Macht das neue Paket den Bundesbürgern Mut?

 04.09.22

Die Geldpolitik der Zentralbanken entscheidet über die Konjunktur – und (natürlich) die Inflationsentwicklung. Ach ja, hierzulande spielt die Fiskalpolitik eine große Rolle: „Unser Land steht vor einer schwierigen Zeit“, sagte der Bundeskanzler heute anlässlich der Vorstellung des dritten Entlastungspakets von 65 Milliarden Euro für die Bürger. Nach schwierigen Verhandlungen versuchen die Spitzenvertreter der Berliner Ampel den Deutschen Mut zu machen: „Wir werden durch diesen Winter kommen.“ Hoffen wir’s. Aber Versorgungssicherheit (Energie) und Kostensenkungen (Begrenzung der Preisübertreibungen) kosten viel Geld. Deshalb sind viele Bundesbürger – noch – überfordert, im gewohnten Rahmen zu konsumieren, zu sparen und möglichst auch für die eigene Altersvorsorge zu sorgen. Auch aus Börsensicht wird es jetzt spannend sein zu beobachten, ob der private Konsum seine traditionelle Rolle als Konjunkturstütze zurückgewinnen kann.

Aktuell setzt eine sprunghaft steigende Sparneigung dem Konsumklima stark zu. Jüngste Untersuchungen der Nürnberger GfK zeigen, dass sich die meisten Indikatoren der Verbrauchstimmung auf einem niedrigen Niveau zu stabilisieren scheinen. Sowohl die Konjunktur- und Einkommensaussichten verzeichnen minimale Zuwächse, während die Anschaffungsneigung nur leichte Einbußen hinnehmen muss. Überschattet wird dies allerdings vom sprunghaften Anstieg der Sparneigung, wodurch das Konsumklima insgesamt seine steile Talfahrt fortsetzt: Die Sparneigung der Bundesbürger klettert damit auf den höchsten Wert seit mehr als elf Jahren. Für eine nachhaltige Erholung des Konsumklimas ist es zum einen notwendig, die Inflation zu bekämpfen, wofür vor allem die Europäische Zentralbank mit einer weniger expansiven Geldpolitik gefordert ist. Zum anderen müssen bei einer der wesentlichen Ursachen für die hohen Preise, nämlich dem Ukraine-Krieg, Schritte zu einer Lösung gefunden

Kein Zweifel, der deutsche Konsum steht vor einer Belastungsprobe. Die hohe Inflation belastet die Realeinkommen. Mit einem temporären Rückgang der Konsumausgaben muss gerechnet werden, zumal Dienstleistungen keinen Ausgleich mehr bieten. Die deutschen Konsumausgaben waren sowohl im ersten als auch im zweiten Quartal gegenüber den drei Monaten zuvor deutlich gestiegen, während der Einzelhandel zwei Rückgänge verkraften musste. In den kommenden Quartalen verschlechtern sich die Rahmenbedingungen noch, befürchten die Analysten der Frankfurter Helaba: Durch explodierende Energiekosten bleibt die Inflation vorerst hoch. Die Einkommen werden trotz hoher Transfers nicht mithalten können. Die Dienstleistungskomponenten dürften schwächere Ausgaben im Einzelhandel nicht mehr überkompensieren können. Es muss deswegen mit einem Rückgang der privaten Konsumausgaben im zweiten Halbjahr gerechnet werden. Erst im Laufe von 2023 dürfte sich das Konsumklima wieder bessern. Vielleicht wirken die jetzt angekündigten Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung aber auch schon früher – vielleicht können sie kurzfristig schon eine psychologische Verbesserung der Konjunkturlage begünstigen. Erforderlich wäre, dass die Umsetzung des Hilfspakets rasch erfolgt.