidierungsphase an den Aktienmärkten begonnen? Gut möglich, aber es ist immer noch zu früh für eine endgültige Aussage. Trader haben in diesen Tagen alle Hände voll zu tun, insbesondere wenn sie News Trading bevorzugen. Die Volatilität scheint tatsächlich zuzunehmen. Das signalisiert auch ein Sprung nach oben unseres „Angstbarometers“ VDax-New. Umso mehr sollten sich auf der anderen Seite wirklich langfristige Anleger von den irritierenden bis verwirrenden Tagesaktualitäten nicht beeindrucken lassen und auf Kurs bleiben!




Typisch die aufkommende Hektik im Devisenhandel als Folge von widersprüchlichen
Signalen der Geldpolitik zur Wochenmitte – man müsste eigentlich sagen: von unsicheren Interpretationen der Marktteilnehmer. Was hat Mario Draghi wirklich gesagt und gemeint? Der Euro kletterte zunächst auf rund 1,14 Dollar und erreichte damit wieder das Niveau vor dem Brexit-Referendum vor rund einem Jahr. Aussagen von EZB-Insidern nahmen den anfänglichen Spekulationen auf eine straffere Geldpolitik allerdings den Wind aus den Segeln. Daraufhin fiel die Gemeinschaftswährung binnen Minuten wieder ein Stück zurück. Anleger hätten die jüngsten Aussagen Draghis überinterpretiert, sagten mit den Überlegungen des EZB-Chefs vertraute Personen. Es gebe kein Signal für eine baldige Straffung der Geldpolitik. Börsianer mögen allerdings ungern Schuld auf sich nehmen und äußerten öffentlich: „Da ist wohl was schiefgelaufen bei der EZB-Kommunikation, mehr Verwirrung als Nutzen.“


Das ist nur ein Beispiel für extrem kurzfristige Reaktionen der Finanzmärkte auf (vermeintliche) News. Auch die zum Teil heftigen Bewegungen einzelner Aktien auf Neuigkeiten aus dem Unternehmen – eigentlich ein gutes Zeichen für die Verfassung des Aktienmarkts – tragen zum uneinheitlichen Bild der Börse bei. Das mag unerfahrene Anleger verunsichern und sogar abschrecken, weshalb ich empfehle, lieber eine „langfristige Brille“ aufzusetzen.


Ein Beispiel: Die Deutsche Bank tut das. Ihre Investmentsparte glaubt an weitere Gewinne mit Aktien. Die seien zwar recht teuer, aber das Gewinnwachstum sei zweistellig: „Das stimmt uns positiv.“ Mit Blick auf die Regionen werden Europa und die Schwellenländer den USA vorgezogen – das sehe ich seit langem schon so. Europa profitiere auch von der Tatsache, dass sich das politische Risiko wegen der Unsicherheit über die Politik des Präsidenten inzwischen in die USA verlagert habe. Die Strategen sprechen von einem „signifikanten Aufholpotenzial“ europäischer Aktien: „Wir sehen das Risiko von Rücksetzern, aber die würden wir als Kaufgelegenheiten nutzen.“ Den Dax beispielsweise sieht man im kommenden Jahr bei 13.400 Punkten. Mit dieser eher vorsichtigen Einschätzung leicht steigender Aktienkurse befinden sich die Experten in guter Gesellschaft. Nur wenige Adressen sind mutiger. Am obersten Ende könnte das Finanzhaus Sentix Asset Management liegen. „Wir glauben noch in diesem Jahr an einen Dax von 14.000 Punkten – so offensiv ist keiner“, sagt Sentix-Geschäftsführer Patrick Hussy.


Beim langfristigen Blick nach vorn weise ich in jüngster Zeit insbesondere auf neue revolutionierende Technologien hin, wobei Bitcoin und Blockchain mittlerweile fast täglich für Schlagzeilen sorgen. Interessant in diesem Zusammenhang folgende aktuelle Betrachtung eines prominenten Anlagestrategen: Ein wahrer Wachstumstreiber wird die Künstliche Intelligenz (KI) werden. Nach einer PwC-Studie soll diese im Jahr 2030 15,7 Billionen (!) US-Dollar zum globalen BIP beitragen – das ist mehr, als heute China liefert. Dort ist der für diesen Zeitraum prognostizierte Produktivitätszuwachs durch KI mit 26 Prozent des BIP am höchsten, gefolgt von den USA mit 14,5 Prozent. In beiden Ländern fällt KI auf fruchtbaren Boden: Die US-Bürger sind mit der neuen Technik bereits vertraut und offen für Neues, etwa für den vermehrten Einsatz von Chat- und Servicebots im Einzelhandel oder bei Finanzdienstleistungen, die Chinesen könnten mit KI ihr Verarbeitendes Gewerbe produktiver machen. Für Europa soll der Zuwachs bei gut 10 Prozent vom BIP liegen, was auch Anlegern interessante Perspektiven bietet. Von KI dürfte langfristig auch die globale Gesundheitswirtschaft profitieren – ihr bescheinigen Analysten in einer neuen Studie hohes Digitalisierungspotenzial. Bis 2030 soll allein der Weltpharmamarkt im Schnitt um jährlich 6 Prozent wachsen und so sein Volumen auf 2,55 Billionen US-Dollar im Vergleich zu 2016 mehr als verdoppeln. Deutschland ist gut dabei.


Alles über die defensiven Champions-Aktien

Kontrovers wird unter internationalen Anlagestrategen diskutiert, ob künftig Wachstums- oder Value-Aktien zu bevorzugen seien. Dazu der Hinweis, dass diese beiden Kategorien nicht zwangsläufig einen Gegensatz darstellen – Valuewerte können auch Wachstumswerte sein. In jedem Fall kann ist es nicht falsch, als Basisanlage eines Depots auf defensive Champions-Aktien zu setzen.

Hier ein nutzwerter Hinweis: Das Buch „Defensiv-Champions“ vom Börsenverlag ist seit Juni mittlerweile in der 4. Auflage erhältlich. Auf 200 Seiten zeigen die Autoren Thomas Müller und Jochen Appeltauer die Grundlagen der Performance-Analyse und deren Anwendung. Dabei ermöglichen es die Kennzahlen der Performance-Analyse, die langfristig 100 erfolgreichsten und sichersten Aktien zu identifizieren. Natürlich verfügen auch Champions-Aktien über unterschiedliche Anlagequalitäten, weshalb zwischen Offensiv-Champions wie Apple und Defensiv-Champions wie Nestlé unterschieden wird. Und genau um solche vermeintlich „langweiligen“ Defensiv-Aktien geht es in diesem Buch. Denn die 25 vorgestellten Defensiv-Champions zeichnen sich besonders durch eine historisch hohe Stabilität im Kursverlauf und damit unterdurchschnittliche Korrekturen aus.


Machen Sie also weiter mit, langfristig auf jeden Fall – und machen Sie’s gut!